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ERLABRUNN/ROTHENFELS
Fitnesskur für alte Turbine
Turbine stillgestanden: Markus Pfau, Maschinist bei der Firma E.on Kraftwerke, bessert am 80 Jahre alten Laufrad im Kraftwerk der Staustufe Erlabrunn (Lkr. Würzburg) schadhafte Stellen aus.
Foto: Thomas Obermeier | Turbine stillgestanden: Markus Pfau, Maschinist bei der Firma E.on Kraftwerke, bessert am 80 Jahre alten Laufrad im Kraftwerk der Staustufe Erlabrunn (Lkr. Würzburg) schadhafte Stellen aus.
Tilmann Toepfer
Tilman Toepfer
 |  aktualisiert: 21.07.2015 17:27 Uhr

Zum 80. Geburtstag des Laufwasserkraftwerks Erlabrunn (Lkr. Würzburg) gibt es eine Fitnesskur für die Turbine. Fast 300 000 Euro wendet die Rhein-Main-Donau AG (RMD) als Eigentümerin auf, um die „umweltfreundliche“ Stromerzeugung auch künftig sicherzustellen, heißt es in einer Pressemitteilung. Auch in Rothenfels (Lkr. Main-Spessart) wird kräftig investiert. Die Nutzung der Wasserkraft zur Stromerzeugung hat in Bayern eine über 100-jährige Tradition und sei „angesichts der angestrebten Energiewende aktueller denn je“.

1935 ging das Kraftwerk im Weinbauort Erlabrunn in Betrieb und arbeitet seitdem störungsfrei, versichern RMD-Pressesprecher Jan Kiver und Theodorus Reumschüssel, Pressesprecher E.on-Wasserkraft. Wie bei allen 29 Wasserkraftwerken der RMD am bayerischen Main ist E.on auch in Erlabrunn für den Betrieb verantwortlich.

Durchschnittlich 16,1 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt die Anlage pro Jahr. Rechnerisch ausreichend, rund 4900 Haushalte sicher mit regenerativem Strom zu versorgen, so die Pressemitteilung. Strom aus Wasserkraft ist im Gegensatz zu Wind- und Solarstrom „grundlastfähig“, weil rund um die Uhr und unabhängig vom Wetter verfügbar und deswegen sicher, betonen die Experten von RMD und E.on.

Aber eben nur, wenn die Technik reibungslos funktioniert. Deswegen steht die 1935 eingebaute Kaplan-Turbine des Herstellers Voith vier Wochen still, Mitarbeiter – und Journalisten mit Helm und Sicherheitsschuhen – können trockenen Fußes in die mächtige, rund zehn Meter hohe Turbinenkammer steigen, wo E.on-Mann Alexander Bubeliny Details der Fitnesskur erläutert. So ist das Laufrad mit vier Flügeln und fast fünf Metern Durchmesser bereits inspiziert und ausgebessert, neue Dichtungen für die verstellbaren Laufradflügel sind bestellt. Die Druckluftanlage, die unter anderem dafür sorgt, dass im Notfall Wasserdurchlauf und Turbine gestoppt werden können, wird auf den ökologisch modernsten Stand gebracht. Sie funktioniert künftig mit Druckluft, es kann also kein Hydrauliköl mehr in den Main gelangen.

Die Situation für die Fische, die durch die zahlreichen Turbinen der Kraftwerke am Main stark gefährdet sind, wird durch die Revision nicht verbessert. Ein Austausch der alten Turbinen gegen neue, fischfreundlichere – wenn es sie denn gäbe – sei wirtschaftlich nicht darstellbar, sagt Jan Kiver. Man müsste die Staustufen komplett umbauen. Eine Vorstellung, die umso schwerer fällt, als die Technik aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sehr robuste „deutsche Wertarbeit“ ist und – durch Revisionen etwa alle 20 Jahre ertüchtigt – noch 100 Jahre problemlos Strom produzieren kann.

Frühwarnsystem für Aale

Was nicht heißen soll, dass man bei RMD und E.on die Ohren verschließt vor der Kritik von Naturschützern und Fischerei- beziehungsweise Anglerverbänden. Das Kraftwerk Erlabrunn ist seit Oktober 2011 einer der ersten Standorte für ein besonderes Frühwarnsystem. Der vom Institut für angewandte Ökologie (Hessen) entwickelte „Migromat“ sagt die Wanderung der Aale relativ zuverlässig Stunden vor ihrem Beginn voraus. Dann werden die Wehre angehoben, die Aale können darunter durchschwimmen. Gleichzeitig wird die Turbinenleistung gedrosselt, die Strömungsgeschwindigkeit an den Schutzrechen verringert sich und die Fische können seitwärts entweichen.

Die Verantwortlichen von RMD und E.on können auf weitere Anstrengungen verweisen, mit denen sie das Leben im Fluss schützen wollen. Beim Spatenstich zur Erweiterung des Mainkraftwerks Rothenfels (Lkr. Main-Spessart) Anfang Juli wurde nicht nur die „hochmoderne unterirdische Rohrturbine“ erwähnt, die im Mittelpunkt der Maßnahme steht, sondern auch „eine neue, richtungsweisende, nach aktuellen ökologischen Erkenntnissen konzipierte technische Fischwanderhilfe“, eine Fischtreppe, die nach Fertigstellung die größte ihrer Art am bayerischen Main sein wird. Für die energetische und ökologische Verbesserung am Standort Rothenfels investiert die Rhein-Main-Donau AG rund 13 Millionen Euro.

 
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