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WÜRZBURG
Friedenspreis: Burkhard Hose im Porträt
Ombudsrat und Mitglied im Bündnis für Zivilcourage: Burkhard Hose (rechts außen) geht konkreten Fällen von Diskriminierungen in Würzburg nach. Dass er an der Seite vieler Menschen für mehr Gerechtigkeit kämpfen kann, gibt ihm Kraft. Mit im Bild die Ombudsräte (von links) Stefanie Köster, Harald Ebert, Stefan Lutz-Simon und Aron Schuster.
Foto: Pat Christ | Ombudsrat und Mitglied im Bündnis für Zivilcourage: Burkhard Hose (rechts außen) geht konkreten Fällen von Diskriminierungen in Würzburg nach.
Pat Christ
Pat Christ
 |  aktualisiert: 13.07.2014 20:56 Uhr

Helles Hemd und Bluejeans – auf der Straße würde niemand, der ihn nicht kennt, vermuten, dass Burkhard Hose Priester ist. Der aus Hammelburg stammende 47-Jährige, dem am kommenden Sonntag, 20. Juli, der Würzburger Friedenspreis verliehen wird, ist nicht nur ein ungewöhnlicher Pfarrer. Sondern auch einer, der sich in ungewöhnlicher Weise engagiert. Zum Beispiel für Flüchtlinge. Bereits Mitte der 80er Jahre befasste er sich im Priesterseminar mit „Asylanten“ – so der damalige Sprachgebrauch.

Damals gab es noch keinen schier uneinnehmbaren Grenzwall um die „Festung Europa“ herum. Man hörte noch nicht so viel von Flüchtlingsdramen im Mittelmeer. Abgesehen davon waren viele Probleme und Themen den heutigen ähnlich. „Für eine Themenausgabe des 'Schaukastens', wie damals die Zeitschrift des Priesterseminars hieß, befassten wir uns mit der Problematik von Essenspaketen und Residenzpflicht“, erinnert sich Hose. Das war 1987. Genau 25 Jahre später hatte der Seelsorger so nah wie bis dahin noch nie mit dem Thema „Asyl“ zu tun: Die Katholische Hochschulgemeinde (KHG), wo er als Pfarrer tätig ist, entschloss sich, einem Flüchtling Kirchenasyl zu gewähren.

Eine mutige Sache, wird doch Kirchenasyl mitunter nachgerade kriminalisiert. Burkhard Hose und Elisabeth Wöhrle, seine Kollegin von der KHG, bereiteten das Asyl sorgfältig vor: „Wir sprachen mit dem Staatsanwalt, mit Anwälten und Richtern.“ Erst dann trafen sie sich mit Ebrahim Akmel Temam, dem die Abschiebung nach Malta drohte. Lange war sich Burkhard Hose unsicher: Wird diesem Menschen durch das Kirchenasyl tatsächlich geholfen? Im Rückblick kann er sagen: „Ja, es war eine gute Entscheidung.“ Heute ist der 22-Jährige geduldet. Seit Sommer letzten Jahres lebt er außerhalb der Gemeinschaftsunterkunft. Oft kommt er in die KHG zu Besuch.

Vielen Menschen, die am Ortsrand Würzburgs untergebracht sind, geht es ähnlich schlecht, wie es damals Ebrahim ging. Dies zu wissen, war auch zur Zeit des Kirchenasyls ein schreckliches Dilemma. „Menschen aus der Gemeinschaftsunterkunft kamen zu uns in die KHG und saßen hier im Foyer“, so Hose. Voll Hoffnung, ebenfalls Hilfe zu erhalten.

