Es wird wieder geplündert und gebrandschatzt, gehurt, gezecht und gestorben. Das Historienstück aus dem Bauernkrieg von 1525 um den Bauernführer Florian Geyer geht in die Fortsetzung.
Am kommenden Freitag feiert der zweite Teil des neu bearbeiteten Stoffs in Giebelstadt vor der Ruine des einstigen Geyer-Schlosses seine Uraufführung. „Die Macht des Blutes“ beschwört Autor und Regisseur Renier Baaken damit herauf.
Seit nunmehr 26 Jahren trägt Baaken die künstlerische Verantwortung für die Florian-Geyer-Spiele. Die alte Vorlage von Nikolaus Fey aus den 20er Jahren hat er während dieser Zeit immer wieder neu bearbeitet, vom deutschnationalen Ruß befreit und szenisch erweitert.
Aus dem Vortragsstück ist ein aktionsgeladenes Spektakel geworden. Erst als es an den alten Stoff keine neuen Fetzen mehr anzuflicken gab, entschloss er sich zum großen Schlag und schrieb den Geyer neu.
Zwei Jahre lang hat er die Hintergründe des Bauernkriegs recherchiert, um aus dem Geyer eine Trilogie zu machen. Der erste Teil mit dem Titel „Franken in Flammen“ feierte im vergangenen seine Uraufführung. Publikum und Darsteller waren begeistert.
„Erwähnen Sie um Himmels Willen das Wort ,Trilogie‘ nicht mehr“, wehrt Baaken inzwischen ab. Je tiefer er in die Geschichte eingetaucht war, desto mehr wurde ihm bewusst, wieviel Potenzial noch in ihr steckt.
Das Ergebnis: Es sind vier Teile geworden – eine Tetralogie. Sich zuspitzend, bis zum bitteren Ende, aber doch in abgeschlossenen Episoden. „Es muss keiner fürchten, dass er nichts versteht, weil er den ersten Teil nicht gesehen hat“, sagt der Autor.
Im ersten Teil hatte Baaken den Figuren Freiraum gegeben, sich zu entwickeln. Gezeigt, wie sich der Geyer, angeekelt von der Brutalität und Dekadenz seines Standes, der Sache der Bauern anschloss. Wie deren Skepsis treuer Gefolgschaft wich.
Dazu hat der Autor neue Figuren eingeführt – reale wie den Theologen und Reformator Thomas Müntzer, aber auch fiktive, wie die Mätressen des Fürstbischofs, die ihm helfen die Geschichte so zu erzählen, wie sie gewesen sein könnte.
Renier Baaken musste dabei erfahren, dass diese Figuren nicht immer ihrem Meister gehorchen. „Es kann passieren, dass die Figuren plötzlich etwas ganz anderes machen als das, was man ursprünglich wollte“, sagt er, „manches überrascht einen dann selber.“
In der „Macht des Blutes“ gibt Baaken dem Intrigenspiel Raum, mit dem seine adeligen Feinde nach dem Leben des Bauernführers trachten. Mit einer fingierten Nachricht versucht ihn Fürstbischof Konrad von Thüngen in einen Hinterhalt zu locken.
Der Geyer wird derweil in seinem Schloss von finsteren Gesellen umlagert, die dafür sorgen, dass sein Schwert keinen Rost ansetzt. Geyers Gefährtin Katharina, ausgerechnet die Schwester seines Erzfeinds Wilhelm von Grumbach, gerät in Gefangenschaft. Öffentlich soll ihr als Hexe der Prozess gemacht werden. Wieder bedarf es des Geyers List und der Macht des Schwertes, Katharina aus der misslichen Lage zu befreien.
Es sind die opulenten Kampfszene, die Baaken zum Markenzeichen seiner Inszenierungen gemacht hat. Viel Zeit und Training verwenden seine Laiendarsteller auf die Stuntszenen. Diesmal kommt es gar zu einem Schwertkampf mit fünf Beteiligten. „Das muss sehr gut choreografiert sein, damit am Ende kein echtes Blut fließt“, grinst Baaken schelmisch.
Auch die Pferde, die – mal im wilden Galopp, mal als Kutschgäule über die Bühne jagen – sind fester Teil der Aufführungen. Eine weitere Herausforderung für die Protagonisten des Stücks: Einhändiges Reiten, um mit der freien Hand ein Schwert zu führen, das will gelernt sein.
Action und Entertainment, darauf setzt der Regisseur, ungeachtet des ernsten historischen Hintergrunds. Das Publikum will unterhalten sein, auch wenn ihm dabei gelegentlich der Atem stockt. Dazu trägt auch die Pyrotechnik bei, die Renier Baaken wieder reichlich bemüht.
Für Mitwirkenden – insgesamt sind es rund 150 – sind die Zeiten vorbei, in denen die einmal erlernte Rolle über Jahre hinweg die gleiche blieb. Im vergangenen Jahr bereits haben sie ihr Textbuch erhalten. Seit März laufen die Proben.
„Es ist interessanter als beim alten Stück, aber auch schwieriger“, sagt Geyer-Darsteller Christian Grimm, „man muss aufpassen, dass man nicht plötzlich in seinen alten Text zurückfällt.“
„Das ist hundeanstrengend für die Darsteller“, sagt der Regisseur, und freut sich über die Euphorie, mit der sein Ensemble dabei zu Werke geht.
Rüdiger Scheer, Vorsitzender der Florian-Geyer-Festspielgemeinschaft und in der Rolle des Ludwig von Helfenstein einer von Geyers Gegenspielern, ist schon vor der Generalprobe überzeugt: „Das Stück wird klasse, die Geschichte nimmt langsam Fahrt auf.“ Die einzelnen Erzählstränge, die im ersten Teil aufgebaut wurden, entwickeln sich weiter und beginnen, sich auf spannende Weise zu verzweigen.
Auch mit dem Vorverkauf für die insgesamt sechs Aufführungen ist Rüdiger Scheer zufrieden. Die guten Zahlen aus dem Vorjahr hofft er noch einmal überbieten zu können. Trotzdem müsse niemand fürchten, keine Karte mehr zu bekommen. „Zur Not tragen wir noch Bände rein.“
Renier Baaken setzt sich derweil selber unter Druck. „Wir haben die Faust im Nacken, weil wir mindestens zehn Prozent besser sein müssen – für die, die letztes Jahr schon da waren“, sagt er.
Die Aufführungen sind jeweils Fr. und Sa. am 14./15., 21./22. und am 28./29. Juli, Beginn 20.30 Uhr. An jedem Aufführungstag findet um 18.30 Uhr eine Backstage-Tour statt.
Karten im Vorverkauf bei Schreibwaren Krenkel in Giebelstadt, Tel. (0 93 34) 397, online über www.florian-geyer-spiele.de oder an der Abendkasse (ab 18 Uhr).