zurück
WÜRZBURG
Frankenhalle: Eine Spielstätte nicht nur für Avantgarde
Alte Halle, neues Theater: Hinter den Türen der ehemaligen Viehauktionshalle würde das Mainfranken Theater gerne neue Formate und Formen ausprobieren.JULIA SINNER
Foto: Foto: | Alte Halle, neues Theater: Hinter den Türen der ehemaligen Viehauktionshalle würde das Mainfranken Theater gerne neue Formate und Formen ausprobieren.JULIA SINNER
Von unserem Redaktionsmitglied Karl-Georg Rötter
 |  aktualisiert: 05.07.2012 12:04 Uhr

Seit fünf Jahren wird über die Zukunft des in die Jahre gekommenen, dringend sanierungsbedürftigen Mainfranken Theaters diskutiert. Endgültige Entscheidungen aber hat die Politik nur teilweise getroffen. Insbesondere ist noch nicht abschließend geklärt, wie und wie lange das Theater die Frankenhalle als Übergangs- beziehungsweise dauerhafte Zweitspielstätte nutzen soll.

Bei diesen politischen Debatten spielt natürlich auch das Geld eine ganz wesentliche Rolle. Immerhin wird die Sanierung des Theatergebäudes etwa 25 Millionen Euro kosten, um die Frankenhalle für einen Theaterbetrieb tauglich zu machen, müssen wohl zehn Millionen Euro ausgegeben werden.

Bei alldem kommt für Theaterintendant Hermann Schneider und Theater-Geschäftsführer Klaus Heuberger aber in der öffentlichen Diskussion ein wesentlicher Aspekt zu kurz: die inhaltliche Seite des Theaterbetriebs während und nach der Sanierung. Für beide ist klar: Die Sanierungsphase wird Auswirkungen auf das Theater der folgenden Jahrzehnte haben. Denn Theater kann und darf die Veränderungen in der Gesellschaft nicht ignorieren und muss junges Publikum anlocken und auf Dauer an sich binden.

„Wir machen das ja jetzt schon“, sagt Schneider und verweist auf Inszenierungen wie „Goscior“, den stets ausverkauften Poetry Slam oder Kooperationen mit dem Jugendkulturhaus Cairo, Universität und Musikhochschule. Gleichzeitig ist er aber auch sicher, dass die Frankenhalle noch mehr andere Aufführungsformate ermöglichen würde – während der Sanierung und vor allem danach.

Schneider, vor kurzem in den Rundfunkrat des bayerischen Rundfunks gewählt, vergleicht das Theater mit einem Radiosender, der mit seinen unterschiedlichen Spartenprogrammen verschiedene Hörergruppen zu erreichen versucht. Das Theater, so Schneider, müsse alle Spartensender auf einmal bedienen. Und Heuberger sagt: „Wir haben nicht nur ein Publikum“.

Alle diese Spartensender möchte und muss das Theater in zwei Jahren, wenn die Sanierung beginnen soll, in der Frankenhalle zusammenfassen. Um im Radio-Bild zu bleiben: Nach der Sanierung würde am Faulhaber-Platz Bayern eins, vier und fünf gespielt, während im Alten Hafen Bayern zwei und drei liefe. In der Hafen–Dependance sollten beispielsweise Rockmusical, zeitgenössisches Ballett oder neue Schauspielformate die Basis bilden, was aber keineswegs ausschließt, dass man dort auch Stücke für das eher traditionell orientierte Publikum anbietet. Schneider hält es für denkbar, hier „Shakespeare wie zu seiner Zeit“ aufzuführen und betont ausdrücklich: „Das Angebot in der neuen Halle hört nicht bei jungen Leuten auf, es soll auch die älteren Theaterbesucher ansprechen.“

Schneider sieht die Chance, in der Frankenhalle Theaterformen auszuprobieren, die bisher nicht möglich sind: Bühne in der Mitte und Publikum außen herum oder Publikum in der Mitte und die Schauspieler agieren auf mehreren Flächen darum herum. Der Reiz dabei: Die Distanz zwischen Publikum und Bühnen wird aufgehoben. Der Intendant kann sich auch Projekte vorstellen, die das Publikum direkt einbeziehen. Denkbar seien auch Bandwettbewerbe, deren Sieger beim Hafensommer auftreten oder bei einer Produktion des Theaters mitwirken darf. Alles bislang im alten Theater nicht möglich.

