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Rottendorf
Eröffnung des "Begegnungsbahnhofs": Die Zeit der Schmuddelbahnhöfe ist in Rottendorf beendet
Großer Andrang bei der Bahnhofseröffnung. 
Foto: Christian Ammon | Großer Andrang bei der Bahnhofseröffnung. 
Christian Ammon
 |  aktualisiert: 23.06.2023 03:41 Uhr

Die Bahnhöfe waren einst der Stolz der Eisenbahn. Seit der Bahnreform in den 1990er Jahren konnte es der Bahn jedoch gar nicht schnell genug gehen, sie loszuwerden. Bei der Segnung und Eröffnung des zum "Begegnungsbahnhof" umgestalteten historischen Bahnhofsgebäudes zeigte sich nun, wie es gelingen kann, einen vermeintlich überflüssigen Bahnhof zu einem markanten und einladenden Gebäude umzugestalten. Die Zeit der Schmuddelbahnhöfe scheint zuende – zumindest in Rottendorf.

"Wir hoffen, dass sich hier ein neuer Treffpunkt in Rottendorf entwickelt", wagte Bürgermeister Roland Schmitt eine vorsichtige Prognose. Die Chancen stehen gut, dass dies gelingt. Die große Beteiligung der Rottendorfer Bürger, die das 1855 errichtete Gebäude besichtigten und am Festakt teilnahmen, deutet dies an. Der Rottendorfer Bahnhof gehörte zu Hunderten weiterer Bahnhöfer, die ein Immobilienunternehmen 2002 erwarb. Der Gemeinde gelang es 2014, das ungenutzte Stationsgebäude zu kaufen.

Großer Saal für Veranstaltungen

Im Anbau ist ein moderner Veranstaltungssaal untergebracht.
Foto: Christian Ammon | Im Anbau ist ein moderner Veranstaltungssaal untergebracht.

Danach war Geduld gefordert: Nach der Bauvoranfrage 2017 verstrich ein Jahr nach dem anderen, ohne dass sich zunächst viel tat. Aufwendige Abstimmungen mit der Bahn seien nötig gewesen, berichtete der Bürgermeister. Allein die Entwidmung des Grundstücks benötigte drei Jahre. Auch die Bauarbeiten gestalteten sich schwieriger als erwartet. Unerwartete Schwierigkeiten, Schadstoffe und schließlich die aktuelle Krise verzögerten die Arbeiten.

Gemeinde und Architekt Reinhold Jäcklein, der sich in einer europaweiten Ausschreibung durchsetzte, legten großen Wert auf die Gestaltung. Insgesamt hat die Sanierung 4,6 Millionen Euro gekosten, davon hat der Freistaat 2,1 Millionen übernommen. Das historische Gebäude wurde möglichst unverändert und an einer historischen Aufnahme orientiert gestaltet. Architekt war Gottfried Neureuther, seinerzeit verantwortlich für die bauliche Gestaltung aller Hochbauten an der nach König Ludwig I. von Bayern als Ludwigs-Westbahn benannten Strecke Frankfurt – Bamberg.

Ein Schuppen wurde abgerissen und dafür ein moderner Betonanbau mit großflächigen Fenstern errichtet. Ein großer Saal steht für Veranstaltungen zur Verfügung. Auch innen hat die Gemeinde auf hochwertige Materialien geachtet, Kirchheimer Muschelkalk für den Boden und Esche für die Wände verwendet. Selbst für Kunst am Bau blieb Geld übrig. An der Außenwand grüßt eine an der historischen Lokomotive angelehnte Wandskulptur des Künstlers Matthias Braun die Fahrgäste.

Platz für die Kapelle und die Krabbelgruppe

Skulptur der Lokomotive 'Rottendorf' des Künstlers Matthias Braun.
Foto: Christian Ammon | Skulptur der Lokomotive "Rottendorf" des Künstlers Matthias Braun.

Auch die Fahrgäste der Bahn haben gewonnen: Ein ansprechend gestalteter Wartebereich und großzügige, barrierefreie Toiletten laden zum Bahnfahren ein. Feste Nutzer des Gebäudes sind die Rottendorfer Krabbelgruppe und die Musikkapelle, die im Dachgeschoss einen Proberaum beziehen. Im Erdgeschoss ist zudem ein Eiscafe untergekommen, das zum Verweilen einlädt.

Für Rottendorf ist die Eisenbahn ein wichtiger Teil der Ortsgeschichte. Hier treffen die beiden bedeutenden Strecken der Ludwigsbahn und die 1865 eröffnete Strecke nach Nürnberg aufeinander. Schon früh war der Ort als wichtige Zwischenstation und Streckenknoten vorgesehen. An dieser Stelle konnte die Vorgabe einer mehr als 440 Meter langen und ebenen Gleisstrecke erfüllt werden.

Ein im Gemeindearchiv aufbewahrter Gleisplan aus dem Jahr 1912 verdeutlicht Rottendorfs gut ausgebildeten Streckenknoten mit sechs Gleisen. Über zwei Stellwerke wurden mehr als 35 Weichen bedient. Anfang der 1960er Jahre wurde das siebte Gleis errichtet. Bis in die 1970er Jahre diente der Rottendorfer Bahnhof auch als Verladestation landwirtschaftlicher und gewerblicher Güter. In den 1980er Jahren baute die Bahn ein drittes Gleis zwischen Würzburg Hauptbahnhof und Rottendorf.

Joachim Kraus (rechts) von den Eisenbahnfreunden Würzburg überreichte Bürgermeister Roland Schmitt (Mitte) eine Originalaufnahme einer Dampflok vor dem Rottendorfer Bahnhof von 1971 und eine von ihm angefertigte Zeichnung des Gebäudes.
Foto: Christian Ammon | Joachim Kraus (rechts) von den Eisenbahnfreunden Würzburg überreichte Bürgermeister Roland Schmitt (Mitte) eine Originalaufnahme einer Dampflok vor dem Rottendorfer Bahnhof von 1971 und eine von ihm angefertigte ...
 
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