Es ist 7.30 Uhr morgens. Carmen Schuppe-Michel steht mit ihrer Tochter vor dem Haus der Familie in der Versbacher Brunnfloßgasse, abmarschbereit für den Schulweg zur Grundschule an der Heide 14. Auch wenn der Weg nicht sehr weit ist, begleitet die Dreifachmutter ihre Tochter. "Ich mache mir Sorgen, denn hier gibt es verkehrstechnisch einfach zu viele Gefahrenstellen."
Mit von der Partie sind heute auch Elternbeirat Andreas Kuhnhäuser sowie Heike Göpfert mit ihrem Sohn Sebastian. Göpfert war lange Zeit Schülerlotsin in der Gegend und kennt die Gefahren. Leider habe sich trotz vieler Anregungen und Beschwerden bis hin zum Stadtrat in den vergangenen Jahren nicht allzu viel getan. "Ich habe das Gefühl, als würde das Thema hin- und hergereicht. Keiner fühlt sich richtig zuständig", fasst Elternbeirat Kuhnhäuser zusammen.
Von der Brunnfloßgasse über die Lengfelder Straße hin zur Estenfelder Straße beispielsweise sind die Straßen gekennzeichnet von enger Bebauung, nicht vorhandenen oder nur schmalen Fußwegen. "Hier könnte man zum Beispiel bunte Fußstapfen anbringen, die den Kindern den Weg vorgeben", so Schuppe-Michel. Die Kreuzungen, so auch die Ecke Estenfelder Straße in die Steigstraße seien meistens zugeparkt, so dass wenig Übersicht für die Fußgänger bleibt. "Eine große Anzahl von Schülern und auch Kindergartenkinder überqueren die Straße vorbei an parkenden und aus allen Richtungen kommenden Autos."
Dazu komme der rege Verkehr, der um diese Uhrzeit herrscht, beschreibt Göpfert die Situation. Auch Lkws sind in der Steigstraße regelmäßig unterwegs und blockieren gerne mal den Weg in Richtung Schule. Alles in allem ist besonders an der Heide eine unübersichtliche Situation. "Es bräuchte auch Zebrastreifen und vielleicht auf der kompletten Heide die Ausweisung als Spielstraße und Fußspuren für den nicht vorhandenen Gehweg", so Schuppe-Michel.
Problem teilweise selbst gemacht
Allerdings ist den beiden Frauen auch bewusst, dass das Verkehrsproblem teilweise von Eltern verstärkt wird. Diese fahren ihre Kids wegen des gefährlichen Fußmarsches lieber mit dem Auto direkt an die Schule, was wiederum das Verkehrsaufkommen in die Höhe treibt. "Es ist ein Teufelskreis", meint Schuppe-Michel.
Schulleiter Lothar Hohnheiser ist die Problematik bekannt. Er wünscht sich einen sicheren Schulweg für die Kinder. Letztendlich sei er aber nicht derjenige, der die Beschilderung auf den Straßen ändern könne. "Ich finde nicht, dass man der Schule die Schuld zuschreiben kann." In einem der letzten Elternbriefe habe er die Eltern gebeten, ihre Kinder nicht mit dem Auto bis zur Heide hochzufahren.
Verkehrserziehung und Prävention
Als Alternative zum "Rauslassen" könnte der Parkplatz unterhalb der Schule an der Pleichachtalhalle dienen. Über eine kleine Treppenanlage und vorbei an der Alten Halle des Sportbunds Versbach führt der Weg in Richtung Schule. Nachdem die alte Turnhalle vom Sportbund an einen privaten Investor verkauft worden war, erkämpfte der Schulleiter das Recht, den Weg nutzen zu können, "zumal unsere Kinder anders nur schwer zur Sporthalle kommen", erklärt er. Hohnheiser weist darauf hin, wie wichtig ihm und den Lehrern Verkehrserziehung und Präventionsarbeit ist. "Zudem suchen wir auch fürs kommende Schuljahr wieder Schülerlotsen. Das sind Eltern, die an gefährlichen Ecken bereit stehen und die Schüler sicher auf ihrem Schulweg lotsen."
Lichtblick durch Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept
Einen Lichtblick für Eltern gab es 2015, erzählt eine weitere Mutter, Susanne Pfeiffer. Da wurde für den Stadtteil Versbach mit intensiver Bürgerbeteiligung ein Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept (ISEK) erarbeitet. Im abschließenden Handlungskonzept hieß es, dass insbesondere die zahlreichen Hinweise auf Gefährdungsstellen auf Schulwegen einer Gesamtbetrachtung bedürfen. Unterstützung durch den Fachbereich Schule der Stadt Würzburg zur "Erarbeitung eines schuleigenen Schulwegeplans" wurde zugesagt. Wortwörtlich hieß es: "Die Maßnahmeumsetzung auf Grundlage des Schulwegekonzeptes soll die Verkehrssicherheit für Grundschüler, darüber hinaus aber auch für alle Fußgänger und Radfahrer in Versbach verbessern."
Das Verwunderliche: "Passiert ist erstmal nichts. Und da fragt man sich schon warum", so Pfeiffer. Erst zwei Jahre später im November 2017 habe es eine Anfrage der Stadträtin Jutta Henzler (SPD) gegeben, unter anderem bezüglich der Verwirklichung des Schulwegekonzepts. Im Februar dieses Jahres dann ein Treffen mit Stadträtin Judith Jörg (CSU), die mit Schuppe-Michel und anderen Eltern den Schulweg ablief.
Schuppe-Michel berichtet, dass nun Verschiedenes geprüft werden soll, zum Beispiel, ob sich auf der Heide beziehungsweise der angrenzenden Walter-Stier-Straße ein Verbot erwirken lasse, "dass hier zumindest vor acht Uhr morgens keine LKWs zwecks Anlieferung unterwegs sind". Im Bereich Zufahrt Heide und Steigstraße wären vielleicht Aufsteller mit Kindern denkbar, die Autofahrer für Kinder sensibilisieren. "Das könnte eventuell als Schulprojekt realisiert werden", so Schuppe-Michel. Es solle außerdem geklärt werden, ob es für den Weg zur Pleichachtalhalle noch eine Alternative gibt.
Über die Jahre hinweg Projekte umgesetzt
Auf Nachfrage dieser Redaktion bei der Stadt Würzburg heißt es, dass die Problematik seit vielen Jahren bekannt ist. Den Vorwurf,es passiere nichts, sieht Pressesprecher Christian Weiß nicht gerechtfertigt. Im Gegenteil: Über die Jahre hinweg habe es mehrere Ortsbegehungen gegeben und man habe allerlei umgesetzt. Er verweist beispielsweise auf die Erweiterung der eingeschränkten Haltverbote an der Einmündung Heide bis zum Beginn der Straße Am Altenberg (2010 und 2013), zudem wurden an verschiedenen Stellen Grenzmarkierungen angebracht und bestimmte Bereiche verkehrsberuhigt.
Es brauche Zeit und Planung, um Dinge umzusetzen. Auch bezüglich des ISEK-Projektes: "Es ist alles am Laufen. Aber jede ISEK-Maßnahme bedarf der Gesamtbetrachtung", so Weiß. Fürs Thema Schulweg sei ein Ortstermin gemeinsam mit Polizei, Tiefbau und Verkehrsüberwachung bereits in Planung.