
Der Kauzentrunk und das zugehörige Kauzenbuch sind ein fester Teil der bewegten Ochsenfurter Stadtgeschichte. Dieser Tage jährt sich die Stiftung des Kauzenbuchs zum 400. Mal. Domherr Konrad Ludwig Zobel Giebelstadt war es, der 1611 das erste Kauzenbuch stiftete.
100 Jahre hat es gedauert, bis der erste Band vollgeschrieben war. Und wieder war es ein Zobel, nämlich Karl Philipp Johann, der den nächsten Band stiftete, diesmal aufwendiger gefertigt und mit Aquarellmalerei illustriert. Er ließ auch den Trinkpokal restaurieren, wie im Kauzenbuch vermerkt wird.
Es sind Zeugnisse ehrwürdiger Anlässe aber auch fröhlicher Gelage, die sich in den beiden Bänden wiederfinden. Man sieht es mancher Widmung an, dass ihr Verfasser wohl schon kräftig in den Kauzen geschaut hatte, bevor er zur Feder griff.
Die beiden Würzburger Professoren Otto Meyer und Max Hermann von Freden haben sich in den 50er und 60er Jahren mit dem ersten Kauzenbuch beschäftigt. Studenten haben die Einträge übersetzt. Entstanden ist eine kommentierte Übertragung, erschienen im Mainfränkischen Jahrbuch und später als Buchausgabe, finanziert von Brauereibesitzer Heinz Pritzl.
Willkommenstrunk
Es war in vielen Städten durchaus üblich, hohen Gästen den Willkommenstrunk in einem besonderen Pokal zu reichen, sagt der Ochsenfurter Stadtarchivar und Altbürgermeister Peter Wesselowsky. Besonders in der Zeit der Renaissance war der Brauch beliebt und verbreitet. Den Pokal gab es demnach wohl schon vor dem ersten Kauzenbuch, mutmaßen Historiker. Mit der Stiftung des Buches blieb das Wissen um seinen Gebrauch aber erst von da an für die Nachwelt erhalten.
Zur Zeit der Säkularisation verlor sich der Brauch und mit ihm der aus Gold und Silber getriebene Kauzenpokal. Seit 1802 weiß niemand mehr, wo das originale Trinkgefäß abgeblieben ist. Anders das Kauzenbuch. 1839 tauchte es wieder auf und kam in die Sammlung des erst kurz zuvor gegründeten Historischen Vereins von Unterfranken. Den ersten Band hatte zuvor ein Würzburger Rechtsanwalt besessen, der zweite Band kam als Geschenk eines aus Ochsenfurt stammenden Arztes, wie Meyer und von Freden in ihrem Buch berichten.
Zurück in die Erinnerung der Ochsenfurter brachte den Kauzenpokal der geistliche Lehrer und Chronist Johann Baptist Kestler. In seiner als Kestler-Chronik bekannten „Beschreibung von Ochsenfurt“ berichtete er 1845 erstmals über den Kauzenpokal und den mit ihm verbundenen Kauz. Zwei Jahre später erschien seine Abhandlung „Der Kauz von Ochsenfurt“.
Otto Meyer und Max Hermann von Freden beschreiben in ihrem Buch, wie in den folgenden Jahrzehnten immer erfolglos nach dem möglichen Verbleib des Kauzenpokals recherchiert wurde. In seiner einstigen Heimat Ochsenfurt war das Kauzenbuch nahezu in Vergessenheit geraten bis das Mainfränkische Museum die beiden Bände 1950 in seine dauernde Ausstellung aufnahm. Mittlerweile ist es wieder ins Depot gewandert. Die empfindlichen Farben der Illustration sind sehr lichtempfindlich, sagt Kunsthistorikerin Dr. Frauke van der Wall, zuständig für die kunsthandwerkliche Sammlung des Museums.
Zu neuem Ruhm kam der Ochsenfurter Kauz nach dem Zweiten Weltkrieg. Hugo Schülling, Goldschmied und Stadtrat, fertigte 1954 einen neuen Pokal aus Silber. Seitdem wird der Kauz im Rathaus aufbewahrt und der Tradition folgend, den Gästen der Stadt gereicht. Einmal im Jahr, bei der Kauzensitzung des Stadtrats am Jahresbeginn, hat auch gemeines Volk die Gelegenheit, aus dem Kauzen zu trinken.
Aquarellen und Zeichnungen
Mit der Umbenennung der ehemaligen Kloster-Brauerei zur Kauzen-Bräu erlebte das historische Trinkgefäß zusätzliche Würdigung, wenngleich früher vorwiegend Wein aus dem Kauzen getrunken wurde. Brauereibesitzer Dr. Heinz Pritzl war es auch, der in den 60-er Jahren die Veröffentlichung der Kauzenbücher ermöglichte und den Brauch so einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machte.
Zum neuen Kauzenpokal gab es auch wieder ein Kauzenbuch, in das sich jeder eintragen darf, der aus dem Kauzen getrunken hat. Die jüngsten Bände verdanken ihre künstlerische Gestaltung vor allem den Aquarellen und Zeichnungen von Günter Jäger.
Das Original des Kauzenpokals war nie im Rathaus, sondern immer im Besitz des Domkapitels und deshalb im Palatium verwahrt, sagt Stadtarchivar Wesselowsky. Deshalb findet zum 400. Jahrestag der Stiftung dort eine Kauzensitzung nach historischem Vorbild statt. Unter den Akteuren ist auch Freiherr Heiner von Zobel, der seine Ahnherrren vorstellen wird, die so eng mit dem Ochsenfurter Kauzen verbunden sind.
Die historische Kauzensitzung findet am Freitag, 18. November um 17 Uhr im Palatium in der Kellereistraße in Ochsenfurt statt. Der Eintritt ist frei. Wegen begrenzter Platzzahl wird um Anmeldung bei der Stadtverwaltung gebeten, Tel. 0 93 31/97-11. Am Samstag findet an gleicher Stelle ein Ausstellung zu dem Thema mit Bänden des Kauzenbuchs und Ausschnitten aus dem Original statt. Geöffnet ist von 11 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr.