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WÜRZBURG
Gehörlos: Ausgegrenzt durch das Leben in zwei Welten
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 08.05.2017 03:14 Uhr

CODA ist die Abkürzung für Children Of Deaf Adults. Auf Deutsch heißt das: Kinder von gehörlosen Eltern. Eine CODA ist also ein hörendes Kind von gehörlosen Eltern. Etwa 40 solcher Kinder werden vom Mobilen Sonderpädagogischen Dienst in Unterfranken betreut. „Diese Kinder leben in zwei verschiedenen Sprachwelten, was zu sprachlichen und emotionalen Problemen führen kann“, erklärt Bärbel Schmid, Direktorin der Dr.-Karl-Kroiß-Schule mit dem Förderschwerpunkt Hören in Würzburg.

Die Stiftung Hör-Sprachförderung veranstaltet mit Unterstützung durch die Glücksspirale und in Zusammenarbeit mit dem Sozialdienst für Hörgeschädigte einen CODA-Familientag an diesem Samstag in Würzburg.

Gehörlose haben meist auch einen gehörlosen Partner. Wenn ein gehörloses Paar Kinder bekommt, sind die Kinder nicht automatisch gehörlos – im Gegenteil, nur eines von zehn Kindern ist durch Vererbung gehörlos. An der Würzburger Schule erlebten sich viele erstmals als ganz normale Kinder und nicht nur als Dolmetscher und Vermittler ihrer Eltern, wie es auch der Film „Jenseits der Stille“ thematisiert.

Laut dem Deutschen Gehörlosenbund sind etwa 0,1 Prozent der Bevölkerung in Industrienationen von Gehörlosigkeit betroffen. Erworbene oder angeborene Taubheit kann eine Folge von Viruserkrankungen oder Kinderkrankheiten sein.

Gehörlose Eltern sprechen mit ihrem Kind meist in Gebärdensprache. Gebärdensprache ist für ein CODA-Kind also die Muttersprache. Wenn das Kind hörende Großeltern oder Geschwister hat oder früh in einer Krippe oder einem Kindergarten ist, wird es schnell verstehen, mit wem es sprechen und mit wem es gebärden soll. Das Kind wird die Lautsprache so ebenfalls lernen. „Es wächst dann bilingual, also mit zwei Sprachen, auf.“

Doch nicht alle gehörlosen Familien haben Kontakt zu Hörenden. CODA-Kinder aus diesen Familien brauchen Frühförderung, um die Lautsprache zu lernen. Erste Anlaufstelle ist auch hier die Dr.-Karl-Kroiß-Schule. Die Frühförderin kommt zwei Mal in der Woche in die Familie und macht spezielle Übungen mit dem Kind, um die Sprachentwicklung zu fördern. Spätestens wenn das Kind in den Kindergarten kommt, wird es verstehen, dass es mit Hörenden sprechen soll, da sie Gebärden nicht verstehen und umgekehrt, mit Gehörlosen gebärden.

„CODA leben in einer anderen Welt, wissen aber oft nicht warum sie so völlig unterschiedlich ist“, erklärt Katja Knoesel. Die Lehrerin arbeitet beim Mobilen Sonderpädagogischen Dienst und betreut hörgeschädigte und CODA-Kinder und in ganz Unterfranken. „Als Kind kann man oft nicht begreifen, was genau anders ist – aber man merkt, dass man selbst anders ist und die Familie auch anders ist.“

Coda-Kinder werden oft von Lehrern und Erziehern als verhaltensauffällig oder schwer zu erziehen abgestempelt, berichtet auch Monika Dahnken, Leiterin des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes in Würzburg. Im Gegensatz zu Blinden hätten Gehörlose auch oft weniger Lobby. All das wird Thema sein beim CODA-Familientag, zu dem sich 60 Erwachsene und 50 Kinder aus ganz Süddeutschland angemeldet haben.

 
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