Mit dem Hochwasserschutz am Main befasste sich der Veitshöchheimer Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung. Die seit Mitte der 90er Jahre beschaffte ein Meter hohe Trägerbohlwand hat sich laut Aussage von Bürgermeister Jürgen Götz in den vergangenen Jahrzehnten bewährt.
Es ist bereits über 13 Jahre her, dass Veitshöchheim von einem gravierenden Hochwasser des Mains heimgesucht wurde. Beim höchsten Pegelstand von 6,42 Meter am 17. Januar 2011 konnte ein Überschwappen des Hochwassers über die ein Meter hohe Polderwand nur durch zusätzlich aufgelegte Sandsäcke gerade noch verhindert werden. Ansonsten wäre die Untere Maingasse bis zur Mühlgasse überschwemmt worden. Bedenklich war die Situation aus einem zweiten Grund besonders auch in der Oberen Maingasse: Hier strömte Wasser rückläufig über die Wiese an den Mainfrankensälen durch den Hof zwischen zwei Häusern auf die Maingasse hinter die Schutzwand.
Aufgrund der zunehmenden Starkregen-Ereignisse in den vergangenen Jahren ließ der Bürgermeister durch das Ingenieurbüro Hoßfeld & Fischer in Bad Kissingen untersuchen, bis zu welchem Wasserstand Veitshöchheim noch sicher aufgestellt ist.
Bisherige Schutzwand mit ein Meter hohem Trägerbohlverbau genügt statisch nicht den Anforderungen
Das Ergebnis dieser Überprüfung stellte nun in der Gemeinderatssitzung Diplomingenieur Hans-Ulrich Hoßfeld vor. Als Knackpunkt stellte sich heraus, dass die Gemeinde 2011 Glück hatte, dass die Polderwand damals den Wasserdruck aushielt. Die Berechnung des Prüfingenieurs habe ergeben, dass die Verankerung der Träger in den ins Pflaster eingelassenen Bodenhülsen bei einer Wasserhöhe von einem Meter nicht den statischen Anforderungen entspricht. Zulässig sei nur eine Wasserhöhe von 0,60 Meter über Geländeoberkante.
Um die Schutzwandhöhe von 1,0 Meter beibehalten zu können, müssten entweder große Eingriffe in den mit Leitungen belegten Untergrund oder Eingriffe an privaten Gebäuden erfolgen. Diese Aufrüstung würde im Bereich der beiden Maingassen 176.000 Euro kosten, eine Erweiterung zum Schutz der Mainfrankensäle zusätzlich 400.000 Euro.
In Abstimmung mit der Gemeinde als Auftraggeber hat deshalb das Ingenieurbüro eine Marktrecherche bei sieben mobilen Schlauchsystemen vorgenommen, bei denen keine Planungskosten anfallen, die sich sehr gut den vorhandenen Örtlichkeiten anpassen, der Aufbau sehr schnell erfolgt und sämtliche bautechnischen Eingriffe in den Boden entfallen.
An Kosten würden für dieses System rund 380.000 Euro für den kompletten Bereich Obere und Untere Maingasse inklusive Mainfrankensäle anfallen, was eine Einsparung von 190.000 Euro gegenüber der bisherigen Bohlenwandbauweise bedeutet.
So stimmte der Gemeinderat einvernehmlich zu, zunächst für den sieben Meter breiten Bereich am unteren Ende der Oberen Maingasse das mobile Schlauchsystem der Firma Mobildeich mit Kosten von 18.000 Euro für einen Hochwasserschutz von 1,0 Meter anzuschaffen. Bei erfolgreichem Probeaufbau soll dieses System dann auch für den 125 Meter langen Bereich Schutzbereich in der Mainlände vor den Gaststätten und der Unteren Maingasse mit Kosten von 130.000 Euro Verwendung finden.
Dieses Schlauchsystem wird über Haspelräder oder Handrollwagen ausgerollt. Die Mobildeichrolle besteht aus zwei Schläuchen in einer Netzhülle und einer Dichtungsplane mit beidseitigen integrierten Stahlbeschwerungsketten. Nach dem Ausrollen erfolgt die Befüllung der Schläuche mit Wasser. Das System ist laut Hoßfeld seit rund 25 Jahren auf dem Markt. Der Bürgermeister wurde ermächtigt, die notwendigen Beschaffungen zu tätigen.
Offen ließ das Gremium den Hochwasserschutz für die Mainfrankensäle, deren Zugang beim letzten Hochwasser überschwemmt war, sodass hier alle Veranstaltungen ausfallen mussten. Nachdem im Bereich der Mainfrankensäle eine umfängliche Oberflächenumgestaltung erfolgt, wurde vom Ingenieurbüro der Einsatz dieser Variante untersucht. Für die Länge von 239 Meter würden mit diesem mobilen Schlauchsystem Kosten von 240.000 Euro anfallen.
Ergänzend hat das Ingenieurbüro auch einen "Komplettschutz" für ein hundertjähriges Hochwasser (HQ100) zuzüglich 15-prozentigem Klimazuschlag abgeschätzt. Dies würde eine 2,2 Kilometer lange und 3,15 Meter hohe Schutzmauer, beginnend bei der ICE-Brücke bis zur Kläranlage nach sich ziehen. Neben den exorbitanten Kosten von 47 Millionen Euro würde ein solches Bauwerk auch einen erheblichen Eingriff in die städtebauliche Gestaltung bedeuten, sodass eine solche Maßnahme auch bei einer staatlichen Förderung von 60 Prozent für den Gemeinderat völlig obsolet ist.