„Gesichter faszinieren mich.“ Professorin Angelika Stellzig-Eisenhauer leitet seit zehn Jahren als Direktorin die Poliklinik für Kieferorthopädie des Uniklinikums Würzburg. Kieferorthopädie, das Fach, das Medizin und Ästhetik verbindet, fasziniert sie deswegen, weil junge und alte Menschen zu ihr in Behandlung kommen, und jedes Gesicht seine ganz eigene Schönheit besitzt.
Auf die erfolgreiche Tätigkeit der Professorin in der Patientenbehandlung hat erst kürzlich die Focus-Bestenliste verwiesen. Auch Stellzig-Eisenhauers Forschungen werden national und international gewürdigt, denn 2011 und 2012 hat sie die renommiertesten Publikationspreise der deutschen und europäischen Fachgesellschaft erhalten. Ausgezeichnet wurden interdisziplinäre Projekte mit der Humangenetik, Neurochirurgie und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, die sich über mehrere Jahre erstreckten. „Besonders wichtig sind für mich die Betreuung der Patienten und die kontinuierliche Zusammenarbeit mit den zahnmedizinischen und medizinischen Nachbarfächern“, sagt Stellzig-Eisenhauer. „Uns geht es um den Menschen als Ganzes. Ein strahlendes Lächeln ist mehr als Kosmetik. Es ist Ausdruck eines funktionierenden Gebisses und gesunder Zähne.“
Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit, der sie seit Beginn ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit beschäftigt, ist die Behandlung von Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten. Seit zehn Jahren ist Stellzig-Eisenhauer im Koordinierungsausschuss des deutschen Arbeitskreises Lippen-Kiefer-Gaumenspalten.
Gremienarbeit gehört für die in Schwäbisch Gmünd geborene Tochter eines Zahnarztes und in Heidelberg habilitierte Direktorin ebenfalls zum Alltagsgeschäft. Sie ist in den Vorständen der Zahnärztekammer in Bayern und der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Zahnheilkunde. Besonders am Herzen liegt ihr die Arbeit im Vorstand der Deutsch-Vietnamesischen Gesellschaft zur Förderung der Medizin in Vietnam.
Angelika Stellzig-Eisenhauer Klinikdirektorin, Freizeitfotografin
„Unser aktuelles Projekt ist der Aufbau eines interdisziplinären Spaltzentrums im mittelvietnamesischen Da Nang. Spenden sind jederzeit willkommen.“ Präsident der caritativen Gesellschaft ist der Würzburger Mund-Kiefer-Gesichtschirurg Professor Jürgen Reuther. Dieses langfristige Vorhaben, das nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ funktioniert, stellt die Ausbildung vietnamesischer Ärzte und Zahnärzte in den Vordergrund.
„Asien hat mich aber nicht nur aus medizinischer Sicht in letzter Zeit interessiert“, sagt die Professorin. Seit mehreren Jahren fotografiert Stellzig-Eisenhauer in ihrer Freizeit und hat bereits 2009 in der Würzburger IHK ihre großformatigen AcrylArt-Bilder ausgestellt. Im Gegensatz zu ihren sonst bewusst unscharf gehaltenen Fotografien charakterisiert Stellzig-Eisenhauers neueste Bilder ein realistischer Zugriff. Mit ihrem Ehemann, dem Schriftsteller Gregor Eisenhauer, hat sie 2011 das im Nordwesten Indiens gelegene Rajahstan besucht, um den „Mythos Indien“ zu erkunden.
Das Ergebnis ihrer gemeinsamen Reise ist kürzlich im Mitteldeutschen Verlag erschienen: „Indien ist ein Albtraum, ein Krieg aller gegen alle. Aber jeder Albtraum setzt auch immer einen Träumer voraus.“ So lauten die ersten Sätze von „Indien. Alltag. Eine fotografische Reise“. „Die meisten meiner Bilder sind nicht schön. Sie versuchen eine Wahrheit abzubilden, die sich dem Fotografen und Betrachter jedoch nie vollständig erschließt.“ Die neun Kapitel des Buches mit den Titeln „Ganges“, „Über Land“, „Booming India“, „Handwerk“, „India Shining“, „Yogis“, „Frauen“, „Unberührbare“ und „Kinder“ beleuchten Aspekte des indischen Alltags fernab des Taj-Mahal-Kitsches und der leuchtend bunten Turbane und Saris.
„Wir Europäer werden Indien wohl nie wirklich verstehen können. Aber wir können zumindest versuchen, uns dem Kosmos Indien anzunähern“, sagt Stellzig-Eisenhauer.
Und als sie zum nächsten Patienten gerufen wird, bemerkt sie lächelnd: „Wichtig ist, dass man sich den Herausforderungen des Alltags immer wieder neu stellt. Aber am besten gemeinsam im Team.“