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WÜRZBURG
Freiwillig im Knast: Besuch bei künftigen Vollzugsbeamten
Gitter-Test mit dem Hammer: Inspektor Georg Siedler (rechts) mit Anwärtern für den Justizvollzugsdienst bei einer Haftraum-Kontrolle in Würzburg. Foto: Franz Barthel
Foto: Franz Barthel | Gitter-Test mit dem Hammer: Inspektor Georg Siedler (rechts) mit Anwärtern für den Justizvollzugsdienst bei einer Haftraum-Kontrolle in Würzburg. Foto: Franz Barthel
Franz Barthel
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:39 Uhr

Warum nimmt ein Justizvollzugsbeamter zur regelmäßigen, nicht angekündigten „Haftraum-Kontrolle“ immer auch einen Hammer mit in die Zelle? Inspektor Georg Siedler, im Würzburger Knast für Ausbildung zuständig, erklärt es Anwärtern aus der Justizvollzugsakademie Straubing, künftigen Kollegen, mit einigen sanften Hammerschlägen: Man merke es sofort am Klang, wenn ein Gitterstab oder mehrere zur Fluchtvorbereitung angesägt sind.

Die Anwärter haben ihren 18-monatigen Vorbereitungsdienst zum zweiten Mal für zehn Wochen praktische Ausbildung in einer Justizvollzugsanstalt (JVA) unterbrochen. Was sind das eigentlich für Leute, die freiwillig hinter Gitter gehen und dann meist viel länger als Verurteilte bleiben? Leute, die „draußen“ keinen Job bekommen haben, vermutet man und liegt damit voll daneben, so der Leitende Regierungsdirektor Robert Hutter, Chef der Würzburger JVA: Die meisten Bewerber haben bereits einen Beruf, suchen aber Sicherheit auf Dauer bei angemessener Bezahlung und was auch reizt, sei die Vielseitigkeit des Berufes. Die 13 Praktikanten, überwiegend aus Unterfranken, darunter vier Frauen und ein Mann mit Migrationshintergrund, waren vorher zum Beispiel Zeitsoldat, Bauzeichner, Büroangestellte, Mechatroniker, Disponent und Arzthelferin.

Von wegen „Wärter“ und „Schließer“

Wer eine gewisse Schärfe ins Gespräch mit JVA-Beschäftigten bringen will, muss nur mal von „Wärter“ sprechen oder von „Schließer“. Da stellen sich bei ihm sofort die Nackenhaare, sagt Georg Siedler. Die JVA sei kein Zoo, mit „Wärter“ würden auch die Gefangenen beleidigt und im Zoo gebe es auch schon lange keine Wärter mehr, sondern nur noch Tierpfleger. Mit Wärter oder Schließer, der angeblich gegen gute Bezahlung nichts anderes macht als Türen auf- und zuschließen, werde fahrlässig oder auch bewusst ein Beruf diskriminiert, in dem über den Aspekt der Sicherheit hinaus immer mehr die Wiedereingliederung des Gefangenen in die Gesellschaft an Bedeutung gewinnt, so Robert Hutter.

Zum Beruf eines Vollzugsbediensteten gehöre mehr als nur das Wegsperren, nämlich der angemessene Umgang mit den Inhaftierten, Vertrauen aufbauen, Hilfestellung geben, etwa beim Ausfüllen von Anträgen. Es komme auch immer wieder vor, dass Bedienstete für private Angelegenheiten von Gefangenen um Rat gebeten werden, da Angehörige draußen in Freiheit sich von den Inhaftierten abgewandt haben.

Und warum ist dann das Bild vom Justizvollzugs-Beamten in der Öffentlichkeit leicht verzerrt bis verschwommen? Der Knast-Chef meint, es werde durch die Fernseh-Krimis geprägt „und die bringen ein Berufsbild ja ebenso wenig realistisch rüber wie eine Schwarzwald-Klinik den echten Krankenhaus-Alltag“.

Die Hürden warten in den Sporthallen

Die bayerische Justiz mit 36 Vollzugs-Anstalten benötigt im Jahr durchschnittlich „150 + x“ Bewerber für den Vollzugsdienst. Die ersten fünf Hürden, vor schriftlichen und mündlichen Arbeiten, stehen in den Sporthallen der Justizvollzugsanstalten. Wer da schlappmacht oder Vorgaben nicht erfüllt, ist bereits draußen aus dem Auswahlverfahren.

Was wird gefordert? 16 Liegestütze zum Beispiel in 45 Sekunden bei den Männern, neun bei den Frauen, Pendellauf mit zu überspringendem Hindernis, 23 (18) Sit-ups in 45 Sekunden und der sogenannte Cooper-Test zum Überprüfen der Ausdauer. Verlangt werden da innerhalb von zwölf Minuten 34 Runden um ein Volleyballfeld (18 mal neun Meter).

Zur Sportprüfung sind von 27 angemeldeten Bewerbern am Samstagvormittag nur elf erschienen, am Sonntag von 24 nur zehn. Woran liegt?s, dass die am Knast schon nicht mehr interessiert sind? Georg Siedler vermutet, dass die Leute zum Teil schon jahrelang keinen Sport mehr gemacht haben und deswegen, als sie gelesen haben, was von ihnen erwartet wird, „ausgestiegen“ sind.

Nur ein Bewerber fiel durch

Durchgefallen ist beim Fitnesstest in Würzburg von den 21 Bewerbern nur einer. Fazit: Wer einen richtigen Gefängnis-„Wärter“ erleben will, sollte nicht im Würzburger Knast nach einem Tag der Offenen Tür, sondern in Theatern der Umgebung nachfragen, wann wieder mal die „Fledermaus“ von Johann Strauß auf dem Spielplan steht, häufig übrigens an Silvester. Da kann man sich dann köstlich, im dritten Akt, über den Gefängnis-Wärter Frosch mit seiner die Zellen desinfizierenden Sliwowitz- Fahne amüsieren.

 
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