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Creglingen
Geplantes Gewerbegebiet "Frauental" scheidet die Geister: Projektentwickler wollen 70 bis 100 Millionen Euro investieren
Knapp 600 Bürger aus Creglingen und den an Frauental angrenzenden bayerischen Gemeinden fanden den Weg in die Creglinger Stadthalle, um sich über das geplante Industriegebiet zu informieren und ihre Bedenken vorzutragen.
Foto: Markhard Brunecker | Knapp 600 Bürger aus Creglingen und den an Frauental angrenzenden bayerischen Gemeinden fanden den Weg in die Creglinger Stadthalle, um sich über das geplante Industriegebiet zu informieren und ihre Bedenken vorzutragen.
Markhard Brunecker
 |  aktualisiert: 16.05.2023 11:14 Uhr

Die Lang & Cie Industrial AG, Projektentwickler für Industrie- und Logistikimmobilien, hat bei einer Bürgerversammlung in der mit rund 600 Bürgern voll besetzten Creglinger Stadthalle ihr geplantes MultiBusinessHub Main-Tauber im Gewerbegebiet "Frauental" auf einer rund 16 Hektar großen Fläche vorgestellt. Unter den Besuchern waren auch rund drei Dutzend Personen – im rotem Oberteil erschienen  – aus der Interessensgemeinschaft "Für unsere Region – gegen den Logistikstandort Frauental" sowie Bürgermeister aus den voraussichtlich wegen des Verkehrsaufkommens betroffenen Orten Bayerns.

Interessierte konnten aus erster Hand erfahren, was Gerüchte und was Fakten sind. Da es im Vorfeld viele Spekulationen gab, war es eine diskussionsreiche Veranstaltung, bei der es überwiegend sachlich blieb und das Polizeiaufgebot erfreulicherweise im Hintergrund bleiben konnte.

Wie ein roter Faden zog sich jedoch die Frage durch den Abend: Wo sollen die eventuell bis zu 500 Fachkräfte für den neuen Standort herkommen? Die Region Taubertal weise in Baden Württemberg die niedrigste Arbeitslosenquote aus, auch im benachbarten Bayern sei die Quote sehr niedrig, so die IG. Es herrsche also fast Vollbeschäftigung.

Sowohl die beiden Vorstände Peter Kunz und Wolfgang J. Speer als auch Rathauschef Uwe Hehn erklärten hierzu mehrmals, das sei Angelegenheit der noch nicht bekannten anzusiedelnden Firmen. Alle drei auf der Bühne betonten laufend, dass man erst am Anfang der Planung sei und daher noch keine Entscheidungen getroffen wurden.

Der Einwohnerentwicklung entgegenwirken

Der Creglinger Gemeinderat habe lediglich beschlossen, der Einwohnerentwicklung entgegenzuwirken, habe diese in den letzten Jahren doch um elf Prozent abgenommen. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft sei noch nicht beendet. Andere mögliche Industriegebiete wie Creglingen selbst oder Reutsachsen kamen laut Hehn beispielsweise  wegen Topographie oder Verkehrsanbietung nicht in Frage.

Dem Rat sei klar, es müssen Ersatzarbeitsplätze geschaffen werden. Daher wurde Lang & Cie beauftragt, eine Machbarkeitsstudie zu erstellen. Dabei gestanden die beiden Lang-Vorstände ein, dass ihre Pläne zu bald auf ihrer Webseite veröffentlicht wurden. Die Bevölkerung sei etwas zu spät informiert worden. Bei der Vorstellung ihrer Halle mit einer Grundfläche von 78.600 Quadratmeter (385 auf 204 Meter) handle es sich auf keinen Fall, wie es gerüchteweise heißt, um eine "Logistikhalle", bei der die Lkw hin- und her fahren, einem E-Commerce oder Pharmaunternehmen. Diese Objekte gehörten berechtigterweise direkt an die Autobahn, erklärte Vorstand Kunz.

Vor der Stadthalle hatten die Mitglieder der IG 'Für unsere Region– gegen den Logistikstandort Frauental' mit Argumenten und Bildern über Verkehr und Arbeitsplätze zum geplanten Industriegebiet  auf Schautafeln informiert
Foto: Markhard Brunecker | Vor der Stadthalle hatten die Mitglieder der IG "Für unsere Region– gegen den Logistikstandort Frauental" mit Argumenten und Bildern über Verkehr und Arbeitsplätze zum geplanten Industriegebiet  auf Schautafeln ...

