
"Wir wollen auch Drama", sagt Fördervereins-Mitglied Roland Schmitt. Damit es daran nicht mangelt, hilft der 175-köpfige Förderverein Theater Sommerhaus finanziell. Schauspieler und Handwerker kann auch er nicht herzaubern. Eine Momentaufnahme.
Es ist Großreinemachen, kurz bevor die neue Spielzeit beginnt: Das Mobiliar steht Kopf. Der Boden hat hartnäckige Flecken. Der Staubsauger braucht Pausen, so anstrengend viel ist zu tun. Auch Reparaturen sind fällig. Und Streichen. Das ist Routine nach der kleinen Sommerpause – und der Förderverein ist mit Putzzeug angerückt.
Etliche Mitglieder geben sich die Klinke in die Hand. Mitten drin Brigitte Obermeier – mit einer Woche Italien-Urlaub ein wenig erholt – aber nicht besonders glücklich. Für sie ist es eine Art Notprogramm, das sie für September und Oktober zusammengestellt hat, frustriert, weil sie Rollen nicht vergeben konnte. Es fehlt nicht nur ein versierter Handwerker, sondern auch ein männlicher Schauspieler. Alle Anfragen liefen aus verschiedenen Gründen ins Leere.
Für ein anderes Stück konnte der Verlag die Lizenz doch nicht rechtzeitig bekommen. "Spielplan machen ist immer die Hölle", sagt Brigitte Obermeier. Sie habe tolle Ideen und dann scheitere es an den Besetzungen. Keine Premiere im Programm stehen zu haben – das sei noch nie passiert. Auch in 25 Jahren Kinderfestspiele Giebelstadt nicht, die sie im Sommer mit Partner Hannes Hirth vollgemacht hat. Die Regie und die Bühnenbauten sind meist sein Part. Drei Stücke für die verschiedenen Altersklassen sind Standard. Allerdings bräuchten die Theaterleute auch hier handwerkliche Unterstützung. "Wir sind halt nicht mehr die Jüngsten, allmählich", erklärt die 65-Jährige. Sich selbst deklariert sie nach Auszeiten in der Orthopädie fröhlich als "runderneuert und fit".
Neues Programm steht erst einmal nur für zwei Monate
"Am allermeisten fehlt mir tatsächlich gerade Men-Power", sagt die Theater-Leiterin, Schauspielerin, Schneiderin, Requisiteurin, Tausendsassa Brigitte Obermeier: "Einfach ein technisch versierter Allrounder." Aus Karlstadt reist derzeit der 18-jährige Yasa Siktas für Ton und Licht an. Wenn es um Bühnen-Bau geht, ist Michael Schlör unverzichtbar – der Vereinsvorsitzende und andere Mitglieder des Fördervereins legen Hand an. Es ist eine fragile Helferkonstruktion - auch, weil Praktikanten nur noch tagsüber mitarbeiten dürfen.

Obermeier hat das neue Programm deshalb erst einmal nur für zwei Monate zusammengestellt und Tochter Mascha Obermeier zur FBI-Agentin gemacht, um "Travis Pine – ein Mann des Volkes" spielen zu können. "Wann, wenn nicht jetzt?" argumentiert die Programm-Macherin. "Der amerikanische Wahlkampf macht es so aktuell, es muss einfach gespielt werden." Desgleichen die "Audienz im Kreml", als Disput über Russlands Zukunft. Und dann hofft sie, im Winter-Programm doch wieder eine Premiere anbieten zu können.
"Krönchen aufsetzen und weiter", sagt sie plakativ trotzig. Auch wenn aus ihrer Sicht ein paar Zacken fehlen. Es kommen ja laufend neue Krönchen dazu: die vom Denkmalschutz preisgekrönte Spielstätte inmitten des Altorts beispielsweise, der Kulturpreis des Landkreises Würzburg 2023 und jedes Stück, das sie anpackt: Brigitte Obermeier und das Theater Sommerhaus punkten jeweils bei Theaterkritik und Publikum. Nur, dass die anspruchsvolleren Stücke generell weniger Publikum anziehen.
Für Roland Schmitt ist das unverständlich, weil eigentlich jede Vorstellung ausverkauft sein müsste. "Nicht nur, damit es sich trägt", fügt er an. Ihm ist der Input für den Geist wichtig. Bei der Kassen-Abrechnung gewinnt die Unterhaltung. Sich aber auf Schlager und Kinderstücke zurückzuziehen, kommt für das Theater nicht infrage. "Man braucht ja immer die Musicals", relativiert Obermeier. "Die sind gut besucht. Und ich liebe sie, weil das Singen so großen Spaß macht". Das Wenige, was nicht Komödie ist, "die wenigen Auserwählten, die sind es auch wert. Auch wenn ich nicht daran verdiene", bekräftigt sie ihren Anspruch.
Verein wirbt um neue Mitglieder
Keine Frage, das Theater gäbe es auch ohne den Förderverein, aber mehr als die Eintrittsgelder zu haben, gibt ganz wörtlich mehr Spielraum, sind sich Schmitt und Obermeier einig. Und seit 2013 gibt es zum obligatorischen Spenden-Aufruf "Jedes Theater sollte einen Förderverein haben" tatsächlich den gemeinnützigen Förderverein Theater Sommerhaus e.V. Theaterfreunde hatten sich damals zusammengefunden und laut Gründungsmitglied Schmitt richtig schwierige Zeiten miteinander durchgestanden, als die Sommerhäuser Spielstätte gekündigt und Obermeier zwei Jahre ohne Domizil war.

"Die Winterhäuser lieben das Theater - und den Garten", freut sich Schmitt über Flair und Atmosphäre. Es gehe ihnen um Kultur in Winterhausen, um nachhaltige Unterstützung, kulturelle Vielfalt – und auch Anerkennung. Wer "ein bisschen was fürs Sommerhaus übrig hat", wirbt der Verein um Mitglieder, sei hier willkommen. Mindestbeitrag sind 33 Euro. Spenden und Mitgliedsbeiträge gehen ungekürzt in die Theaterförderung, sagt Kassiererin Klara Schmitt. Gerade sei der Betrag noch fünfstellig, den der Förderverein in den letzten zehn Jahren beisteuern konnte, jeweils für größere Investitionen, vorwiegend in die technische Ausstattung.
"Wir sind ein Repertoire-Theater und machen alles selbst", zeigt Brigitte Obermeier auf und verweist auf das eigene Ensemble, die eigenen Inszenierungen, auf tolle Schauspieler wie Heiko Schnierer, die mit ihren Leistungen bestechen, Regisseurinnen wie die vor Ideen sprühende Iwona Jera und Musiker wie der Ohrwurm-Produzent Martin Hanns.
Das Multitalent Obermeier ist überall gefordert, steht im aktuellen Programm bei fünf von sieben Stücken selbst auf der Bühne. "Ich habe auch schon gelernt, nicht mehr alles selbst machen zu müssen", gesteht sie stolz. Beispiel Schneiderarbeiten: Rebecka Hoos und Ursula Winkler seien genial einfallsreich und damit eine echte Entlastung. Für Kasse und Theke werde immer wieder Hilfe angeboten. Das wiederum schaffe sie selbst sehr gut: "Außerdem liebe ich den Kontakt zum Publikum". Der würde ihr sonst fehlen und vielleicht nur noch beim monatlichen Lese-Brunch zustande kommen. "Ein Handwerker, das wäre super!", sagt Brigitte Obermeier.
Programm Theater Sommerhaus: www.theater-sommerhaus.de, Kontakt Förderverein Theater Sommerhaus e.V.: foerderverein.sommerhaus@gmx.de