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WÜRZBURG
Experimentelle Druckerei: Jeder Strich hat Geschichte
Künstler Markus Lörwald vor seinem Werk „ohne Titel“, dem Beginn einer größeren Serie.
Foto: Joachim Fildhaut | Künstler Markus Lörwald vor seinem Werk „ohne Titel“, dem Beginn einer größeren Serie.
Joachim Fildhaut
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:34 Uhr

Fliege, Esel, Himmelslichter, schöne Frauen: Vieles lässt sich schnell erkennen auf den 37 Drucken, die derzeit im Ausstellungsschiff Arte Noah des Würzburger Kunstvereins unter dem Titel „A Place Called Vertigo“ hängen. Ebenso rasch ist aber auch klar: Ganz so einfach, wie es an der Oberfläche aussieht, wird es wohl nicht sein.

Bei der Eröffnung erwähnte der Künstler Markus Lörwald eine ganze Reihe von literarischen Bezügen. Mit einem, mit Shakespeare und dem Esel, habe es leider „nicht geklappt“. Lörwalds Themenfindung unterliegt auf jeden Fall einem anspruchsvollen Programm.

Eigenständigen Zugang bekommt der Betrachter, wenn er bemerkt, dass Motive sich wiederholen. Und dass Lörwald mit seinen unbändig vielen feinen Strichen, die sich zu einem Personalstil bündeln, offenbar auch einfach rein technisch experimentiert. Die Drucke in niedriger einstelliger Auflagenhöhe werfen spätestens dann, wenn man einen halben laufenden Meter Linien näher betrachtet hat, die brennende Frage auf: Wie hat der Mann das gemacht?

Nun, Lörwald ist künstlerischer Leiter der Druckwerkstatt in der Düsseldorfer Kunstakademie, arbeitet seit 25 Jahren im technischen Bereich dieser Sparte. Da ist man auf dem neuesten Stand oder sogar einen Schritt weiter: Jedes der 37 Bilder hat mindestens einen, meist mehrere Wechsel zwischen digitaler und analoger Zeichnerei, Filterung, Umkehrung etc. hinter sich.

Einem Handwerksideal folgt Lörwald trotzdem. Er zieht seine Linien selbst, ob am Bildschirm oder auf Papier. Er lässt sich Linien nicht vom Computer aus den Konturen fotografischer Vorlagen errechnen – obwohl er Fotovorlagen durchaus nutzt.

Diese vorbereitenden grafischen Mischtechniken nun münden in Tintenstrahl-Ausdrucken, im Einschnitzen zwei Quadratmeter großer Tischlerplatten für den klassischen Holzschnitt oder in anderen hochspezialisierten Verfahren wie z. B. der – neues Wort –: Intagliotypie. In jedem Fall trägt das Ergebnis die Handschrift Markus Lörwalds. Und es wirkt einheitlich, als hätte es gar keine hochkomplexe Entstehungsgeschichte.

Zur Tradition hat Lörwald ein gespanntes Verhältnis. Für die Würzburger Ausstellung plante er zunächst einen Totentanz. Dann packte ihn aber ein Schwindel: „Das Thema ist so stark besetzt und tradiert, dass man schlecht etwas Neues finden kann.“ Also hat er die Motive des Totentanzes „vereinzelt“ und „statt dem Thema Tod verschiedene Aspekte des Lebens“ behandelt. Das ist spannend auch für ihn selbst. Auf der Vernissage erzählte er von dem großen Print an der Stirnwand „ohne Titel“, dieses von Bedeutungen und einer selbstbewussten Frau strotzende Bild sei „der Beginn einer größeren Serie, bei der noch nicht klar ist, wohin sie sich entwickelt“. Immerhin, dass es ein Beginn ist, das steht schon einmal fest.

Ebenso übrigens, dass auch Düsseldorfer Akademiewerkstattleiter es erstrebenswert finden, sich in die Aussteller auf dem Würzburger Kunstschiff einzureihen. Das legt am kommenden Wochenende bei der Artbreit in Marktbreit an.

Öffnungszeiten ansonsten: bis 6. Juni jeweils von Do-Sa sowie an Feiertagen 15-18 Uhr, So 12-18 Uhr.

 
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