
Letzter Schultag vor den Ferien: Da mischt sich die Spannung auf das Zeugnis mit der Freude auf die lange freie Zeit. Wahrscheinlich kann sich jeder und jede an die Tage der Zeugnisausgabe erinnern. Die Redaktion hat vier prominente Menschen aus Würzburg gefragt, welche Gedanken ihnen in den Sinn kommen, wenn sie sich an ihre eigenen Zeugnisse und Schulnoten erinnern.
1. Ruprecht von Butler: Die Zeugnisnoten waren keine Überraschung

Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich mein Abiturzeugnis bekommen habe. Das war 1986 in der Ehrenburg in Coburg. Ich war damals am Gymnasium Alexandrinum. Das war eigentlich ein Mädchengymnasium, hatte sich aber zwei Jahre zuvor für Jungs geöffnet. Wir waren zwei Jungs und 79 Mädchen!
Die Zeugnisübergabe war die schönste in meiner gesamten Schulzeit, weil das Abiturzeugnis mit einem Schnitt von 1,7 das beste Schulzeugnis war, das ich jemals hatte. Die anderen waren eher durchwachsen. Das lag auch an den häufigen Schulwechseln, die ich als Sohn eines Soldaten hatte. Unter den Soldatenkindern gab es einen schönen Spruch: "Vater wird versetzt, Sohn bleibt sitzen." Ich bin aber nie sitzen geblieben. Allerdings sagte ein Lehrer mal zu meiner Mutter: "Macht dieser blitzgescheite Junge auch jemals Hausaufgaben? Dann könnte er auch gute Noten haben."
Besonders gelegen haben mir immer die naturwissenschaftlich-mathematischen Fächer, die haben mir auch die gute Abiturnote eingebracht. Grottenschlecht war ich in den künstlerisch-musischen Fächern. Eine Musiklehrerin sagte in der vierten Klasse mal zu mir: "Ich kann dir doch in Musik keine Fünf geben." Ich habe ihr frech geantwortet: "Dann geben Sie mir doch eine Vier." Die kriegte ich dann auch!
Angst vor dem Zeugnistag hatte ich nie, weil die Noten ja keine Überraschung waren. Die Zeugnisausgaben waren für mich immer entspannend, ich bin da nie in Panik geraten. Dennoch waren schulische Leistungen bei uns zu Hause ein großes Thema. Vor allem meine Mutter war da sehr hinterher. Im Scherz habe ich mal zu ihr gesagt: "Meine guten Noten schreibe ich nur für dich!"
Ruprecht von Butler (56) ist Generalmajor des Heeres der Bundeswehr und Kommandeur der 10. Panzerdivision Veitshöchheim.
2. Pia Beckmann: Zeugnistage waren immer etwas Besonderes

Für mich war Schule immer sehr positiv besetzt. In der Grundschule in Hammelburg war es meiner Mama sehr wichtig, dass ich gute Noten bekomme. Gut in der Schule zu sein, bedeutete: Du kannst dir deinen Traum vom Leben erfüllen, wenn du die entsprechenden Noten hast. Mir haben damals fast alle Fächer gut gefallen, wir hatten auch tolle Lehrer. Nur Handarbeit fand ich ätzend, das war gar nichts für mich.
Die Zeugnistage waren vor allem in der Grundschulzeit etwas Besonderes. Denn sie bedeuteten auch: Man kriegt etwas! Die guten Noten wurden zu Hause belohnt, für eine Eins gab es vielleicht zwei Mark, für eine Zwei dann eine. Wir hatten damals wenig Taschengeld, deswegen war das für mich immer sehr schön. Ich habe mir davon dann zum Beispiel "Putzi"-Bücher gekauft, die ich damals sehr gemocht habe.
Als wir später nach Würzburg gezogen sind, wollte mir ein Lehrer einreden, dass das Gymnasium nichts für mich sei. Ich würde das nicht schaffen, so wie ich bin. Ich habe mich davon einschüchtern lassen, obwohl ich aufs Gymnasium gehen wollte. Dank der Ermutigung meiner Eltern und einer Mitschülerin habe ich das dann trotzdem gemacht. Das zeigt, dass auch Lehrer nicht immer richtig liegen, dass ein Zwischentief keine Katastrophe ist und sogar ein Ansporn sein kann. Wenn man etwas als Kind will, dann soll man das machen - und man kann es auch schaffen.
Im Gymnasium war ich eine Zeitlang auch mal eher durchschnittlich, habe aber zum Ende wieder angezogen, weil mir das Abitur wichtig war und ich mir alle Optionen für das Studium offenhalten wollte. Meine Eltern hatten übrigens immer Verständnis für mich, auch wenn ich mal eine schlechte Note nach Hause gebracht habe. Wichtig war ihnen, dass ich meinen Weg gehen kann. Noten sind am Ende immer nur Momentbeobachtungen.
Pia Beckmann (60) war von 2002 bis 2008 Oberbürgermeisterin von Würzburg. 2017 initiierte sie das bundesweite Demokratieprojekt "pics4peace".
3. Bischof Franz Jung: Zwei Gefühlslagen am allerletzten Schultag

