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WÜRZBURG
Fußballer-Porträts zum Sammeln
Die Grafikerin Maria Martin mit einigen ihrer Werke aus dem Tschutti Heftli.
Foto: Patrick Wötzel | Die Grafikerin Maria Martin mit einigen ihrer Werke aus dem Tschutti Heftli.
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 27.04.2023 01:49 Uhr

Im „Tschutti Heftli“ entsteht beim Sticker sammeln und einkleben nicht nur ein Überblick über alle Mannschaften der Fußball-Europameisterschaft, sondern auch eine Kunst-Galerie zeitgenössischer Porträt-Gestaltung. Jede Mannschaft des Sticker-Albums zur Fußball-Europameisterschaft wurde von einem anderen Künstler gestaltet. Die Porträts der deutschen Mannschaft sind in Würzburg entstanden. Der österreichische Nationaltrainer Marcel Koller saß in der Jury des Wettbewerbs und hat die Arbeiten der Würzburger Grafikerin Maria Martin, 29, für das Sammelalbum ausgewählt.

Frage: Frau Martin, Sie durften die deutsche Nationalmannschaft für das „Tschutti Heftli“ zeichnen. Haben Sie eine persönliche Verbindung zum Fußball?

Maria Martin: Hauptsächlich über die Familie. Mein Opa und mein Vater sind Fußball-Fans, da habe ich früher schon öfter mal ein Spiel mit angeguckt. Ich muss jetzt aber nicht unbedingt ins Stadion gehen. Durch die Arbeit am „Tschutti Heftli“ werde ich mir bei der Europameisterschaft aber wahrscheinlich das eine oder andere Spiel anschauen.

Über 200 Künstler haben sich an dem Wettbewerb für das „Tschutti Heftli“ beteiligt. Was war die Aufgabe?

Martin: Da die Europameisterschaft in Frankreich stattfindet, musste man ein Porträt von Zinedine Zidane anfertigen. Ich habe im Internet davon erfahren, und da ich letztes Jahr im Sommer sowieso gerade eine Porträt-Serie gemacht habe, habe ich ganz kurz vor Abgabeschluss gerade noch rechtzeitig ein Zidane-Porträt eingeschickt.

Die 24 Sieger wurden von einer Jury ausgesucht, darunter auch zehn aus Deutschland. Wie kam es dazu, dass Sie die deutsche Nationalmannschaft porträtieren durften?

Martin: Die Erstplatzierten im Wettbewerb durften ihre Mannschaft auswählen. Ich habe mich natürlich für Deutschland entschieden, weil ich hier geboren bin und damit die meiste Identifikation mit der Mannschaft habe. Ich könnte mir auch vorstellen, beim nächsten „Tschutti Heftli“ wieder mitzumachen, weil es sehr viel Spaß gemacht hat.

In das „Tschutti“-Sammelalbum können – im Gegensatz zum kompletten Kader in den bekannten Panini-Alben – das Wappen, der Trainer und elf Spieler jedes Landes eingeklebt werden. Wer hat die Auswahl der Spieler getroffen?

Martin: Inzwischen sind es für Deutschland sogar zwölf, weil Benedikt Höwedes noch auf einen Zusatzbogen gekommen ist. Die einzelnen Spieler wurden von den Machern des Heftes vorgegeben. Marco Reus ist auch dabei, der ja jetzt leider bei der Europameisterschaft nicht spielen kann.

Marco Reus war auch der Spieler, der schwer darzustellen war? Wer waren ihre Favoriten beim Zeichnen?

Martin: Ja, auch wenn man das auf den ersten Blick nicht sieht. Wenn man Marco Reus realistisch zeichnen möchte und ganz genau hinschaut, erkennt man sein leicht asymmetrisches Gesicht. Es war gar nicht so leicht ihn so zu zeichnen, dass es nicht zu schief wird. Es war mir wichtig, dass man die Spieler sofort erkennt. Manuel Neuer habe ich am besten getroffen, glaube ich. Mesut Özil mag ich besonders, weil er so ein außergewöhnliches Gesicht hat.

Wie würden Sie Ihre Bilder selbst beschreiben?

Martin: Die Porträts sind in meinem persönlichen Stil und gehen eher in die künstlerische Richtung. Sie sind realistisch gezeichnet, aber mit meinem typischen Hintergrund und meinen persönlichen Stilmitteln. Ich arbeite viel mit Acryl- und Aquarell-Farben, um schöne Strukturen zu erzeugen. Etwas Krikselkraksel muss auch mit dabei sein. Ich denke man kann erkennen, dass die Bilder von mir sind.

Gibt es unter den Arbeiten Ihrer Kollegen im „Tschutti Heftli“ Bilder, die Ihnen besonders gut gefallen?

Martin: Mein Favorit sind die Porträts der italienischen Mannschaft von Janna Klävers. Ich sammle auch selbst und klebe die Bilder zusammen mit einer Freundin ein.

Reich wird man durch die Arbeit fürs „Tschutti Heftli“ wahrscheinlich nicht?

Martin: Es gab eine Aufwandsentschädigung und ein Preisgeld in Höhe von 500 Euro. Das ist für mich aber vollkommen in Ordnung, weil ich das Projekt für eine coole Sache halte, auch durch den karitativen Aspekt. Ich kann dadurch meinen Bekanntheitsgrad steigern. Ich hatte zum Beispiel eine Anfrage von einem großen „Tschutti“-Fan vom Niederrhein, der ein Porträt von Mario Götze bestellt hat. Bei mir kann man außerdem von jedem Bild zwölf Kunstdrucke kaufen.

Die Künstlerin und das Heftli

Maria Martin: Sie ist 29 Jahre alt, stammt aus Rudolstadt in Thüringen und kam durch ihr Kommunikationsdesign-Studium nach Würzburg. Seit 2014 arbeitet sie als selbstständige Grafikerin und Illustratorin. Ihre Werke sind unter www.mamind.de zu sehen.

Tschutti Heftli: Die „Tagesschau“ hat das aus der Schweiz stammende Sticker-Sammelalbum als „Kunst-Konkurrenz für Panini“ bezeichnet. Der Name „Tschutti Heftli“ kommt vom schweizerdeutschen Wort für „Kicken“. Für 1,50 Euro erhält man eine Tüte mit zehn verschiedenen Stickern, die in das Sammelalbum eingeklebt werden. Von jeder verkauften Tüte gehen 9 Cent direkt an „Terre des Hommes“.

2008 wurde das erste „Tschutti Heftli“ in der Schweiz aufgelegt, in Deutschland gibt es das Sammelalbum seit der Europameisterschaft 2012. Zur WM 2014 wurden in Deutschland und der Schweiz rund 2,5 Millionen Sticker verkauft. Das Projekt ist nicht gewinnorientiert, sondern versteht sich als Beitrag zur Fußball-Kultur jenseits von Mainstream und Kommerz. Wer sich in Unterfranken für das „Tschutti Heftli“ interessiert, ist auf das Internet angewiesen: „www.tschuttiheftli.de“. Es gibt (noch) keine Verkaufsstellen für Album und Bildertüten in der Region. PW

 
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