Wie lässt sich das alles in der Frankenhalle realisieren? Keine Frage, so der Theaterchef, es sei zusätzliches Personal notwendig, wenn die Frankenhalle als zweite Spielstätte hinzukommt. Acht bis zehn zusätzliche Stellen im künstlerischen und technischen Bereich hält er für notwendig.

Geplant sind in der Frankenhalle pro Spielzeit vier Produktionen mit je 15 bis 20 Vorstellungen, das heißt auf dem Spielplan stehen 60 bis 80 Aufführungen mehr. Jede Produktion wird etwa drei Wochen am Stück gespielt, so dass keine zeit- und personalaufwändigen Umbauten notwendig sind. Während das Theater also die Halle etwa vier Monate belegen würde, könnte sie für die restliche Zeit zur Vermietung auf dem Markt angeboten werden und zusätzliche Einnahmen generieren.

Dass solche Modelle funktionieren, weiß Schneider aus anderen Städten. In Regensburg habe man das Velodrom als Ausweichspielstätte eingerichtet, das heute dauerhaft vom Theater genutzt wird. Ähnlich sei es mit dem Bockenheimer Depot in Frankfurt.

Was den Zeitplan der Sanierung angeht, sieht die Theaterleitung dringenden Handlungsbedarf. „Wir haben im alten Haus eine Menge sehr ernster Probleme und können das nicht alles auf den St. Nimmerlienstag verschieben“, sagt Schneider. Er erwartet von der Politik jetzt zeitnah eine Entscheidung. „Wenn man die Frankenhalle nicht will, muss eine Alternative aufgezeigt werden, was bislang aber nicht geschehen ist“, ergänzt Heuberger.

