Seit einigen Jahren ist es in Rimpar Tradition, sich an die Mitbürgern jüdischen Glaubens mit einer kleinen Feierstunde im Schlosshof zu erinnern: Zum 80. Jahrestag der Ausschreitungen gegen Juden vom 9. November 1938, verharmlosend bekannt als "Reichskristallnacht", standen die Rimparer Familie Frank und ihr Schicksal im Vordergrund der Gedenkstunde. Noch in den 1930er Jahren lebten in dem Ort neun jüdische Familien. In der Zeit des Nationalsozialismus endete die Geschichte der um 1800 blühenden Gemeinde von Rimpar. Bei dem Gedenken mit Diakon Hermann Ganz und Pfarrerin Imke Bieber wurde eine Flamme an der Gedenktafel entzündet und alle Namen der Rimparer Opfer verlesen.
In seinem Grußwort im Rittersaal mahnte Bürgermeister Burkard Losert vor gut 100 Bürgern dazu, dem "aufkeimenden Rassismus in unserer Gesellschaft die Stirn zu bieten". Die Bagatellisierung rassistischer Bewegungen in der Mitte der Gesellschaft dürfte nicht einfach so hingenommen werden: Es genüge darum nicht, das Geschehene durch das mediale Angebot aufzuarbeiten: "Versöhnung muss man leben." Mit dem Schicksal der Familie, das Hannelore Mintzel recherchiert hat und das sie gemeinsam mit drei Mitstreitern anschaulich und mit Fotos vorstellte, bekamen die Opfer der Ausschreitungen gegen die Juden ein individuelles und umso erschütternderes Gesicht. Was die NS-Propaganda als "spontanen Volkszorn" darstellte, war jedoch das Ergebnis einer sorgfältigen Planung. Das Attentat des jungen Juden Herschel Grynspan auf einen deutschen Diplomaten bildete nur den willkommenen Anlass.
Viele jüdische Bürger flohen ins Ausland
In Rimpar begann alles erst einen Tag später, am Abend des 10. November, als ein SA-Trupp aus Würzburg eintraf und die örtliche Parteileitung aufforderte, tätig zu werden. Angetrunken zogen sie gemeinsam mit etwa zehn Rimparern und dem NS-Bürgermeister Gessner los und drangen in die Wohn- und Geschäftshäuser ein. Die jüdischen Bürger durften nicht mehr in ihre Häuser zurückkehren. Man zwängte sie in zwei kleine Häuser, in der Kirchenstraße 3 und der Berggasse 13. Viele verkauften ihre Anwesen und flohen ins Ausland. Auch die Familie Alfred Frank rettete sich im September 1940 aus Deutschland. Die Verwandten der Familie Josef Frank gehörten jedoch zu den 800 Juden, die im April 1942 nach Polen deportiert wurden, wo sich ihre Spuren verlieren.
So grauenhaft das Schicksal der beiden Familien, ist es doch exemplarisch für viele Juden in ganz Deutschland: Alfred Frank, der in der Marktstraße 4, an der Stelle, wo sich heute ein provisorischer Parkplatz befindet, eine unter Rimparern beliebte koschere Metzgerei betrieb, musste sein Geschäft bereits 1935 schließen. Das antisemitische Hetzblatt "Der Stürmer" begründete die Maßnahme damit, dass der jüdische Metzger "Juda Frank" Aas und mit Urin besudelte Lebensmittel an Christen verkauft habe. Schon am 1. April 1933 waren SA-Posten vor der Metzgerei aufgezogen und hatten die Kunden abgewiesen. Auch folgten Diebstähle, die ungeahndet blieben. Die gepackten Koffer der Familie standen schon bereit, als der Schlägertrupp sie heimsuchte und das Hab und Gut zerstreute.
Die Mädchen flüchteten aus dem Fenster
Vor dem Haus der Familie Josef Frank in der Lömmelsgasse 20 liegen fünf Stolpersteine, die auf die fünf Personen hinweisen. Josef Frank war Gemeindevorsteher und unterstützte Rabbi Lassmann in der Synagoge. Als die SA-Leute gemeinsam mit einigen fanatischen Rimparern in ihr Wohnhaus eindrang, gelang es zwar den Eltern, sich in die Metzgerei ihres Verwandten Alfred Frank zu retten. Doch die drei 13, 15 und 17 Jahre alten Mädchen blieben und flüchteten barfuß und nur im Nachthemd bekleidet aus dem Fenster. Von dort wurden sie durch das Dorf Richtung Versbach getrieben, bis sie sich unter Kleeböcken verstecken konnten, wo sie die frostige Nacht verbrachten. Die Familie wurde in dem kleinen Haus Kirchenstraße 3 einquartiert.