Er drohte mit einem Anschlag auf eine Synagoge. Er suchte im Internet nach Bombenbauplänen. Er machte aus seiner Sympathie für das Terrornetzwerk „Islamischer Staat“ zumindest in sozialen Medien keinen Hehl. Er versuchte andere zu überzeugen, Selbstmordanschläge in Syrien zu begehen. Er wollte den achtjährigen Sohn seiner Lebensgefährtin mit Schlägen zum IS-Kämpfer machen.
All das soll zwischen 2014 und 2016 mitten in Würzburg passiert sein: In einer achtseitigen Anklageschrift hat die Staatsanwaltschaft diese Vorwürfe gegen den 30-jährigen Medizinstudenten Abdulhadi B. zusammengefasst. Unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat muss sich der gebürtige Syrer deshalb derzeit vor dem Münchner Oberlandesgericht verantworten.
Harmloser Student und Opfer eines Beziehungsstreits?
An den bisher drei Sitzungstagen versuchte Abdulhadi B. sich jedoch als politisch harmlosen Studenten und Opfer eines Beziehungsstreits zu präsentieren: Als einer von acht Söhnen eines Müllers in Aleppo aufgewachsen, sei er in Syrien mehrfach von der Polizei verschleppt und gefoltert worden.
Um seinen Traum eines Medizinstudiums zu erfüllen, habe ihn sein Vater deshalb 2012 nach Deutschland geschickt, erzählte der Angeklagte vor Gericht. Zuerst lebte Abdulhadi B. in Berlin. Weil ein Freund in Würzburg Medizin studierte, zog er schließlich nach Unterfranken und begann dort im April 2014 sein Medizinstudium.
Zumindest nach außen pflegte der junge Student in Deutschland einen westlichen Lebensstil: In Berlin hatte er offenbar mehrere Beziehungen zu Frauen. Im Internet soll er nach Erkenntnissen der Polizei damals sogar versucht haben, eine Minderjährige zum Sex zu überreden.
Vor Gericht tritt der Angeklagte eher unscheinbar auf. Und nimmt seine Verteidigung selbst in die Hand – sehr zum offensichtlichen Verdruss seiner Pflichtverteidiger: „Haben Sie die Fragen gestellt und auch gleich die Antworten gegeben?“, fragt er etwa einen Kripobeamten. „Haben Sie gedroht, mein Blut zu trinken und mein Gesicht zu verbrennen?“, will er von der Hauptbelastungszeugin, seiner Ex-Freundin, wissen. Kassiert das Gericht eine Frage als unzulässig ein oder gefällt ihm die Antwort nicht, reagiert er schnell unwirsch und gereizt.
Auch aus den umfangreichen Internet-Chats mit über 800 Kontakten, die die Würzburger Kripo ausgewertet hat, zeigt sich ein anderes Bild des Angeklagten: „Er fühlte sich als Mitglied des IS“, fasste einer der Ermittler vor Gericht seine Erkenntnisse zusammen. In einem Chat habe er das „System IS“ etwa als „das einzig Wahre“ bezeichnet.
Die Brüder waren aktive IS-Kämpfer in Syrien
Zumindest zwei seiner Brüder waren nach den Erkenntnissen der Ermittler aktive IS-Kämpfer in Syrien. Beide sind offenbar bei Selbstmordattentaten ums Leben gekommen. Vor allem eine Schwester habe ihn zudem schwer unter Druck gesetzt, nach Syrien zurückzukehren und für das Terrornetzwerk zu kämpfen. „Du brauchst uns kein Geld von den Ungläubigen zu schicken“, schrieb die Schwester ihm per „WhatsApp“: „Wir bekommen unser Geld vom IS.“
„Für ihn war der IS das große Vorbild“, sagte auch die Ex-Freundin vor Gericht. Ein gutes halbes Jahr hatte sie mit Abdulhadi B. in Würzburg zusammengewohnt: „Er wünschte sich, einer der ihren zu sein.“ Doch sein Vater habe ihn bedrängt, das Studium in Würzburg fortzuführen.