Da es sich aber um eine Spezialnutzung handelt, würden auch Fachkräfte benötigt und der Standort sei geeignet. Es handelt sich nicht nur, wie behauptet wird, um "Niedriglohnfirmen". "Mit diesem Projekt verfolgen wir konsequent unsere Linie, nachhaltige und innovative Immobilien zu entwickeln", so Speer. Bürgermeister Hehn ergänzte, dass die Arbeitsplätze auch für die Bewohner der umliegenden Dörfer begehrt sein würden. Es sei eine Chance, in Wohnortnähe einen Arbeitsplatz zu haben.

Arbeitsplätze nach Deutschland zurückholen

Zum Thema Hochwasser entgegneten die drei Herren, dass doch niemand von ihnen wolle, dass Niedersteinach unter Hochwasser steht. Es würden genügend ausreichende Regenrückhaltebecken gebaut, die entsprechend den Wasserständen reguliert werden. Zu der von IG-Sprecherin Christine Primbs aus Aub angesprochenen 20 Dezibel Unterschied bei der Lärmbelästigung zwischen Industriegebiet gegenüber Gewerbegebiet entgegnete Speer, dass hier in der Halle der Lärm anfalle und nicht im Freien – außer Autoverkehr.

Zu dem von dem Auber IG-Mitglied Klaus Adam erneut angesprochenen fehlenden Fachkräften fragte Kunz "Sollen die Leute nach Stuttgart ziehen"? In Deutschland rufe man gerade auf, die Arbeitsplätze zurückzuholen, wolle man doch von China und anderen Ländern unabhängig werden. Auch die kleinen Handwerker in der Region profitierten von dem neuen Industriegebiet, so der Rathauschef. Seit über 40 Jahren werde in Creglingen gefordert, den Tourismus zu fördern, doch leider tat keiner was, so Hehn weiter.

Investitionen von 70 bis 100 Millionen Euro geplant

Lang & Cie planen laut ihren Äußerungen, in dem neuen Industriegebiet 70 bis 100 Millionen Euro zu investieren. Da sie das Geld nicht in den Sand setzten wollen, würden die Pläne von ihnen – wie auch bei den anderen Vorhaben, aktuell für Villeroy & Boch, der letzten Jahre – genauestens erarbeitet und geprüft. Die IG wies auf den hohen Verbrauch von Fläche hin, die für die Nahrungsmittelproduktion benötigt werde. Die letzte Entscheidung treffe, wie in einer Demokratie gesetzlich vorgeschrieben, der Gemeinderat. Bei dem werden sich die noch nicht bekannten Firmen auch vorstellen und bewerben.

Der Besitzer der historischen Schäferei Keller meinte, dass er den Überblick verliere, denn ein Verantwortlicher widerspreche dem anderen. Aubs stellvertretender Bürgermeister Klaus Saliger hat die Vermutung, dass der Verkehr zur Autobahn über Aub abgekürzt werde. Jeder weitere Lkw sei für seine Stadt eine Zumutung, die keine Mehrbelastung vetrage. Dem widersprach der Reinsbronner Erwin Hofmann und meinte unter großem Beifall, fast sämtliche Lkw in Aub seien von örtlichen Firmen.

Bürgermeister Hehn zieht positive Bilanz

Creglingens Bürgermeister Hehn versprach nach gut zweieinhalb Stunden, dass es, wenn es konkret werde, vor allem bei geplanten Unternehmen und der Kostenverteilung, erneut eine Bürgerversammlung geben werde. Dass die Verantwortlichen allen Fragen/Einwänden nachgehen, sei selbstverständlich. Dabei zog er eine positive Bilanz, kamen die Wortmeldungen und Einwendungen doch fast ausschließlich von den IG-Mitgliedern und berechtigte Ängste konnten zumeist entkräftet werden.

Zuvor hatte Investor Speer erklärt, dass man sich noch in einer sehr frühen Phase befinde und daher nicht mehr wisse, auch nicht über den/die künftigen Nutzer. Abschließend rief der Bürgermeister den Gästen zu: "Wenn sich der Traum verwirklicht, ist allen geholfen!"

Anmerkung: In einer ersten Version des Artikels war fälschlicherweise von einem rund acht Hektar großen Gewerbegebiet die Rede. Tatsächlich soll die geplante Halle eine Gesamtfläche von 8,6 Hektar haben. die Grundstücksgröße beträgt laut Investor 15,5 Hektar. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

 
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