Der frühere Postminister Wolfgang Bötsch ist tot. Der CSU-Politiker starb am Samstag im Alter von 79 Jahren in seiner Heimatstadt Würzburg, wie am Sonntag bekannt wurde. Bötsch war von 1993 bis 1997 letzter Bundesminister für Post und Telekommunikation. Er trieb die Umwandlung von Telekom, Postbank und Postdienst in Aktiengesellschaften voran und schaffte so sein eigenes Ministeramt ab.Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) würdigte Bötsch als einen hochgeschätzten Weggefährten und klugen Ratgeber.
Unterfränkische Weggefährten trauern
Auch in unterfränkischen CSU-Kreisen ist die Trauer groß. Sie sei „sehr betroffen“, sagte Barbara Stamm im Gespräch mit dieser Redaktion. Bötsch und die aus Würzburg stammende Landtagspräsidentin kannten sich seit Jahrzehnten: 1972 zogen beide gemeinsam in den Würzburger Stadtrat ein. „Aus der jahrelangen gemeinsamen Arbeit ist auch eine gute Freundschaft abseits der Politik entstanden“, so Stamm. Ob private Schafkopfrunden oder Schiffsreisen im gemeinsamen Freundeskreis – auch nachdem Bötsch aus der aktiven Politik ausgeschieden war, hätten sie „sehr viel Kontakt“ gehabt, so Stamm.
Immer wieder werden am Sonntag Bötschs Verdienste um seine Heimat betont. Er war ein „toller Minister“, der „viel für Würzburg und die Region erreicht“ hat, meint etwa Paul Lehrieder. Der Würzburger CSU-Abgeordnete trauert laut eigenen Worten um seinen „politischen Ziehvater“. Lehrieder holte bei der Bundestagswahl 2005 erstmals das Direktmandat in Würzburg, nachdem Bötsch nicht mehr kandidiert hatte. „Er hat mir damals im Wahlkampf geholfen und mir danach den Anfang in Berlin erleichtert“, sagt Lehrieder über seinen Vorgänger. So habe er von Bötsch etwa dessen Berliner Wohnung übernehmen können.
Er konnte mit den Leuten reden
Als Bötsch 22 Jahre früher, im Januar 1993, Postminister wurde, hob er selbstironisch zwei Dinge hervor: Er könne Briefmarken kleben und telefonieren. Der Unterfranke mit seiner urigen und bodenständigen Art entsprach nicht gerade dem Bild eines Politmanagers, der eine der größten Privatisierungsaktionen in der Geschichte der Bundesrepublik über die Bühne brachte. Kanzler Helmut Kohl (CDU) habe ihm damals gesagt: „Sie können mit den Leuten reden.“ Mit Verhandlungsgeschick und gegen die Postgewerkschaft brachte Bötsch die Liberalisierung Schritt für Schritt bis zur vollständigen Öffnung des Telekommunikationsmarktes voran. Seine fünf Jahre als Minister seien anstrengend und kompliziert gewesen, sagte Bötsch zu seiner Verabschiedung aus dem Amt. Aber er habe Weichen gestellt und seinen Reformauftrag erfüllt.
Am Tag nach Bötschs Tod herrscht auch beim politischen Gegner Betroffenheit. „Ich bin sehr traurig“, sagt der Würzburger SPD-Politiker Walter Kolbow. „Wir waren immer per Sie, aber eigentlich per Du“, beschreibt der 73-Jährige sein besonderes Verhältnis zu seinem Weggefährten. „Wir haben uns sehr gemocht, aber gewusst, dass wir unterschiedlichen Parteien angehören.“ Kolbow war bis 2005 Parlamentarischer Staatssekretär. Im selben Jahr kehrte Bötsch der Politik den Rücken. „Es gibt ein Leben nach dem Mandat“, sagte der zweifache Vater damals.
"Ich habe einen echten Freund verloren"
1976 war Bötsch erstmals in den Bundestag eingezogen. Mit ihm ein anderer Unterfranke: Michael Glos. „Ich habe nicht nur einen Parteifreund, sondern einen echten Freund verloren“, sagt der 72-jährige Ex-Bundeswirtschaftsminister im Gespräch mit der Redaktion hörbar bewegt. Immer wieder habe er den schwer erkrankten Bötsch im Krankenhaus besucht, bis zuletzt habe er ihn regelmäßig angerufen. „Am Ende waren es nur noch sehr kurze Gespräche“, so Glos. „Ich glaube aber, es hat ihn gefreut, dass er nicht vergessen wurde.“
Dennoch schieden wir versöhnt: Als ich ihn kürzlich nach dem Tod Helmut Kohls anrief,hätte ich fast gewettet, dass er nicht mit mir spricht. Doch er stand mir (ganz Profi) zwanzig Minuten Rede und Antwort, charmant und witzig und anekdotenreich wie früher - um das Gespräch so bärbeißig zu beenden wie man ihn kannte: „So, jetzt habe ich genug gesagt. Jetzt machen Sie was daraus. Sie schreiben ja eh, was Sie wollen!“ Mehr Lob konnte man von Wolfgang Bötsch nicht bekommen.