Ich erinnere mich gut an den allerletzten Tag meiner Schulzeit. Damals schwankte ich zwischen zwei Gefühlslagen. Zum ersten Mal im Leben hatte ich das Gefühl, einen Lebensabschnitt mit seinen Herausforderungen erfolgreich gemeistert zu haben, was mich mit großer innerer Zufriedenheit erfüllte. Und zugleich trieb mich die vielleicht nicht bange, aber doch irgendwie kribbelnde und spannende Frage um, wie es nun weitergehen würde. Angst aber hatte ich keine vor dem, was da kommt.
Für die Belohnung für gute Noten waren die Großeltern zuständig. Wenn man stolz sein Zeugnis präsentieren konnte, gab’s eine ansehnliche Aufbesserung des Taschengeldes. In der Familie feierten wir gemeinsam die guten Abschlüsse und das war immer etwas sehr Schönes. Bestrafung wegen schlechter Noten gab es keine, glücklicherweise waren diese auch eher die Ausnahme.
Auch rückblickend gesehen halte ich Noten für etwas Wichtiges. Die Notengebung ist eine Belohnung für die Leistung, die man erbracht hat. Auch wenn der ewige Streit über die Angemessenheit der Noten nie verstummen wird, helfen sie einem doch zur eigenen Positionsbestimmung. Man sieht, wo man steht und wo noch Luft nach oben ist. Das spornt an. Zugleich lernt man zu akzeptieren, dass die Außenwahrnehmung mitunter anders ausfällt, als man selbst gedacht hatte.
Natürlich sind Noten nicht alles, und die Lebenstüchtigkeit lässt sich schon gar nicht danach bemessen. Aber gerade in einer Zeit, in der darüber diskutiert wird, dass bei den Bundesjugendspielen die individuellen Leistungen nicht mehr objektiv bewertet werden sollen, halte ich die Notengebung für eine gute Hilfe, die eigene Wirklichkeit ungeschminkt wahrzunehmen und an sich zu arbeiten.
Franz Jung (57) ist seit Juni 2018 Bischof von Würzburg.
4. Christine Haupt-Kreutzer: Freude auf die freie Zeit in den Ferien

In den letzten Tagen vor den Sommerferien stand bei mir eigentlich immer die Freude auf die freie Zeit im Vordergrund - Zeit verbringen am Badesee, Freunde treffen und in den Urlaub fahren. In jungen Jahren habe ich regelmäßig den Ferienpass genutzt, später ging es mehr darum, Freunde zu treffen und die Freiheit zu genießen.
Als ich meine Grundschul- und Gymnasial-Zeugnisse durchgesehen habe, steht mit einer Regelmäßigkeit darin: Ihr Verhalten war sehr lobenswert! Allerdings muss ich auch zugeben, dass in den Klassen 7 bis 8 in den Zwischenzeugnissen der Hinweis „Vorrücken gefährdet“ auftauchte und der Satz "In Mathematik sollte sie noch intensiver arbeiten, um in Zukunft den Anforderungen zu genügen.“ Aber zum Jahreszeugnis konnte ich zum Glück das Rad noch irgendwie umdrehen.
Eine Belohnung gab es besonders von der Oma für ein gutes Sommerzeugnis, ein sogenanntes Notengeld. Für die Note Eins gab es 10 D-Mark, für eine Zwei gab es 5 D-Mark. Und Ärger? Naja..ich kann mich erinnern, dass ich kurz vor einem Elternabend meinen Vater mit einem Briefchen doch noch auf einige Noten vorbereitet habe, die ich verschwiegen hatte.
Eine besonders positive Verbundenheit mit meiner Grundschule in Margetshöchheim fühle ich beim Zeugnis der ersten Klasse. Ich habe meine Erstklasslehrerin erst vor einem halben Jahr zufällig auf dem Weihnachtsmarkt in Waldbüttelbronn getroffen - sie hat mich nach über 40 Jahren gleich wiedererkannt und wir haben geplaudert und ein Foto gemacht. Auch zu meinem Zehnte-Klasse-Zeugnis aus dem Deutschhaus-Gymnasium habe ich besonderen Bezug. Das Deutschhaus als Landkreisschule besuche ich heute immer wieder gerne bei Veranstaltungen. Lange Zeit waren dort Lehrer aus meiner Schulzeit anzutreffen.
Für meinen weiteren Lebensweg waren die Noten eher weniger wichtig. Jedoch blieb mir ein Studienwunsch versagt: Nach Abschluss der Fachhochschulreife an der FOS war es mein Berufswunsch, Touristik zu studieren, ein Studium mit damals einem Numerus Clausus von 1,5. Da hat leider mein Abi-Durchschnitt nicht gereicht. Später haben Noten vielleicht noch bei der Erstbewerbung nach dem Studium eine Rolle gespielt – aber keinesfalls die „entscheidende“.
Christine Haupt-Kreutzer (54) ist seit 2014 Würzburgs stellvertretende Landrätin.