Sondersitzung Frankenhalle am 24. Juli

Einen neuen Termin gibt es für die Informationsveranstaltung des Stadtrats zur „Vorentwurfsplanung Viehauktionshalle“ (im allgemeinen Sprachgebrauch „Frankenhalle“). Nachdem die geplante interne Veranstaltung abgesagt worden war, weil die CSU-Fraktion daran nicht teilnehmen wollte, hat Oberbürgermeister Georg Rosenthal jetzt einen neuen Termin angesetzt. Aus der internen Infoveranstaltung wird nun am Dienstag, 24. Juli, eine offizielle Sitzung des Stadtrats mit nur diesem einen Thema. Die Sitzung findet im Ratssaal statt und soll von 15 bis 17 Uhr dauern. Dabei sollen neue Entwürfe für den Umbau der Halle sowie vertiefte Kostenschätzungen vorgestellt werden. Rö.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Ballett
Georg Rosenthal
Hermann Schneider
Rockmusical
Theaterchefs
Theaterintendanten
William Shakespeare
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Veraltete Benutzerkennung
    von fast einer viertel Milliared Euro!!!!
    Allein für die jährlichen Aufwendungen für Zinsen müssen 1000 Normalverdiender ihre Einkommensteuer abgeben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. K.
    braucht man unbedingt eine "Ersatzspielstätte"? Die paar "Hansele" können doch auch mal über die Renovierungszeit aussetzen. Aber die Stadt hats ja. Immer schön mit vollen Händen das Geld zum Fenster rauswerfen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    nicht schaden seine erste Allzweckbühne zu bekommen.
    @pippo: lol. Der Etat eines der vier Münchner Staatstheater beträgt schon 100 Mio.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    der bayer. Staat verteilt das Geld und nicht die Kommune.
    Warum wird denn Würzburg kein Staatstheater?
    Haben unsere Stadtvorderen keine E**r in der Hose, um das durchzusetzen?
    Hat das die schwarze Dame mit dem Dutt verschlafen in der Staatskanzlei durchzudrücken bzw. hat denn niemand über unsere Babsi mit dem "blaue Glääd" Einfluss drauf, dass die viertgrößte Stadt im Freistaat ein eigenes Staatstheater bekommt?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • P. S.
    wurscht ob Staats-oder Stadttheater, am Ende zahlt´s der Steuerzahler, ob er ein Theater will oder nicht. Zwang ist mittlerweile leider Usus in unserem sozialistischen Staat. @riskassessment: Würde Ihnen raten das kulturbefreite, spießige Kaff von Ihnen zu befreien, dann geht es uns und Ihnen vielleicht besser....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    "Nicht-wir ist böse=der/das Fremde" das kommt mir doch irgendwie bekannt vor. Es ist symptomatisch für das Städtchen. Ein Bekannter traf es mal auf den Punkt: "Würzburg schafft es ernsthaft die Nachteile vom Dorfleben mit den Nachteilen vom Stadtleben zu kombinieren und den Rest fast ganz außen vor zu lassen."
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. L.
    Leider ist da was dran...aber es gibt - meiner Meinnug nach - auch Vorteile....Und in einem hat steve67 auch recht: Wen Wü derart anwidert, kann es ja verlassen...ohne dies explizit auf Sie zu beziehen....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • P. S.
    ich das noch erleben darf grinsen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. L.
    Der erste Satz stimmt vollkommen. Aber: Wü ist erstens die Nummer 5 in Bayern (Regensburg ist mittlerweile vorbei, und bis 2025 wohl auch Ingolstadt), und zweitens gibts in ganz Bayern neben den Münchener Staatstheatern nur noch in Nürnberg ein Staatstheater...und weitere werden nicht folgen, und wenn dann nicht in WÜ, sondern eher in Augsburg oder Regensburg....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Einerseits werden Schwimmbäder geschlossen bzw. verkleinert, Straßen und Denkmäler vernachlässigt, andererseits sollen in einen Randbereich der Kultur (eine Übergangsspielstätte!) derartige Beträge hineingepumpt werden oder es wird für eine Toilette in der Innenstadt mindestens 200.000 Euro veranschlagt.

    Ich zweifle ob das Gefühl für Wichtiges und Unnötiges noch vorhanden ist.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • S. K.
    Selbst Grundschüler können bei ihren Berechnungen (ohne die vielen Nullen) feststellen, dass die "Aufrüstung der Viehauktionshalle" zu einer Theaterspielstätte und die Renovierung des auch nachher zu kleinen Theatergebäudes nicht lohnend sein wird. Aber die Stadt Wü hat anscheinend genug Haushaltsmittel, um auf Dauer zwei Spielstätten und noch Außenlager fürs Theater zu unterhalten und mitzufinanzieren. Das alte Theater zunächst belassen, auf dem MOZ-Gelände ein neues Theater bauen und dann das alte verkaufen - und für die nächsten 40 Jahre ist endlich das Thema vom Tisch. Vielleicht bekommt die Stadtkasse noch ein paar mehr Mio. € vom Bayer. Staat, der sonst alles (75 Mio. €) ins Münchner Theater pumpt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Wenn die Frankenhalle wirklich zum Theater umfunktioniert wird dann sieht sie hoffentlich nicht so trostlos aus wie auf diesem Bild. Hatte die Mainpost da nichts schöneres?.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • K. G.
    Das problem sind die zusätzlichen kosten der zweiten spielstätte die ich auf 2 bis 3 mio jährlich schätze Karl Graf mitglied des stadtrats
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten