zurück
Ochsenfurt
Geschichte des Landturms: Als der Würzburger Fürstbischof Johann die Ochsenfurter Weinberge plündern ließ
Der Landturm und die Landwehr: Am Tag des offenen Denkmals schlägt Archivar Georg Menig ein kaum bekanntes Kapitel der Ochsenfurter Stadtgeschichte auf.
19 Meter hoch ragt der Landturm über dem Ochsenfurter Wolfgangsberg auf. Er gehört zu den letzten Überresten der einstigen Landwehr.
Foto: Gerhard Meißner | 19 Meter hoch ragt der Landturm über dem Ochsenfurter Wolfgangsberg auf. Er gehört zu den letzten Überresten der einstigen Landwehr.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:09 Uhr

19 Meter hoch ragt der Landturm auf einer Anhöhe unweit der Wolfgangskapelle über der Stadt Ochsenfurt auf. Im 15. Jahrhundert war der Turm als Teil einer Landwehr errichtet worden, von der sich die Ochsenfurter Bürger in einer von Bürgerkriegen erschütterten Zeit Schutz vor feindlichen Heeren versprachen. Am Tag des offenen Denkmals am 10. September will Stadtarchivar Georg Menig, dieses fast vergessene Kapitel der Stadtgeschichte in Erinnerung rufen.

Der Fürstbischof führte ein verschwenderisches und ausschweifendes Leben

Es ist die Zeit des Fürstbischofs Johann II. von Brunn, der von 1411 bis 1440 das Bistum Würzburg regierte. Der Kirchenmann galt als politisch begabt, war aber auch bekannt für seinen verschwenderischen und - auch in sexuellen Dingen - ausschweifenden Lebensstil und geriet darüber immer wieder in Konflikt mit seinem Domkapitel, berichtet Historiker Georg Menig. Davon zeugt unter anderem der "Hohe Bau" in Röttingen, eines der ältesten Gebäude der Stadt, in dem einst Katharina Suppan, die Mätresse des Fürstbischofs wohnte.

Die Verschuldung des Hochstifts stieg in Johanns Regierungszeit, weshalb ihm Teile des Domkapitels und die Stadt Würzburg 1427 den Gehorsam verweigerten. Johann von Brunn belagerte die Stadt daraufhin erfolglos und wurde schließlich 1432 gezwungen, seine Regierungsgeschäfte stellvertretend an den Domherrn Johann von Wertheim abzugeben und sich auf die Burg Zabelstein zurückzuziehen.

Eine Illustration in der Chronik des Bistums Würzburg nach Lorenz Fries zeigt die Belagerung Ochsenfurts durch Fürstbischof Johann II von Brunn im Jahr 1435.
Foto: Stadtarchiv | Eine Illustration in der Chronik des Bistums Würzburg nach Lorenz Fries zeigt die Belagerung Ochsenfurts durch Fürstbischof Johann II von Brunn im Jahr 1435.

Kurz darauf starb Johann von Wertheim und Johann von Brunn erhielt viele seiner Rechte zurück, wurde aber 1435 erneut zugunsten von Domkapitel und Adel in seinen Befugnissen beschnitten. Es kam zu einem offenen Bürgerkrieg, in dem sich das vom Domkapitel regierte Ochsenfurt mit Würzburg und Karlstadt gegen den Bischof verbündete. "Das 15. Jahrhundert wird das Jahrhundert der Fehden genannt, und gerade das erste Drittel ist im Hochstift Würzburg von vielen Auseinandersetzungen gekennzeichnet", sagt Georg Menig.

Unterstützt von Graf Wilhelm von Henneberg belagerte Fürstbischof Johann die Stadt, wo das gegnerische Lager des Domkapitels Quartier bezogen hatte. Die Ochsenfurter widerstanden der Belagerung zwar - angeführt von Graf Michael von Wertheim und dank ihrer Stadtbefestigung - konnten aber nicht verhindern, dass Johann von Brunn die Weinberge plündern ließ und der Stadt dadurch einen beträchtlichen Schaden von 1000 Gulden zufügte.

Belagerung durch den Bischof führte zum Bau der Landwehr

Vermutlich führte diese Plünderung zur Erkenntnis, dass eine massive Stadtmauer nicht ausreicht, um Schaden von der Stadt abzuwenden, sagt Historiker Menig. Stattdessen sollte eine Landwehr auch die vorgelagerten Ländereien schützen. Die Quellenlage dazu ist dünn, doch Menig geht davon aus, dass der erste Teil dieser Landwehr an einer Engstelle im Mainvorland an der Grenze zur Gemarkung Goßmannsdorf entstand.

Dabei dürfe man sich eine solche Landwehr nicht als massive Befestigung vorstellen. Vielmehr handelte es sich um einen Graben, dessen Aushub dahinter zu einem Wall angehäuft und mit dichten Hecken und Palisaden gesichert wurde. "Reiter und Fußvolk hat die Landwehr nicht aufgehalten", sagt Georg Menig, "sie sollte vor allem den Tross und die schweren Geschütze behindern, wie sie für eine Belagerung vonnöten waren."