Sei es Abdulhadi B. zunächst darum gegangen, nach Syrien zurückzukehren und dort zum „Märtyrer“ zu werden, habe er schließlich versucht, direkte Kontakte zum IS zu knüpfen, um auch in Deutschland für die Sache der Islamisten zu kämpfen. „Er sah alle Deutschen als Ungläubige“, erzählte die Frau.
Auch ihren Sohn habe Abdulhadi B. zum IS-Kämpfer machen wollen, berichtete die Ex-Freundin. Der heute Zehnjährige bestätigte als Zeuge, dass er zusammen mit dem Freund der Mutter in der Würzburger Wohnung IS-Videos angeschaut hatte. Darauf habe man etwa gesehen, „wie die Großen Kinder abschießen und die dann auch umfallen“, berichtete der Junge. Als „Training“ habe ihm Abdulhadi B. zudem nach IS-Manier mit einem Stock auf den Bauch geprügelt und ein Trinkglas auf dem Kopf zerschlagen: „Er hat gesagt, ich muss auch so was werden – und lernen, wie man abschießt“, sagte der Junge.
Laut der Mutter sei die IS-Indoktrinierung des Buben so weit gegangen, dass dieser einmal auf den Vierröhren-Brunnen in Würzburg geklettert sei und „Allahu akbar“ (Allah ist groß) gerufen habe. Abdulhadi B. habe ihn sofort heruntergezogen und gesagt: „Das ist nur unter uns“, so die Mutter. Die Kripo fand zudem ein Foto, auf dem der Angeklagte und die drei Kinder der Ex-Freundin den als IS-Gruß bekannten ausgestreckten Zeigefinger zeigen.
Ob Abdulhadi B. aber außer zu seinen Geschwistern in Syrien direkte IS-Kontakte hatte, blieb vor Gericht bislang offen: „Ich weiß von keinen direkten Kontakten“, sagte die Ex-Freundin aus. Laut Kripo gab es zumindest einen Internetkontakt zu einem Mann in Syrien mit dem schönen Decknamen „Leonardo da Vinci“. Dabei soll es sich um einen syrischen Politiker handeln, der laut Geheimdienstquellen inzwischen als „Geldbeschaffer des IS“ unterwegs sei.
Neben direkten IS-Kontakten fehle in den Online-Chats aber auch eine „eigenständige Auseinandersetzung mit der Ideologie des IS“; bemängelt Pflichtverteidiger Achim Groepper: „Seine Ideologie ist nicht nur IS-orientiert. Da gibt es weitere Einflussmöglichkeiten“, erklärte der Anwalt vor Journalisten.
Wie ernst waren die Anschlagsdrohungen?
War Abdulhadi B. also vor allem ein Wichtigtuer, der von der Brutalität des IS fasziniert war? Auch zu den Anschlagplänen in Deutschland gibt es bislang nicht mehr als die Aussage der Ex-Freundin: Im Bus habe er beim Vorbeifahren an der Würzburger Synagoge immer wieder gesagt: „Die müsste man in die Luft sprengen.“ Denn die Juden hätten viel Schuld auf sich geladen, erklärte die junge Frau vor Gericht. Auch Todesdrohungen gegen einen zufällig vorbeikommenden Juden mit Kippa habe er ihr gegenüber geäußert: „Da müsste man ein Messer ziehen und den töten“, soll der Syrer gesagt haben.
Sie habe die Anschlagsdrohungen allerdings lange nicht ernst genommen, so die junge Frau: „Weil er sich gerne wichtigmacht.“ Erst als er sie persönlich bedrohte, weil sie sich von ihm trennen wollte, wandte sie sich an die Polizei. Wann und wie ein Anschlag hätte stattfinden können, „kann ich aber nicht sagen“, erklärte sie dem Gericht.
Auch die Kripo konnte keine konkreten Anschlagpläne finden. „Hätte er IS-Leute gefunden, die ihn leiten, hätte er so ein Anschlagsszenario ohne Zweifel gerne umgesetzt“, ist der ermittelnde Kripobeamte jedoch überzeugt: Die Motivation habe Abdulhadi B. in jedem Fall gehabt.
Was sind das nur für primitive Menschen, die hier immer wieder den gleichen flachgeistigen M*st verzapfen?