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Würzburg
Fotoausstellung über den Nürnberger Kriegsverbrecherprozess
Blick auf die Fotoausstellung im Sprachlabor der WDS.
Foto: Martin Kuchenmeister | Blick auf die Fotoausstellung im Sprachlabor der WDS.
Pressemitteilung
 |  aktualisiert: 07.10.2022 02:39 Uhr

Die Würzburger Dolmetscherschule zeigte am Internationalen Übersetzertag eine Fotoausstellung des Bundesverbands der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) LV Bayern e.V. über den Nürnberger Prozess 1945/46. Ende September gab Dr. Theodoros Radisoglou im Sprachlabor der Würzburger Dolmetscherschule eine Einführung in die von ihm konzipierte Ausstellung.

Die Fotografien des Armeefotografen Ray D'Addario aus den Jahren 1945 bis 1946 dokumentieren die Prozessatmosphäre auf eindrucksvolle Weise. Dabei legen sie das Augenmerk auf die Arbeit der Dolmetscher*innen und Übersetzer*innen. Der Nürnberger Prozess gilt als die Geburtsstunde des modernen Simultandolmetschens.

Der Nürnberger Prozess dauerte vom 20. November 1945 bis zum 1. Oktober 1946. 24 Angeklagte und mindestens ebenso viele Verteidiger standen Anklägern aus vier Nationen gegenüber. Vier Rechtssysteme mussten in vier Sprachen aufeinander abgestimmt werden: Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch. Eine der großen Herausforderungen war dabei der Faktor Zeit. Es galt, schnell und effektiv in vier Sprachen zu kommunizieren, wofür es einer ganz neuen Form des Dolmetschens bedurfte.

Eine neue entwickelte Simultandolmetschanlage brachte die Lösung. Erstmals arbeiteten Dolmetscher mithilfe von Mikrofon und Kopfhörer simultan. Beim Simultandolmetschen hört und spricht ein Dolmetscher gleichzeitig - eine höchst intellektuelle Leistung. Üblich war bis zu diesem Zeitpunkt das zeitversetzte, auch "konsekutiv" genannte, Dolmetschen.

Die Anforderungen an die neuen Dolmetscher*innen waren dementsprechend sehr hoch: Sie mussten ihre Muttersprache perfekt und die Fremdsprache auf höchstem Niveau beherrschen, sie benötigten eine sehr breite Allgemeinbildung und umfassendes kulturelles Hintergrundwissen in beiden Sprachen, mussten physisch und psychisch belastbar sein und sich in Tempo, Stimme und Intonation dem Redner jederzeit anpassen können.

Der erste Nürnberger Prozess setzte somit Maßstäbe für die weitere Entwicklung des Berufsstandes. Mit den dort gewonnen Erfahrungen wurde in der Folge unter anderem die Übersetzungs- und Dolmetschabteilung der Vereinten Nationen aufgebaut. Ohne die modernen Simultandolmetschanlagen ist heute keine internationale Konferenz mehr denkbar, und auch die neueren internationalen Tribunale zur Ahndung völkerrechtswidriger Taten brauchen Simultandolmetscher*innen, die heute jedoch vielfach zu ihrem eigenen Schutz in verdunkelten Kabinen arbeiten müssen.

Die Ausstellung ist noch bis Ende Oktober im Sprachlabor der Würzburger Dolmetscherschule zu Gast.

Von: Martin Kuchenmeister (Dozent, Würzburger Dolmetscherschule)

Dr. Theodoros Radisoglou, Initiator der Ausstellung.
Foto: Martin Kuchenmeister | Dr. Theodoros Radisoglou, Initiator der Ausstellung.
 
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