
Wegen Volksverhetzung hat das Amtsgericht Würzburg einen pensionierten Polizisten zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 70 Euro, insgesamt also 4200 Euro, verurteilt. Zum geplanten Verhandlungstermin waren der Angeklagte aus dem Landkreis Würzburg und sein Anwalt am Dienstag nicht erschienen.
Dabei hatte der Mann das Verfahren selbst initiiert. Gegen einen Strafbefehl, den das Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft Würzburg im Frühling erlassen hatte, legte er Einspruch ein. Hätte er ihn akzeptiert, hätte er den öffentlichen Prozess vermieden.
So aber waren die Richterin, der Vertreter der Anklage, eine Protokollantin, eine Polizeibeamtin, die als Zeugin geladen war, zwei Studentinnen als Zuschauerinnen sowie zwei Presse-Vertreter unnötigerweise in den Gerichtssaal gekommen. Nach einer viertel Stunde Wartezeit mussten sie unverrichteter Dinge wieder abrücken.
Täter hat den Holocaust bagatellisiert
Verurteilt wurde der pensionierte Ordnungshüter, weil er für seinen Account beim Messengerdienst Telegram als Profilbild einen gelben Stern mit der Aufschrift "Nicht geimpft" verwendet hatte. Der Staatsanwaltschaft zufolge hat er mit dieser Anspielung auf den sogenannten Judenstern die Ermordung von Millionen Jüdinnen und Juden während der NS-Herrschaft mit der Situation von Nicht-Geimpften während der Corona-Pandemie gleichgesetzt - und damit "letztlich bagatellisiert".
Durch diese Verharmlosung des Holocaust sei sein Telegram-Account geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden zu stören. Die aufgeheizte Stimmung in Teilen der Bevölkerung habe der ehemalige Polizist "in nicht verjährter Zeit vor dem 1. März 2022" weiter befeuert.
Fall für die juristische Fachliteratur
Der Fall fand im vergangenen Jahr vielfach Widerhall in der juristischen Fachliteratur. Denn das Landgericht Würzburg hatte entschieden, dass die Ermittler die Wohnung des Beschuldigten durchsuchen und Handys und Computer als Beweismaterial beschlagnahmen dürfen.
Das Amtsgericht Würzburg hatte einen entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft in erster Instanz noch abgelehnt. Eine Durchsuchung sei in diesem Verfahren nicht verhältnismäßig, hieß es. Das Landgericht Würzburg sah dies anders und begründete seine Entscheidung nicht nur mit dem Profilbild, sondern auch mutmaßlichen weiteren Aktivitäten des Beschuldigten in Dutzenden rechter Telegram-Gruppen.
Das Diskussionsklima dort sei "vergiftet", es würden fortlaufend antisemitische und den Holocaust leugnende Äußerungen getätigt und geteilt. Insofern sei die Verwendung des gelben Sterns dazu geeignet, "die ohnehin bereits aufgeheizte politische Stimmung weiter zu verschärfen, die Hemmschwelle für gewaltsame staatsfeindliche Handlungen herabzusetzen und eine latent vorhandene Gewaltbereitschaft zu entfesseln".
Ob bei dieser Strafzumessung eine entsprechende Pensionskürzung erfolgen wird entzieht sich meiner Kenntnis.