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WÜRZBURG
Fränkischer Humor: Ein echt fränggischer Dräggsagg
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 02.02.2018 02:44 Uhr

Es gibt tausende Witze auf der Welt. Gute als auch schlechte. Der Würzburger Autor Bernd Eusemann hat eine Expedition in das Innere des fränkischen Humors gewagt. Darin erzählt er nicht nur die lustigsten fränkischen Witze, sondern auch warum wir über sie lachen.

Über was haben Sie zuletzt gelacht?

Bernd Eusemann: Ich habe heute morgen schon zusammen mit meinem Enkelsohn gelacht. Er ist eineinhalb Jahre alt und ein überaus lieber und witziger Kerl. Obwohl er so klein ist, hat er eine unglaubliche Lache, die schon sehr ausdifferenziert ist.

Was ist Ihr Lieblingswitz?

Eusemann: Mein Lieblingswitz ist ein Klassiker, den wir uns als Kinder in der Kärnergasse in Würzburg erzählten. Er zeigt sehr schön, wie Witze funktionieren, auch wenn er unheimlich kurz ist – oder grade deshalb. „Treffen sich zwei Jäger. Beide tot.“

Das ist wirklich Ihr Lieblingswitz?

Eusemann: Er wird bloß noch vom richtigen Leben getoppt. Der Nürnberger Komiker Bernd Regenauer hat in seinem Programm etwas Ähnliches verarbeitet. Er hat tatsächlich einmal ein Werbeplakat für einen Schützenverein gesehen, auf dem stand: „Schießen lernen, Freunde treffen.“ Außerdem liebe ich Kellnerwitze: „Herr Ober, in meiner Suppe schwimmt eine Fliege!“ „Sinns bloß schdill, sonsd wulln die annern a enne.“

Gibt es den typischen Frankenwitz?

Eusemann: Es gibt schon Witze, die sehr frankenspezifisch sind. Zum Beispiel im Nürnberger Raum sind zwei Witze sehr verbreitet: „Was ist der größter Frankenwitz? Der Frankenschnellweg.“ oder „Was ist der größte Frankenwitz? Der Club.“ Von den Würzburger Kickers kenne ich leider keine Witze wie vom Nürnberger Glubb (lacht). Oder diesen Frankenwitz finde ich sehr gut: „Beim Karteln trifft einen der Kartler der Schlag, Guckt der Nachbar dem Niedergesunkenen ins Blatt: No, där hädd eeh kenn Schdich mär gämachd.“

Wie würden Sie den fränkischen Humor beschreiben?

Eusemann: Der mittelfränkische Humor ist oft etwas direkter und grober. Der unterfränkische Humor kann auch sehr grob sein, er ist aber nicht so hinterfotzig wie der bayerische Humor. Gar keinen Humor haben die Oberfranken, behauptet ein Frankenwitz. Aber das ist nicht wahr. Der Witzigste unseres Stammes war der Schriftsteller Jean Paul, ein Oberfranke!

Gibt es Völker, die keinen Humor haben?

Eusemann: Mir sind noch keine begegnet. Natürlich ist der Humor überall anders. Viele Witze funktionieren nicht Kultur übergreifend. Manche Witze haben auch eine Vielschichtigkeit, die in andere Sprachen gar nicht transportierbar ist. Zum Beispiel dieser Witz, den schon mein Vater gerne erzählte: „Bei einem Empfang zeigte sich die Gattin des französischen Botschafters im Gespräch mit Bismarck ratlos ob der Rätselhaftigkeit der deutschen Sprache. Zum Beispiel, fragt sie, sei ihr der Unterschied zwischen gesandt und geschickt völlig unverständlich. Nun, entgegnete Bismarck, das ist recht einfach: Ihr Herr Gemahl ist zwar ein Gesandter, aber kein geschickter.“

Was macht einen Witz lustig?

Eusemann: Das ist der Überraschungseffekt, wie bei dem ersten Witz, den ich oben erzählt habe. Besonders schön sagte es Jean Paul: „Der Witz ist der verkleidete Priester, der jedes Paar traut und zwar die Paare am liebsten, deren Verbindung die ernsten interessierten Verwandten nicht dulden wollen.“ Ein Witz lebt auch von seiner Darbietung. Ein erzählter Witz ist lustiger als ein Witz, den ich lese. Besonders Kinder sind oft Meister im Witze erzählen. Meine jüngste Tochter hat immer so auf die Pointe hingefiebert und beim Erzählen vor lauter Freude gezappelt.

Welchen Franggn finden Sie am komischsten?

Eusemann: Besonders herzhaft lache ich über Michl Müller. Er ist vielschichtig, er kann auf verschiedenen Ebenen seinen Humor darbieten. Er beobachtet sehr genau und schaut dem Volk aufs Maul. Und er ist mit Feuer und Flamme dabei. Er ist so glaubwürdig und man hat das Gefühl, dass ihm sein Job noch richtig Spaß macht.

Sehen Sie sich die Sendung „Fastnacht in Franken“ an?

Eusemann: Ich finde die Sendung gut, die Darbietungen sind zu 80 Prozent qualitätvoll. Meine 88-jährige Mutter sieht sich die Sendung immer an und meist setzte ich mit dazu und sehen sie auch.

Welche Witze mögen Sie gar nicht?

Eusemann: Verächtliche Witze über andere Völker gehen gar nicht. Die sind unterirdisch. Auch Blondinenwitze oder Ostfriesenwitze finde ich doof. Darüber kann ich einfach nicht lachen. Auch viele Frauenwitze sind schlecht, die erzähle ich einfach nicht. Lustig finde ich aber jenen aus der unendlichen Geschichte um Mann und Frau: „Kommt der Mann vom Arbeitsamt und strahlt: Fraa, i hab a neue Schdellung! Darauf sie: Alde Dräggsau, suchder liewer ä Ärwed!“

Für welche Leserschaft ist Ihr Buch gedacht?

Eusemann: Mir hat das Schreiben des Buches viel Spaß gemacht und ich hoffe einfach, dass meine Leser auch Spaß haben am Witz, wie ihn das pralle fränkische Leben schreibt: „Kommt der Bauer mit dem Bulldog auf den Hof: Fraa, i bin grad nei ä Radarfalln gfahrn. – Unn, hads gäblidzd? – Nää, gschäbberd.“

Zur Person

Bernd Eusemann, geboren 1952 in Würzburg, studierte in Würzburg, Berlin und Freiburg Physik. Er ist Autor zahlreicher Artikel und Bücher über Wissenschaft und Technik, Wirtschaft und Politik, aber auch seine Heimat Franken ist immer wieder Thema. Zuletzt von ihm erschienen ist das Buch „Lauder Dräggsägg. Expeditionen ins Innere des fränkischen Humors (Echter Verlag, 2017). Eusemann ist verheiratet und Vater von sieben erwachsenen Kindern. Er lebt in Ihringen-Wasenweiler (Lkr. Breisgau-Hochschwarzwald).
 
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