Debora Rush heißt im richtigen Leben wahrscheinlich gar nicht so. Das ist aber egal. Jetzt ist ja nicht richtiges Leben. Jetzt ist Erotica und Frau Rush steht auf der Bühne. Und zwar üppig bekleidet. Pelzjäckchen, Handschuhe, langer Rock über engem Kleid . . . Weil der Moderator angekündigt hat, dass Frau Rush strippt, ahnt man, dass es eine Weile dauern wird, bis alle Hüllen gefallen sind.
Den Herren in der ersten Reihe kommt das entgegen. Sie müssen aufbauen. Sich und ihr Equipment. Manche haben eine Kameraausrüstung dabei, als wollten sie die Fortsetzung von „Avatar“ drehen. Wer hier mit einem schnöden Smartphone filmt, fällt unangenehm auf.
Heimisches Holz-„Spielzeug“
Debora Rush entledigt sich langsam ihres Pelzjäckchens, des Rocks, des Kleides . . . Sie hat viele Tattoos und wenig Cellulitis. Am Ende klemmt sie sich eine brennende Kerze zwischen die Pobacken. Als das Ding, aus welchen Gründen auch immer, ausgeht, darf einer aus der ersten Reihe es neu entzünden. Der Mann schwitzt und strahlt und seine Hände zittern ein bisschen.
Junge Leute sind auch vertreten – obwohl der Eintritt nicht billig ist. 20 Euro kostet der „Tagespass“ an der Kasse. Paare, wobei der Veranstalter als solche nur die Kombination „Sie & Er“ versteht, zahlen 35 Euro. Für den „Dauerpass“ sind 45 Euro fällig: Drei Tage lang 27 Stunden Strip-Shows, Vibrationseier in Bonbonfarben, allergiegetestete Nadelräder, Dildos aus Silikon, Hannibal-Lecter-Masken, Peitschen . . . Das meiste „made in China“.
Aber auch die heimische Wirtschaft ist vertreten: WaldMichlsHoldi mit einem Sortiment von Vibratoren aus Odenwälder Fichtenholz. „Frettchen“, „sanfte Doppel-Hummel“ oder „Waldgeist“ heißen die Teile, beschichtet sind sie „nach der deutschen Kinderspielzeug Verordnung DIN 71.3“. Sex-Spielzeug für den umweltbewussten Naturfreund, zu reinigen „nur mit warmem Wasser“ und „absolut spontan einsetzbar“.
Porno-DVDs sind aus dem Rennen – auch wenn sie bissige Omas zeigen.
Ansonsten ist Silikon das Material der Wahl. Ob „Power-Ring“ oder „Liebeskugel“, ob „Penis-Extender“ oder „Satisfyer“, nachdem die synthetischen Polymere schon lange Küchenschränke, Backöfen und Gefriertruhen erobert haben, finden sie jetzt auch Eingang in die Körperöffnungen.
Aus dem Rennen scheinen Porno-DVDs zu sein. Offenbar hat das Internet die auf Polycarbonat gebrannte „Heidi, das Luder von der Alm“ verdrängt. Nicht mal zum Schleuderpreis von zehn Euro mag jemand sie kaufen. Noch schlimmer als Heidi hat es eine ältere Dame getroffen. „Oma, beiß mich“ heißt das Werk, an dem sie maßgeblich mitgewirkt hat – und das nun ein Tombola-Preis ist. Selbstverständlich gibt es auch Bekleidung und Accessoires auf der Erotikmesse.
Büstenhalter, die weniger halten als freigeben. Slips mit Löchern an entscheidenden Stellen. Halsbänder, die nicht zum Gassi gehen mit dem Hund taugen, Maulkörbe für Männer, Mieder für Frauen . . . An einem Stand lässt sich eine Besucherin von einem Verkäufer im Schottenrock öffentlich in eine solche Klamotte pressen. Die Dame überragt den Herrn um schlappe 15 Zentimeter, hat nach eigenen Angaben Kleidergröße 46 und trägt ein dickes Sweatshirt über der Jeans.
In die Waschmaschine darf aber nicht jedes der nietenbesetzten Teile.
Der falsche Schotte müht sich ab, drückt der Kundin sein rechtes Knie ins Kreuz, zieht und zerrt und schnürt. Das tiefschwarze, mit glänzenden Nieten besetzte Mieder quetscht nach oben, was vorher in der Körpermitte war, staucht nach unten, was oben keinen Platz mehr findet. Nach guten fünf Minuten hat die Frau eine Wespentaille und einen gewaltigen Busen. „Wow“, sagt sie, als sie ihr Spiegelbild betrachtet – und der Verkäufer wittert Morgenluft. Dann stellt sie eine Frage: „Kann man das in der Maschine waschen?“ Man kann nicht.
Enttäuschungen lassen sich auf der Erotica mit „Sex on the Beach“ verarbeiten. Den gibt es für sieben Euro. Aus einem Plastikbecher und mit Strohhalm.
Hut ab, Frau Schmidt!
Außerdem ist der Artikel(?) interessanter als das seitenlange Geschreibsel über einen alten Knochen, der nicht nur die WÜRZBURG-Stadtseite füllt sondern auch noch im Frankenteil wiederholt wird.
Wie immer nicht anonym sondern Mit freundlichen Grüßen
Heinrich Jüstel