„Die Festspiele sind
Wirtschaftsförderung und Imagegewinn für die Stadt.“
Am Sonntag ist der letzte Vorhang ist gefallen, 14 337 Zuschauer haben die insgesamt 33 Aufführungen der Röttinger Frankenfestspiele gesehen. Eine zufriedenstellende Zahl, wie Röttingens Bürgermeister Martin Umscheid meint. Während an der Burg Brattenstein wieder Ruhe einkehrt, wirft die kommende Spielzeit bereits ihre Schatten voraus. Die Festspiele stehen dann unter der Leitung eines neuen Intendanten. Und der hat sich bereits viel vorgenommen.
Mit der letzten Vorstellung ist auch das Führungsduo der Festspiele aus Walter Lochmann und Sascha Oliver Bauer Geschichte. Lochmann und Bauer haben 2013 gemeinsam die künstlerische Leitung übernommen und die Festspiele nach einem Einbruch der Zuschauerzahlen im Jahr zuvor wieder in wirtschaftlich ruhiges Fahrwasser geführt.
Regelmäßig lagen die Zuschauerzahlen seitdem wieder über 14 000. „Die beiden haben es geschafft, das Niveau früherer Jahre wieder zu erreichen“, urteilt der Bürgermeister. Das ist auch heuer wieder gelungen. 6237 sahen das Broadway-Musical „Sunset Boulevard“.
Zusätzliche Zugkraft hatte dem Stück Hauptdarstellerin Daniela Ziegler verliehen. Dem breiten Publikum ist die Schauspielerin vor allem durch ihre Fernsehrollen bekannt. In Röttingen spielte sie, wie bei der deutschen Erstaufführung des Musicaldramas vor 19 Jahren, den alternden Stummfilm-Star Norma Desmond.
Als besonders erfreulich wertet Umscheid die Zuschauerzahl bei der Operette „Gräfin Mariza“. Während die hochrangig besetzte Inszenierung von „Paganini“ im Vorjahr nur 4422 Gäste in den Röttinger Burghof lockte, wollten diesmal 5692 Zuschauer das unterhaltsame Verwechslungsspiel um die Gräfin und ihren temperamentvollen ungarischen Verehrer sehen.
Wesentlich zum Erfolg hatten Marie-Luise Schottleitner in der Titelrolle und der vor Spielfreude und Showtalent strotzende Max Buchleitner als Baron Zsupan beigetragen. Buchleitner war es auch, der in der letzten Vorstellung seinen Mitspielern und dem Publikum den Atem stocken ließ. Auf der nach einem leichten Regenguss nassen Bühne rutschte er aus und fiel auf den Hinterkopf. Zum Glück hat er sich dabei nicht ernstlich verletzt. Es blieb bei einer Schrecksekunde.
Viermal war die zeitgenössische Komödie „Kunst“ von Yasmina Reza, vor insgesamt 997 Zuschauern. Erwartungsgemäß zieht das Sprechtheater weniger Publikum an als die musikalischen Stücke. Trotzdem haben Bauer und Lochmann an der Sparte festgehalten, auch um den Qualitätsanspruch der Frankenfestspiele zu untermauern.
Dieser Anspruch war Teil der Strategie, mit der es dem Leitungsduo Jahr für Jahr gelungen war, bekannte Stars der europäischen Musical-Szene für die kleinen Frankenfestspiele und ihr bescheidenes Budget zu begeistern. Zu ihnen gehörten der US-Amerikaner Ethan Freeman, „Voice of Germany“-Finalist Rob Fowler, der aus der Märchenverfilmung „Hans im Glück“ bekannte Andy Bieber und zuletzt Daniela Ziegler. „Dadurch ist es den beiden gelungen, die Festspiele in der deutschen Musicalszene zu verorten“, sagt Bürgermeister Umscheid, „Röttingen ist bekannter geworden.
Gleichzeitig hatten Bauer und Lochmann ein festes Laien-Ensemble aufgebaut, das gemeinsam mit den Profis agierte. Das inzwischen eingespielte Team gibt dem Regisseur mehr Spielraum bei der Inszenierung, unterstreicht aber zugleich das Ziel, die Röttinger Festspiele als regional bedeutsames Theater-Event zu etablieren. Deshalb waren sie 2013 auch in „Frankenfestspiele“ umbenannt worden.
Die Verträge der beiden künstlerischen Leiter endeten mit der abgelaufenen Spielzeit. Seit März ist bekannt, dass Knut Weber, Intendant am Stadttheater Ingolstadt, die Gesamtverantwortung für die Festspiele übernimmt. Als musikalischer Leiter wird Walter Lochmann Röttingen erhalten bleiben.
Weber trifft dort auf ein bestelltes Feld, hat aber schon viele Ideen, wie er die Frankenfestspiele weiterentwickeln will, sagt Bürgermeister Martin Umscheid. Das fängt beim Spielplan an, der im kommenden Jahr vom gewohnten Dreiklang aus Musical, Operette und Schauspiel abweichen wird. Stattdessen steht „Hänsel und Gretel“ auf dem Spielplan, ein „Songspiel“ auf Grundlage der gleichnamigen Humperdinck-Oper in einer Bearbeitung von Walter Lochmann.
Hinzu kommen die „Dreigroschenoper“ von Bertold Brecht und Kurt Weill und das bekannte alpenländische Schauspiel vom Brandner Kaspar.
Letztlich müssen sich die Frankenfestspiele auch an den wirtschaftlichen Zahlen messen lassen. Ein Budget von 650 000 Euro stellt die Stadt jedes Jahr zur Verfügung. Auf der Einnahmenseite schlagen neben den Eintrittsgeldern und dem Erlös aus dem Verkauf von Speisen und Getränken vor allem die Zuschüsse zu Buche. Mit 110 000 Euro unterstützt der Freistaat Bayern das Röttinger Sommertheater, 22 000 Euro kommen vom Bezirk Unterfranken und 19 000 Euro vom Landkreis Würzburg.
Der Fehlbetrag, den die Stadt Röttingen übernehmen muss, lag in der Spitze schon bei 170 000 Euro, konnte aber in den vergangenen Jahren auf unter 100 000 Euro zurückgefahren werden. Gemessen an den Zuschauerzahlen werde der Zuschussbedarf heuer wohl in ähnlicher Höhe liegen, schätzt Martin Umscheid. Eine genaue Abrechnung sei aber erst in ein paar Monaten möglich.
Von einem Defizit will Umscheid dabei nicht sprechen. Kunst rechne sich zwar nicht, mache sich aber gerade für Röttingen bezahlt. Niemand stelle beispielsweise die Wertschöpfung in Rechnung, die durch die Festspiele in der Region bleibt, angefangen von den Einnahmen in Gastronomie und Übernachtungsgewerbe über den Direktverkauf der Winzer bis zur Werbung, die die Festspiele für den Wirtschafts- und Tourismusstandort bedeuten. „Die Festspiele sind eigentlich Wirtschaftsförderung und natürlich ein Imagegewinn für die Stadt“, so der Bürgermeister.