Herausforderung Kirchenasyl

Viele von ihnen schienen in einer ähnlichen Krise wie Ebrahim zu stecken. Viele hätten dringend Hilfe benötigt. Hose: „Doch wir haben 'Nein’ sagen müssen.“ Noch immer ist die KHG nicht so weit, einem weiteren Flüchtling Kirchenasyl gewähren zu können. Denn das ist eine immens anstrengende Sache. Doch Burkhard Hose und Elisabeth Wöhrle beraten heute Gemeinden, die über ein Kirchenasyl nachdenken. Das tun immer mehr: „Seit Jahresbeginn nahmen die Beratungsanfragen immens zu.“

Im Würzburger Ombudsrat engagiert sich Burkhard Hose gegen Diskriminierung. Menschen, die sich, in welchen Situationen auch immer, abgewertet und benachteiligt fühlen, können sich an ihn und die anderen Ombudsräte wenden. Der Rat nimmt sich der Anliegen an, geht den geschilderten Fällen nach und klärt über Diskriminierung auf. Auch das ist Friedensarbeit. „Für mich ist überhaupt jeder Einsatz für Gerechtigkeit Arbeit für den Frieden“, unterstreicht Burkhard Hose.

Wer heiße Eisen anpackt, schwebt in Gefahr, sich die Finger zu verbrennen. Der Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit, bestätigt der Priester, katapultiert schnell in konfliktgeladene Situationen hinein. Eine harmonische Spielwiese, so Hose, biete ernst gemeintes Friedensengagement ganz und gar nicht.

Immer wieder die Finger in die Wunde zu legen, immer wieder Stellung zu beziehen, das ist ungeheuer anstrengend. Kraft holt sich Burkhard Hose aus dem Gefühl des Verbundenseins mit vielen Mitstreiterinnen und Mitstreitern. „Ich bin kein einsamer Rufer“, betont er.

Dass es in Würzburg eine starke Allianz ganz unterschiedlicher Menschen gibt, die Ungerechtigkeiten nicht widerspruchslos hinnehmen, hilft Burkhard Hose über so manchen Frust hinweg. Kraft gibt ihm aber vor allem auch seine Spiritualität. Das Evangelium ist für Burkhard Hose hochpolitisch in seiner Parteinahme für alle, denen Unrecht geschieht. Und in seinem Appell, sich für Gerechtigkeit zu engagieren. Es dient für ihn nicht dazu, „ewige Wahrheiten“ zu transportieren: „Das Evangelium ist immer im Kontext der Zeit zu verstehen und reagiert stets auf das, was gesellschaftlich gerade aktuell ist.“

 
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  • sind doch weitaus mehr Menschen als die Asylbewerber in diesem Land, denen nach unserem GG nur Schutz vor politischer Verfolgung zusteht.
    Ich kenne diesen Priester nicht, aber wo bleiben bei ihm all die anderen Menschen, denen er ebenfalls als Seelsorger verpflichtet ist? Da lobe ich mir doch so manchen anderen Pfarrer, der als Seelsorger sich um seine Gemeinde kümmert anstatt seine politische Überzeugung als gut bezahlter kath. Priester "unter die Menschen bringt". Ich frage mich, ob die Kath. Kirche diesen Privatfeldzug finanzieren muss und Herrn Hose nicht anhalten sollte, sich der Arbeit zu widmen, für die er bezahlt wird - nämlich für den Dienst an seiner Gemeinde.
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  • peter.lelowski@web.de
    sondern mutiges Eintreten für das Evangelium, auch wenn Andere davon nur Friede Freude Eierkuchen erwarten. Das Kreuz ist das Gegenteil von Gutbürgerlichkeit.
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  • Und das nicht im positiven Sinn, er spaltet dadurch.
    Wer Wahlkampf in der Kirche für eine bestimme Partei/politische Richtung macht, der stößt Gläubige die den politischen Vorstellungen von Hw. Hose nicht entsprechen vor dem Kopf. Wer offiziell eine bestimmte Partei im Wahlkampf unterstützt, der verärgrter die die nicht diese Partei wählt. Sollte ein Pfarrer nicht eine gewisse politische Neutralität bewahren?
    Wer auf Grund seiner persönlichen, individualistischen Vorstellungen die hl. Messe so "zelebriert" dass sie nicht wie sonst auf der ganzen Welt gleich ist, der vergrault diejenigen die der Weltkirche angehören. Sollte ein katholischer Pfarrer nicht allumfassend sein?
    Zum Frieden gehört es auch diejenigen einzubeziehen die eben nicht explicit links sind, und das kann Pfarrer Hose nicht. Warum? Evtl. ist zu sehr in seiner Weltbild gefangen. Ob das wirklich friedensstiftend ist? Fragwürdig, liebe Mainpost-Redaktion, oder?
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