
Zu einem Gebet für die Flüchtlinge des Lagers Moria auf der griechischen Insel Lesbos hat die Gemeinschaft Sant'Egidio in der vergangenen Woche in die Marienkapelle Würzburg eingeladen. Sie wollte damit ein deutliches Zeichen inmitten der Stadt setzen für Solidarität mit all jenen, die durch den verheerenden Brand des Flüchtlingslagers alles verloren haben und nun auf der Straße lagern, heißt es in einer Pressemitteilung von Pfarrerin Angelika Wagner.
Im Rahmen dieses Gebetes brachte Oberbürgermeister Christian Schuchardt mit klaren Worten die Bereitschaft der Stadt Würzburg zum Ausdruck, sofort Flüchtlinge aus Lesbos aufzunehmen. Bereits Anfang vergangenen Jahres, so Schuchardt, habe die Stadt Würzburg im Verbund mit vielen anderen Städten als "Sicherer Seehafen" die Aufnahmebereitschaft signalisiert. Und sie stehe ausdrücklich dazu.
Der Stadtchef bezeichnete es – laut Pressemitteilung – als Schande für diesen Kontinent, dass Europa sich bis jetzt nicht auf Verteilmechanismen einigen habe können. Die Weigerung mancher europäischer Länder, auch nur einen Flüchtling aufzunehmen, sei unerträglich, genauso die Rechtfertigung der eigenen Untätigkeit oder weitgehenden Untätigkeit mit diesem Vorwand. "Ich appelliere an die Verantwortlichen Politiker, unverzüglich die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass diese Flüchtlinge zu uns kommen können", so Schuchardt.
Es müsse ein Ende damit sein, dass die europäischen Staaten internationales Recht und die Werte mit Füßen treten, auf denen ihre Gemeinschaft beruht, wie das Recht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit sowie das Recht auf Menschenwürde.
Hilfe auf Lesbos geleistet
Pfarrerin Angelika Wagner, die im Rahmen eines Programms der Gemeinschaft Sant'Egidio im August zusammen mit anderen Würzburgern und einem internationalen Team von Sant'Egidio einen "Alternativurlaub" auf Lesbos verbracht hat, um den Flüchtlingen zu helfen und um ein menschliches Gesicht Europas zu zeigen, sprach von der "brennenden Hölle" Moria. Sie erinnerte an die Worte Jesu zu seinen Nachfolgern, die eine große, hungrige Menschenmenge wegschicken wollten: "Sie brauchen nicht wegzugehen. Gebt ihr ihnen zu essen."
Deutschland habe wahrhaft mehr zu bieten als die fünf Brote und zwei Fische im Evangelium, mit denen 5000 Männer und dazu noch Frauen und Kinder satt wurden, heißt es in er Pressemitteilung:. Viele Flüchtlinge, die in den vergangenen Jahren nach Würzburg gekommen seien, seien inzwischen Teil der Stadt und eine Bereicherung – wie im Evangelium am Ende zwölf Körbe übrig blieben. Wagner rief in Anklang an die Mythologie von Phönix aus der Asche dazu auf, aus der Asche von Moria könne und müsse eine neue Menschlichkeit auferstehen und Deutschland müsse deshalb umgehend Flüchtlinge aufnehmen.
Solidarisches Europa
Die Bereitschaft in den Kommunen, den Kirchen und in der Zivilbevölkerung, Menschen aufzunehmen, sei groß. Franziska Müller, Studierende, die ebenfalls im Team auf Lesbos dabei war, beschrieb anhand eindrücklicher Bilder die Situation im Camp vor und nach dem Brand sowie den Einsatz von Sant'Egidio vor Ort, der ein solidarisches Europa zum Ausdruck bringen wollte.
Seit Jahren setze sich die Gemeinschaft Sant'Egidio mit den "Humanitären Korridoren" für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Moria und anderen griechischen Lagern in Europa ein und könne von zahlreichen Erfolgsgeschichten der Integration berichten, heißt es im Pressetext. So richtet Müller sich mit einem Appell an alle Länder der Europäischen Union, unverzüglich die Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen. Bis zur Verteilung der Flüchtlinge müssten die nun Obdachlosen sofort in gut ausgestattete und fest angelegte Lager mit entsprechenden Einrichtungen umgesiedelt werden, um weitere Dramen der Verzweiflung zu vermeiden. Den auf der Insel anwesenden Hilfsorganisationen müsse freier Zugang gewährt werden, damit sie den Flüchtlingen sofortige Hilfe anbieten können.