Wütend, fassungslos oder resigniert haben viele Obereisenheimer auf die Entscheidung des Marktgemeinderats Eisenheim reagiert, ein Ratsbegehren über die Zukunft der Mainfähre durchzuführen. Am 13. Oktober hatten die Gemeinderäte mit 7:6 Stimmen knapp entschieden, die rund 1000 Wahlberechtigten aus den beiden Ortsteilen Ober- und Untereisenheim zur Abstimmung aufzurufen (wir berichteten).
„Das ganze Dorf war ein paar Tage im Schockzustand. Es gab kein anderes Thema mehr“, erklärt Winzer Herbert Schuler. In jedem Haus, auf der Straße und in den Wirtschaften hätten die Obereisenheimer ihre Sorgen darüber kundgetan, dass dieser Bürgerentscheid „das Aus für die Fähre bedeutet“. Die fünf Gemeinderäte aus Obereisenheim wären aus der Bevölkerung zu einem kollektiven Rücktritt aus ihrem Amt aufgerufen worden. „Mein Telefon klingelte den ganzen Tag“, beschreibt Gemeinderat Uwe Därr eine Reaktion aus der Bevölkerung, wie er sie noch nie nach einer Ratssitzung erlebt habe.
Därr ist „tief enttäuscht vom Gremium“. Er habe sich ein eindeutig positives Signal zugunsten der Fähre gewünscht. Schließlich waren Tausende von Unterschriften zum Erhalt der Mainfähre gesammelt worden und Politiker aus der Region haben sich mit Engagement und den Zuschusszusagen für die Mainfähre ausgesprochen. „Wenn die Dorfbewohner über die Fähre entscheiden wollen, hätten sie selbst mit einem Bürgerbegehren aktiv werden müssen“, argumentiert Därr.
„Ich bin für die Fähre.“
Andreas Hoßmann Bürgermeister
Bei einem Gespräch im Höllenkeller des Weinguts Schuler äußerte sich Bürgermeister Andreas Hoßmann trotz seiner Stimme für das Ratsbegehren eindeutig. „Ich bin uneingeschränkt für den Erhalt der Fähre“, sagte er.
Vor Ort waren Mitglieder des Weinbauvereins, Obereisenheimer Gemeinderäte sowie Franziska und Volker Ortegel und Gerwin Birschmann. Für die drei Neubürger aus Starnberg und Wuppertal war die Fähre ein entscheidender Faktor dafür gewesen, nach Obereisenheim zu ziehen. „Vielleicht wissen die Einheimischen gar nicht mehr, was sie für einen Schatz besitzen“, werben sie um Wertschätzung dieses Kulturguts auch im Ortsteil Untereisenheim.
Die Obereisenheimer können sich ein Leben ohne ihr „Herzstück Fähre“ nicht vorstellen. Sie fürchten die Übermacht der Stimmen aus Untereisenheim. Es gibt insgesamt rund 1000 Stimmberechtigte in der Marktgemeinde – und Untereisenheim hat etwa 70 Stimmen mehr als Obereisenheim. Schon im November 2007 hatten die Obereisenheimer bei einem Bürgerentscheid den Kürzeren gezogen und ihren Kindergarten verloren. 63 Prozent hatten sich für den Standort Untereisenheim entschieden. Die Kinder gehen nun in das Mainkinderhaus in der ehemaligen Schule in Untereisenheim. „Wir haben hier keinen Kindergarten mehr. Die Untereisenheimer dürfen uns nicht auch noch die Fähre nehmen“, haben die Obereisenheimer Angst.
Viele glauben, dass es eine Entscheidung Herz gegen Kopf wird: Dass die Obereisenheimer „mit dem Herzen“ und die Untereisenheimer „mit dem Kopf“ entscheiden könnten. Denn die Marktgemeinde wird im Zuge des Mainausbaus gut 250 000 Euro für den Umbau der Fähre und Fährrampe aufbringen müssen. Dazu kommen die jährlichen Defizite. Die Marktgemeinde hat infolge der Investitionen auf Jahre hinaus einen engen finanziellen Handlungs- und Gestaltungsspielraum.
„Geld ist nicht alles!“
Günther Peteranderl stellvertretender Bürgermeister
„Geld ist nicht alles!“, sagt dazu aber der stellvertretende Bürgermeister Günther Peteranderl. Der Dorffrieden und engagierte Bürger sind für ihn hohe Werte, die den Erhalt Fähre in der Weinregion rund um die Mainschleife durchaus rechtfertigen. Ein Bruch zwischen den Ortsteilen bei negativem Ausgang für die Fähre und resignierte Menschen, die in der Gemeinde kein Haar mehr krümmen würden – das könne sich niemand im Dorf wünschen.
Die Obereisenheimer erwachen gerade wieder aus ihrer Schockstarre. Sie wollen kämpfen und mit Argumenten und Gesprächen Überzeugungsarbeit in Untereisenheim leisten. Sie setzen auch auf den Informationsabend der Marktgemeinde, der im November mit einem neutralen Moderator geplant ist. Er soll auf Wunsch der Obereisenheimer im Ortsteil Untereisenheim stattfinden. Ein genauer Termin steht noch nicht fest. Genauso wenig wie für den Bürgerentscheid.
Für den Weinbauverein Obereisenheim gehört die Förderung des Tourismus schon immer zu den Aufgaben. Um Flagge zu zeigen und ein Signal zu setzen, hat der Verein den Spendentopf „Wir retten die Mainfähre“ eröffnet. Die beiden Bürgermeister Hoßmann und Peteranderl haben dafür spontan hohe Spendenbeträge aus ihrer Privatschatulle zugesagt. Das Geld soll dazu beitragen, die Aufwendungen der Gemeinde für die neue Fährrampe zu reduzieren. Wenn der Bürgerentscheid gegen die Fähre ausgehen sollte, werden die Spenden zurückgezahlt. Aber dieses Szenario will sich in Obereisenheim niemand ausmalen.
Wer für den Erhalt der Mainfähre spenden will, kann auf das Sonderkonto des Weinbauvereins Obereisenheim einzahlen: Raiffeisenbank Volkach-Wiesentheid, BLZ 790 690 01, Kontonummer: 100 52 53 32.