Sie wollen Zeit gewinnen. Statt in zwei oder drei Wochen möchte das Team der "Mobilen Flüchtlingshilfe" künftig innerhalb von höchstens drei Tagen Hilfe für Geflüchtete in Not organisieren. Etwa in Bosnien. Norditalien. Oder an anderen Orten in Europa, wo Flüchtlinge auf der Straße oder in leeren Gebäuden vegetieren. Dazu braucht es eine Lagerhalle für Altkleider, Schuhe, Schlafsäcke und Isomatten, lokale Sammelstellen, einen Transporter und vor allem: Geld.
"Hermine" nennt sich das Projekt, mit dem die "Mobile Flüchtlingshilfe" die eigene Arbeit effizienter machen möchte. Die sieben Buchstaben stehen für die Worte "Hilfe zur Erstversorgung für Menschen in Not in Europa", erläutert Christian Ludwig, Projektleiter und Gründer des Würzburger Vereins. Seit Ende vergangenen Jahres tüftelt der 25-jährige Student der Politikwissenschaften an der neuen Initiative. Im Dezember soll das Projekt starten. Voraussetzung ist, dass das Team bis dahin eine mindestens 250 Quadratmeter große Lagerhalle in Stadt oder Kreis Würzburg findet. Danach wird derzeit gesucht.
Monatlich werden rund 5.000 bis 6.000 Euro benötigt
Die "Mobile Flüchtlingshilfe" gibt es seit drei Jahren. Seitdem fuhren Vereinsmitglieder etliche Male zu Hilfseinsätzen. Diese Einsätze zu organisieren, stellte jedes Mal eine Herausforderung dar. "Wir mussten das Projekt bekannt machen, Spenden und Hilfsgüter sammeln", erläutert Ludwig. Gespendete Waren mussten sortiert und verpackt werden. Für all das gingen mindestens zwei Wochen ins Land. In Zukunft wollen die Flüchtlingshelfer in spätestens 72 Stunden startklar sein. Geplant ist außerdem, einmal im Monat einen Container mit Kleidern zu versenden. Und zwar dorthin, wo die Not besonders groß ist.
An vielen Orten, wo Geflüchtete stranden, haben sie keine Chance, angemessen versorgt zu werden. "Warum das so ist, wollen wir gar nicht beurteilen", betont Ludwig. Statt an Staaten, Städte oder die EU zu appellieren, die Situation zu verbessern, möchten die Vereinsmitglieder selbst anpacken. "Wir helfen aus Überzeugung", so Ludwig. Dieser Überzeugung zufolge soll kein Mensch ohne Schlafsack und Isomatte draußen übernachten müssen. Niemand soll mangels Winterjacken frieren müssen. Jeder Mensch soll täglich Wäsche zum Wechseln zur Verfügung haben.
Um die geplante Infrastruktur für die Hilfstransporte zu unterhalten, sind monatlich zwischen 5.000 und 6.000 Euro nötig. Wobei im Startmonat Dezember möglicherweise bis zu 20.000 Euro gebraucht werden: "Wir müssen wahrscheinlich Kaution für die Halle bezahlen, außerdem kostet die Anschaffung des Transporters." Über Benefizveranstaltungen und Flohmärkte, vor allem aber über Paten sollen die benötigten Gelder hereinkommen.
Finanzierung des Hermine-Projekts über Paten
Insgesamt 500 Paten hofft Ludwig zu gewinnen: "75 haben wir schon." Darunter sind zwei Unternehmen, die sich bereit erklärt haben, die "Mobile Flüchtlingshilfe" über "Hermine" nachhaltig zu unterstützen. Studierende können für 7,20 Euro im Monat Pate werden, ansonsten ist eine monatliche Spende von mindestens 12,50 Euro erwünscht.
Sollten nicht alle benötigten Gelder bis Dezember zusammenkommen, wird sich der Aufbau der Infrastruktur etwas verzögern. Aber das wäre kein Beinbruch. Dann wird der Transporter halt erst im Januar angeschafft. Gestartet werden soll auf jeden Fall zum Jahresende. Denn überall in Europa brennt es. Besonders gravierend ist die Not gerade in Bosnien. Die Geflüchteten kommen nicht über die Grenze. Aus einemBeitrag der ARD mit dem Titel "Sie behandeln uns wie Tiere" vom August ist laut Ludwig zu entnehmen, dass die kroatische Polizei an der Grenze offenbar brutal gegen Geflüchtete vorgeht.
Das Team der "Mobilen Flüchtlingshilfe" kämpft nicht alleine darum, dass Menschen, die vor Krieg, Terror oder Armut flohen, mit dem Nötigsten versorgt werden. Überall in Europa gibt es größere oder kleinere Organisationen, die Ähnliches tun. "Mit denen wollen wir uns vernetzen", nennt Ludwig ein weiteres Ziel von "Hermine". Schon bisher kooperieren die Würzburger Flüchtlingshelfer mit Initiativen aus anderen Ländern. "Hermine" soll die Zusammenarbeit intensivieren.
Langfristig Menschen in Europa helfen
Paten gewinnen, Gelder akquirieren, nach einer Halle suchen: "Hermine" hielt Christian Ludwig in den vergangenen Monaten auf Trab. Teilweise hatte der Student 60-Stunden-Wochen zu absolvieren. Rein ehrenamtlich. Motivierend ist für ihn, dass er unlängst bei einer Infoveranstaltung spontan 30 junge Menschen für "Hermine" begeistern konnte. Sie traten dem Verein bei und engagieren sich nun in verschiedenen Arbeitsfeldern für den Aufbau der neuen Infrastruktur.
Langfristiges Ziel ist es, noch mehr Menschen in Europa Hilfe anzubieten. Denn es geht nicht nur Geflüchteten schlecht. In der Ukraine leben Menschen ebenfalls in prekären Umständen. Auch ist die Lage vieler Sinti und Roma schlecht.
Wer "Hermine" unterstützen will, kann sich bei Christian Ludwig per Mail unter cl@mfh.global oder telefonisch unter 0157-36284282 melden.