Kurz vor Weihnachten gibt es keine frohe Botschaft für 25 000 Investoren, die Geld in Fonds der Frankonia-Gruppe angelegt hatten: Ab 22. Dezember sitzen fünf Verantwortliche des Finanzberater-Unternehmens in Würzburg auf der Anklagebank. Es geht um Betrug und Untreue mit mutmaßlich 51 Millionen Euro Schaden. „Die Verluste für die Anleger dürften ein Mehrfaches dessen betragen“, sagt ein Insider, der aktuelle Zahlen kennt. Die Angeklagten sollen sich für Geschäfte der Folgefirmen Deltoton sowie CSA 4 und 5 rechtfertigen.
Im Internet hagelt es Beschimpfungen und Drohungen enttäuschter Kunden gegen die fünf Führungskräfte, die Millionen in die eigene Tasche umgeleitet haben sollen. Sie sitzen seit 2014 in Untersuchungshaft – darunter die Brüder Thomas und Michael Gerull sowie Slobodan C. (bekannt als Sponsor aus dem Motor-Rennsport).
An ihn hatte Mitbegründer Elmar Borrmann 2009 seine Anteile verkauft. Er ist nicht angeklagt – obwohl die Anklage sagt: Es sei den Männern an der Spitze „von Anfang an“ darauf angekommen, „sich unrechtmäßig an den einbezahlten Geldern zu bereichern“. Borrmann nennt den Verdacht „schlicht abwegig“.
„Ein schmaler Grat“
Ein Teil der Verteidiger wollte sich vor Prozessbeginn auf Anfrage nicht äußern oder war nicht erreichbar. „Im Hinblick auf die im Strafprozess geltende Unschuldsvermutung und der Komplexität der Materie verbietet sich gerade auch in diesem Strafverfahren jede öffentliche Vorverurteilung,“ warnte Peter Möckesch, Verteidiger von Michael Gerull, auf Anfrage. „Im Wirtschaftsleben ist es meist ein schmaler Grat, ob Entscheidungen von Führungskräften oder Geschäftsvorfälle noch unglücklich oder schon strafrechtlich relevant sind. Es wird Aufgabe des Gerichts sein, darüber zu befinden.“
Zuletzt residierte die Beraterfirma im 30 Meter hohen Beton-Ei im Mainfrankenpark vor den Toren Würzburgs – einem Kino-Gebäude, das schon einmal im Zentrum eines Finanzskandals stand. Auch der Kauf dieser Immobilie soll im Prozess näher beleuchtet werden. Das Gleiche gilt für dubiose Geldbewegungen um eine Immobilie in Köln. Laut Anklage sollen Kosten für einen Dienstwagen der Edelmarke Maserati schon ein Geschäftsführergehalt fast aufgefressen haben. Von großzügigen Gehältern und Spesen abgesehen, sollen sich Verantwortliche auch Darlehen in fünfstelliger Höhe vom Geld der Kunden genehmigt haben.
„Bis zum letzten Pfennig“
Tausende Kunden, die in ihre Alterssicherung investieren wollten, wurden (teils von Verkaufsprofis der ebenfalls insolventen Futura-Finanz) mit hohen Zinsen gelockt. Einer sagte schon 2004 gegenüber dem ARD-Magazin PlusMinus: Ziel sei, „den Kunden auszurauben bis zum letzten Pfennig“. Zwei Verbraucherschutz-Zentralen, die Stiftung Warentest und Fachmagazine wie das Handelsblatt warnten seit der Jahrtausendwende: Das Konzept sei nicht seriös.
Die Frankonia und ihre Tochterfirmen warben unverdrossen – nicht nur mit Promis an der Firmenspitze, auch mit Lothar Späth und Ex-Wirtschaftsminister Günter Rexrodt. Im Vorstand saß Rudolf Döring, Bruder des FDP-Wirtschaftsministers von Baden-Württemberg – alles Politiker, die für die Privatisierung der Altersvorsorge eintreten. Sogar Ex-Generalbundesanwalt Alexander von Stahl saß zeitweise im Aufsichtsrat. Dessen Aufgabe ist es, die Geschäftsführung zu kontrollieren.
Einige Angeklagte lästerten am Telefon ungehemmt übereinander, wie gierig mutmaßliche Komplizen Gelder abzweigten. Und Ermittler hörten dabei am Ende interessiert mit, wie unsere Redaktion erfuhr.