Dass Andrew Ullmann von seinem FDP-Kreisverband nach 2017 zum zweiten Mal als Bundestagskandidat nominiert werden würde, war im Vorfeld so gut wie sicher – einen Gegenkandidaten gab es nicht. Vom einstimmigen Ergebnis war der Bundestagsabgeordnete dann aber selbst überrascht: "100 Prozent sind bei der FDP eigentlich nicht gut, dann kann man nicht mehr besser werden", sagte Ullmann am Dienstagabend im Bürgerspital vor rund 20 FDP-Mitgliedern. "Ich werde euch nicht enttäuschen und freue mich auf den Wahlkampf."
Ein gutes Jahr vor der Wahl zum 20. Bundestag im Herbst 2021 liegen die Freien Demokraten in Umfragen etwa einen Prozentpunkt über der Fünfprozenthürde. Vor vier Jahren waren die Werte ähnlich, die FDP erhielt dann aber doch fast elf Prozent der Stimmen. "Deswegen bleibe ich optimistisch, dass wir 2021 in einer Stärke in den Bundestag einziehen, die für unser Land gut ist", betonte Ullmann, der 2017 über die FDP-Landesliste den Sprung in den Bundestag geschafft hat.
Ullmann ist gefragter Interviewpartner geworden
Ohne ins Detail zu gehen, räumte der 57-jährige Mediziner ein, dass seine Partei zuletzt Fehler gemacht habe. "Wir müssen zurück zur Sachpolitik und zeigen, dass wir mehr können als Wirtschaft", forderte Ullmann,der seit Beginn der Corona-Pandemie als Gesundheitspolitiker zum gefragten Interviewpartner der Medien geworden ist.
Die Corona-Krise und ihre Folgen standen auch im Mittelpunkt seiner Bewerbungsrede. Er habe bereits im Januar davor gewarnt, dass Deutschland auf eine Pandemie nicht vorbereitet sei und dafür von allen Seiten kritisiert worden. Dann habe Corona "wie mit einem Brennglas gezeigt, wie unser Gesundheitssystem nicht funktioniert". Kollateralschäden wie nicht gestellte Krebsdiagnosen durch ausgefallene Vorsorgeuntersuchungen seien noch gar nicht absehbar.
Die bayerische Strategie mit wahllosen Tests für jedermann hält er für sinnlos. Besser wäre es nach Ullmanns Worten, bei Verdacht gezielt zu testen und Risikogruppen zu überwachen. Mit guter Vorbereitung auf die zweite Welle sei ein erneuter Shutdown vermeidbar.
Falscher Weg für mehr Freiheit
Nach der Sommerpause will die FDP im Bundestag einen neuen Anlauf starten, die aktuell immer noch bestehende pandemische Notlage, die Gesundheitsminister Jens Spahn weitreichende Befugnisse gibt, zu beenden. "Es kann nicht weiter von einem Minister alleine durchregiert werden. Die Gesetzgebung muss zurück ins Parlament", forderte Ullmann, der für die FDP auch im Stadtrat sitzt.
Die jüngsten Anti-Corona-Demonstrationen in Berlin verurteilte er scharf: "So viele Aluhüte kann man gar nicht verteilen. Die Maskenpflicht ist keine Freiheitsberaubung." Dass sich in diesem Zusammenhang rechtsextreme Kräfte der bürgerlichen Mitte immer weiter annähern, bezeichnete Ullmann als gefährlich: "Sie schreien nach Freiheit, wählen aber den falschen Weg."