Geschichte des Landturms: Als der Würzburger Fürstbischof Johann die Ochsenfurter Weinberge plündern ließ

In den folgenden Jahrzehnten wuchs die Landwehr immer weiter und schloss sich schließlich als insgesamt zwölf Kilometer langes Band beiderseits des Mains um die städtische Gemarkung. Ergänzt wurde sie durch zwei steinerne Türme, den sogenannten Wartturm oberhalb von Kleinochsenfurt und den Landturm am Haupteingang zur Landwehr von Süden her.

Wann genau diese beiden Türme gebaut wurden, ließ sich aus den Quellen des Stadtarchivs belang nicht erschließen, so der Archivar. In den Bürgermeisterrechnungen von 1470 tauche lediglich der Vermerk auf, dass den Baumeistern 294 Gulden ausgezahlt wurden, "damit sie das Gemeuer an dem Turm uf der Landtwehr gemacht haben." Der hohe Betrag lasse darauf schließen, dass es sich entweder um den Bau des Turmes oder um eine umfangreiche Erweiterung gehandelt haben muss.

Tatsächlich war der Landturm von Nebengebäuden umgeben, vermutlich Stall und Scheune des Türmers, und von einer niedrigen Mauer umfasst. Der Eingang zum Turm liegt in fünf Metern Höhe und war nur mit einer Leiter zu erreichen, die der Türmer einziehen musste, wenn er seinen Arbeitsplatz bestiegen hatte.

Der Türmer durfte nur alle 14 Tage baden und den Gottesdienst besuchen

Im Eidbuch der Stadt Ochsenfurt blieb der "Landtürmers Eid" erhalten. Danach durfte der Türmer den Landturm nur alle 14 Tage zum Bad und zum Kirchgang verlassen und musste sich zuvor mit dem Türmer im Oberen Torturm absprechen, der während dieser Zeit Wache hielt. Wenn sich "Leut zu Roß oder Füeß mit ungewahrsam oder gefährlichkeit sehen ließen", so musste er drei Warnschüsse abfeuern und das Panier - die städtische Fahne - aufziehen beziehungsweise bei Nacht ein Feuer entzünden.

Wirklich bewähren mussten sich die Landwehr und der Landturm nie, sagt Historiker Menig. 1495 verkündete Kaiser Maximilian I. auf dem Reichstag zu Worms den "Ewigen Landfrieden", der sich zwar nur ganz allmählich durchsetzte, der aber private Fehden zwischen den Adelsgeschlechtern verbot und Streitigkeiten der staatlichen Gerichtsbarkeit unterstellte. Obwohl noch 1560 ein fester Türmer angestellt wurde, hatten Landwehr und Landturm ihre strategische Bedeutung schon im 30-jährigen Krieg verloren. "Es hat sich herausgestellt, dass der Unterhalt zu viele Ressourcen verbraucht und man hat deshalb entschieden, sich auf die Stadtbefestigung zu verlassen, die ihren Nutzen ja bewiesen hat", sagt Georg Menig.

Lediglich in alten Flurbezeichnungen blieb die Erinnerung wach, wie im Landwehrgraben unterhalb der Wilhelmshöhe in Richtung Hohestadt. "Ich bin mir aber sicher, dass man etwas finden würde, wenn man gezielt danach sucht", sagt Georg Menig. Ob der Landturm, wie frühere Historiker vermuteten, zudem Teil einer sogenannten Signalkette war, mit der Alarmbotschaften bis ins Taubertal übermittelt werden konnten, lasse sich allerdings nicht eindeutig belegen. Trotzdem ranken sich viele Geschichten um den steinernen Zeugen des späten Mittelalters.

Am "Tag des offenen Denkmals" (10. September)  um 11 Uhr findet am Landturm eine öffentliche Führung mit dem Historiker und Stadtarchivar Georg Menig, Zufahrt über die Straße nach Hopferstadt am Bildstock des Erzengels Michael.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Ochsenfurt
Gerhard Meißner
15. Jahrhundert (1400-1499)
Bistum Würzburg
Denkmäler
Domkapitel
Fürstbischöfe
Stadt Ochsenfurt
Stadt Würzburg
Stadtarchiv Würzburg
Stadtbefestigung
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Heribert Mennig
    Nur einmal Baden in 2 Wochen! Leute meiner Gerneration haben in den 50er und 60er Jahren häufiger gebadet. Nämlich einmal die Woche. Eine Wannenfüllung musste für die ganze Familie reichen. Heute wird zwar weniger gebadet sondern eher geduscht, dafür aber mindestens einmal täglich. Das wird wahrscheinlich in spätestens 20 Jahren nicht mehr möglich sein! Vielleicht ist man dann froh, wenn man einmal in der Woche duschen darf. Wenn in ganz Europa rechtsradikale Parteien an der Macht sind, dauert das wahrscheinlich nur 10 Jahre, weil diese Ignoranten sämtliche Klimaschutzpolitik abschaffen wollen!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten