Gemeinsam mit ihrer Spitzenkandidatin Katarina Barley ist die Unterfranken-SPD offiziell in den Europa-Wahlkampf gestartet. In der Partei gilt die promovierte Juristin als Hoffnungsträgerin. Als sie am Samstag das Felix-Fechenbach-Haus betrat, wurde sie gefeiert - von den Jusos genauso wie von älteren Genossen. Nach den schlechten Ergebnissen bei der Bundes- und Landtagswahl setzt die SPD auf Europa.
Barley selbst hat in der Partei eine steile Karriere hinter sich. Erst 2013 zog sie in den Bundestag ein. Noch in der selben Legislaturperiode wurde sie Familienministerin und leitete geschäftsführend das Arbeitsministerium. Seit März 2017 ist sie Justizministerin. Der EU-Wahlkampf: Er läuft parallel.
Als sie am Samstag die Bühne in Würzburg betrat, traf sie für die Zuhörer den richtigen Ton. Statt zu poltern, setzte sie auf leise, eher nachdenkliche Töne. Das ist ihr Stil.
Als sie die Rolle Europas als Friedensprojekt betonte und dabei an die Bombardierung Würzburgs im Zweiten Weltkrieg erinnerte, wurde es still im Saal. Sie erzählte, wie ihr aus England stammender Vater als Kind die Flugzeuge bewunderte, deren Bomben in Deutschland fast ihre Mutter getroffen hätten.
Am 26. Mai – dem Tag der Europawahl – stehe viel auf dem Spiel. "Die größte Gefahr für die Europäische Union ist die Gleichgültigkeit", so Barley.
SPD will mit Sozialagenda punkten
Die SPD-Politikerin mit ihrer europäischen Familiengeschichte machte sich für ein sozialeres Europa stark. Mit ihr an der Spitze der Kampagne fordert die SPD einen europaweiten Mindestlohn, der sich an der Wirtschaftskraft der einzelnen Länder orientiert, eine Eindämmung des Dumpingwettbewerbs und eine europäische Arbeitslosenversicherung. "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort", fasste Barley die Sozialagenda der SPD zusammen.
Auch die mainfränkische Europaabgeordnete Kerstin Westphal, die ein weiteres Mal für das Europäische Parlament kandidiert, sprach in Würzburg von einem "gerechten, sozialeren, demokratischeren Europa". Wer wissen will, welche konkreten Forderungen dahinter stehen, muss ins Wahlprogramm schauen. Inhalte spielten am Samstag nur am Rand eine Rolle. Es ging vor allem um das Gefühl "Europa". Es scheint, als werde es ein Wahlkampf der Emotionen.
Scharfe Kritik an Manfred Weber
Westphal forderte, die verschiedenen politischen Ebenen stärker gemeinsam zu denken. "Zwischen Europa und den einzelnen Kommunen darf kein Blatt Papier passen." Sie sprach sich dafür aus, die Rolle des Europäischen Parlaments zu stärken und das Einstimmigkeitsprinzip im Europäischen Rat abzuschaffen. Mit deutlichen Worten kritisierte sie außerdem den Spitzenkandidaten der EVP, Manfred Weber: "Wer Viktor Orbán seinen Fraktionskollegen nennt, ist kein echter Europäer", sagte Westphal.
Nach der Wahl wird Katarina Barley möglicherweise auch als einfache Abgeordnete in das Europäische Parlament einziehen. Ihr Ministeramt gibt Barley für die Europa-Kandidatur auf. Eine Entscheidung, die ihr nicht leicht gefallen sei. Am Ende aber sagte sie zu - "aus Liebe zu Europa, aus Liebe zu meiner Partei".
Ein ausführliches Interview mit der SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley erscheint in Kürze.