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WÜRZBURG
Experiment mit ungewissem Ausgang
Auch in der Sitzung des Kulturbeirats wurde das Semesterticket für das Mainfranken Theater kontrovers diskutiert.
Foto: Theresa Müller | Auch in der Sitzung des Kulturbeirats wurde das Semesterticket für das Mainfranken Theater kontrovers diskutiert.
Karl-Georg Rötter
Karl-Georg Rötter
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:13 Uhr

Im Kulturbeirat sind Kulturschaffende aus allen Sparten und verschiedensten Institutionen versammelt. Sie treffen sich auf Einladung der Stadt Würzburg mehrmals im Jahr, um vor allem dem städtischen Schul- und Kulturausschuss beratend zur Seite zu stehen. Eines der aktuellen und kontrovers diskutierten Themen ist das geplante Semesterticket für das Mainfranken Theater (MFT).

Wie berichtet plant die städtische Bühne gemeinsam mit der Studierendenvertretung ein Theaterticket für Studierende, das über eine moderate Anhebung des Semesterbeitrags finanziert werden soll. Das hat neun private Bühnen in Würzburg auf den Plan gerufen, die dadurch eine Wettbewerbsverzerrung befürchten. Denn wenn Studierende kostenlos professionelle Theateraufführungen besuchen könnten, sei zu befürchten, dass sie den privat betriebenen, häufig am Existenzminimum arbeitenden Theatern fern blieben, so die Argumentation. Die freien Theater haben sich deshalb in einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen, um das Semesterticket in seiner jetzigen Form zu verhindern.

Freie beklagen Nichtberücksichtigung

Dass die Gräben zwischen den beiden Parteien derzeit tief sind, zeigte sich auch im Kulturbeirat. Vor allem gibt es Kritik daran, dass die freien Bühnen von den Gesprächen über das Semesterticket ausgeschlossen waren. Thomas Lazarus (Theaterwerkstatt) und Andreas Büettner (Theater Ensemble) hatten jedenfalls gravierende Bedenken. Lazarus befürchtet, dass Studierende von vornherein ans MFT gebunden würden, wenn sie das Gefühl haben, dafür bereits bezahlt zu haben. Büettner geht noch ein Stück weiter. Wenn es ein Semesterticket sowohl für das MFT als auch für die privaten Bühnen gebe, seien diese beiden gegenüber allen anderen Kulturschaffenden – beispielsweise Museen – privilegiert. Deshalb seine Frage: Was geschieht mit den anderen Kultureinrichtungen?

Schützenhilfe bekamen die Theaterleiter von Ralf Duggen (Dachverband Freier Kulturträger). Zwar sei er nicht hundertprozentig mit der Position Theater-IG, es sei aber „ein Unding, wenn das Semesterticket nur für das Mainfranken Theater gelten soll“. Die ohnehin schon hohe Subvention für das städtische Theater würde damit nur weiter verstärkt. „Wenn, dann muss das Semesterticket für alle gelten“, forderte Duggen.

Terwey bezweifelt Lösung für alle

Dem stand die Position von Theater-Geschäftsführer Dirk Terwey entgegen. Er sprach von aufwendigen organisatorischen Fragestellungen, die mit dem Semesterticket verbunden seien, das im übrigen auf eine Initiative der Studierenden zurückzuführen sei. Man habe jetzt gemeinsam ein Modell auf den Weg gebracht, das demnächst nochmals mit der Geschäftsführung des Studentenwerks verhandelt werden soll. Das Studentenwerk soll die finanzielle Abwicklung des Semestertickets übernehmen. Insgesamt, so Terwey, sei dies „ein sehr ambitioniertes Projekt, das nicht von alleine läuft“. Terwey sagte weiter, dass er sich ein paralleles System vorstellen könne. „Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass wir alle ein gemeinsames System hinbekommen.“ Terweys Vorschlag: „Wir sollten jetzt das eine System einführen und vielleicht das andere zu einem späteren Zeitpunkt andocken.“

Al Ghusain bezweifelt Existenzgefährdung

Auch der scheidende Kulturreferent Muchtar Al Ghusain hatte kein Patentrezept zur Hand. Die Fragestellung, wie man Studierende motivieren könne, Kultureinrichtungen zu besuchen, sei keine neue. Im Fall des Semestertickets hätten sich jedoch Fronten aufgebaut. Hierdurch hätten die freien Theater große Publizität erfahren, was ein positiver Nebeneffekt sei. Er appellierte an beide Seiten, mehr das Verbindende als das Trennende zu sehen. Alle Kultureinrichtungen in die laufende Debatte einzubeziehen sei aber unrealistisch. Hypothetisch bleibt für ihn die Frage nach den Folgen des Semestertickets. Er, so Al Ghusain, glaube nicht, dass die freien Bühnen so darunter leiden müssten, dass ihre Existenz gefährdet sei.

Ruf nach empirischer Befragung

Getrud Nolte, Professorin für Design an der Fachhochschule, vermisst in der Debatte eine empirische Befragung der Studierenden über ihre Theater-Gewohnheiten. Dann bekäme man vielleicht eine Antwort auf die Frage, ob die Angst der freien Bühnen berechtigt sei. Im Moment sei es unklar, ob die Studierenden dort wirklich wegbleiben würden, wenn das Semesterticket eingeführt würde.

Für Ralf Duggen ist dies alles „ein Experiment mit ungewissem Ausgang“. Denn „wenn die Befürchtungen der freien Theater wahr werden, dann ist es bereits zu spät“.

 
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