
Beim 2. Fränkischen Paraballooning im Riedenheimer Ortsteil Oberhausen kommen am Pfingstwochenende Ballonfahrer und Fallschirmspringer zusammen. Die besten deutschen Ballonfahrer und die Creme des Fallschirmspringersports treffen sich dort zu einem gemeinsamen Wettbewerb, wie es ihn so kein zweites Mal in Süddeutschland gibt.
Bei insgesamt fünf Wettfahrten gehört die Lufthoheit über dem Ochsenfurter Gau an diesem Wochenende zweifellos den 21 beteiligten Teams. Veranstalter sind der Fallschirmsportclub Oberhausen und der Verein Würzburger Ballonfahrer.
Der nach amtlicher Zählung 25 Einwohner zählende Ortsteil von Riedenheim ist eine Hochburg des Fallschirmsports, der vor 35 Jahren gegründete Fallschirmsportclub sogar Ausbildungszentrum des bayerischen Landesverbands. 52 aktive Springer gehören dem Club an.
Eng verwoben ist die Geschichte des Vereins mit dem Namen Scheuermann. Franz Scheuermann senior war Fallschirmspringer im Zweiten Weltkrieg. Und obwohl diese Zeit für ihn mit vielen schlimmen Erlebnissen verbunden war, kam er von der Springerei nicht mehr los. Das Gen hat er an seine vier Söhne vererbt, und auch deren fünf Kinder haben sich dem Sport verschrieben.
Sohn Franz ist Vorsitzender des 1982 gegründeten Fallschirmsportclubs. „Wer einmal am Fallschirm hing, der kommt nicht mehr davon los“, sagt er. Der inzwischen 65-Jährige absolviert noch immer rund 80 Sprünge im Jahr, und will auch so schnell nicht davon lassen.
Während die Landung zu seinen Anfangszeiten noch einem Sprung aus fünf Meter Höhe gleichkam, erlauben es moderne Flächenschirme, die Fallgeschwindigkeit auf nahezu Null abzubremsen. Eine durchschnittliche Fitness reiche deshalb heute aus, um bis ins hohe Alter springen zu können.
Trotzdem haftet dem Sport der Ruch extremer Gefahr an. Zu Unrecht, wie Franz Scheuermann meint. Wegen sicherer Technik und weil jedem ersten Sprung eine intensive Ausbildung vorausgeht, sei das Risiko, sich beim Fallschirmspringen schwer zu verletzten oder gar zu Tode zu kommen, auch statistisch gesehen geringer als beim Skifahren oder Radfahren. „Fallschirmspringen ist heute eine der sichersten Sportarten, gleich nach Hallen-Jojo“, scherzt er.
Davon blieb Franz Scheuermann auch noch überzeugt, als sein jüngster Bruder Gerhard 1980 beim Springen zu Tode kam. Ein technischer Fehler war damals Ursache des fatalen Unfalls. Mit moderner Ausrüstung könne dies nicht mehr passieren.
Franz Scheuermanns Sohn Markus reicht es inzwischen längst nicht mehr aus, sich nur aus dem Flugzeug zu stürzen und nach ein paar Minuten weich auf einer Wiese zu landen. Vor etwa zehn Jahren hat er sich dem Swooping zugewandt – „der Formel eins des Fallschirmspringens“, wie der inzwischen 32-Jährige sagt.
Sein rechteckiger Flächenschirm, ähnlich aufgebaut wie eine Luftmatratze, misst dabei nicht einmal zehn Quadratmeter. Dessen Profil ähnelt dem eines Flugzeugflügels und sorgt deshalb bei ausreichender Geschwindigkeit für zusätzlichen Auftrieb.
Den braucht Markus Scheuermann, wenn er beim Swooping mit über 100 Stundenkilometern auf die Grasnarbe zusteuert und den Schirm im letzten Augenblick in die Waagrechte abdreht. In einer Höhe von maximal eineinhalb Meter gilt es dann, möglichst weit oder möglichst schnell zu fliegen.
Markus Scheuermann schafft Geschwindigkeiten von bis zu 140 Stundenkilometern und Distanzen bis zu 160 Metern und brachte es damit schon zum deutschen Meistertitel und vorderen Plätzen bei europäischen Titelkämpfen. Zusammen mit den 40 besten Swoopern der Welt ist er heuer für die World Games der nicht-olympischen Sportarten qualifiziert, die im Juli in Breslau stattfinden.
Wenn sich Markus Scheuermann am Pfingstwochenende mal nicht aus dem Flugzeug, sondern aus dem Korb eines Heißluftballons stürzt, ist vor allem seine Zielsicherheit gefragt. Beim Paraballooning muss der Ballon-Pilot verschiedene Aufgaben erfüllten, etwa verschiedene Ziele punktgenau ansteuern oder eine vorgegebene Strecke möglichst schnell oder möglichst langsam durchfliegen.
Zwischendurch muss er seinen Ballon in eine Höhe von mindestens 1000 Metern steuern, um den Springer sicher abzusetzen, der dann ein am Boden markiertes Zielfeld erreichen muss.
Beim ersten Paraballooning in Oberhausen 2015 waren an den Veranstaltungstagen insgesamt 2500 Besucher auf den Vereinsflugplatz gekommen. Auch diesmal rechnet Clubvorsitzender Franz Scheuermann mit einem ähnlich guten Zulauf und erhofft sich davon Werbung für seinen Sport. Der leide nämlich zu Unrecht unter einem elitären Image. Als Hobby betrieben sei Fallschirmspringen nicht teurer als Skifahren oder Tennisspielen.
Am Pfingstwochenende gehört der Himmel über Oberhausen den Profis. Mitglieder der deutschen Ballonflug-Nationalmannschaft sind unter den Teilnehmern und sogar Teams aus dem Ausland. In ihren Hochleistungsballons ist für Passagiere kein Platz. Auch Tandemsprünge können während des Wettkampfgeschehens nicht angeboten werden. Dazu allerdings besteht nach Anmeldung das ganze Jahr über Gelegenheit, sagt Franz Scheuermann.