"Es ist eine große Ehre für uns, dass wir an den Feierlichkeiten zur Landung der Alliierten Truppen in der Normandie vor 80 Jahren in unsere Partnergemeinde Colleville-Montgomery eingeladen wurden", ist Kleinrinderfelds Bürgermeister Harald Engbrecht noch immer ergriffen. Auf Einladung des dortigen Partnerschaftskomitees weilte er mit einer kleinen Delegation in der Partnergemeinde, deren Menschen den Kleinrinderfeldern seit mittlerweile 29 Jahre ans Herz gewachsen sind. Der ehemalige Bürgermeister Guy Legrand hatte sich damals bewusst für eine deutsche Partnergemeinde entschieden, denn die Aussöhnung von Franzosen und Deutschen war längst im Gang. Das war nicht immer leicht und er hatte viele Widerstände, vor allem der älteren Bevölkerung zu überwinden, aber heute ist die Partnerschaft und der regelmäßige Austausch eine Selbstverständlichkeit geworden.
Trotzdem stellt die Teilnahme an den Feierlichkeiten "80 Jahre D-Day" noch einmal etwas ganz Besonderes dar. Denn dieser Tag gehört eigentlich den Franzosen und den Engländern, Kanadiern oder Amerikanern und ihrem Gedenken. Und immer mit dabei sind die Veteranen, die als Augenzeugen von den Geschehnissen an den fünf Anlandezonen berichten können. Jeder von ihnen ist mindestens 98 Jahre alt, der älteste Teilnehmer sogar 105. "Unvorstellbar, was sie alle erleben mussten an diesem 6. Juni 1944 und den Wochen und Monaten danach und zudem ein Leben lang mit sich herumgetragen haben", dankte Richard Palusinski, Präsident der Vereinigung "Spirit of Normandy Trust" für das Kommen der letzten Zeitzeugen zu den Feierlichkeiten in Colleville-Montgomery.
Die kleine Gemeinde an der Küste, die heute bekannt ist als "Sword-Beach" war die östlichste Anlandetruppe der größten Schiffsarmada, die jemals aufgestellt worden war. 6480 Schiffe und Boote machten sich mit 150.000 Soldaten von den englischen Kanalhäfen auf, um das Nazi-Regime mit einer zweiten Front (die erste befand sich auf russischem Gebiet) zu bekämpfen und zu besiegen.
Der Widerstand der Deutschen war gewaltig, erinnert sich der heute 101 Jahre alte Ken Wright. Er gehörte zum Suffolk-Regiment, das den strategisch wichtigen Hilman-Bunker etwa zwei Kilometer oberhalb von Collville-sur-Orne, wie der Ort vor der Invasion hieß, einnehmen sollte. Doch die deutschen Verteidiger kämpften bis zur, wahrhaft, letzten Patrone. "Meist alte Männer und junge Kerle wie wir", erinnert sich Wright. Mit ihren schweren MGs und den anderen Waffen hätten sie es fast geschafft, die Invasion zum Scheitern zu bringen. Doch die Übermacht an Menschen und Material gab letztlich den Ausschlag für das Invasionsheer.
Wright und seine noch lebenden Kameraden werden als Helden verehrt und entsprechend behandelt. Überall wollen die Menschen ihre Hände schütteln und ein paar Worte wechseln, wenn die Veteranen bei einer Zeremonie oder bei einer Parade auftauchen. Und davon gibt es in der Normandie rund um den 6. Juni mittlerweile zahlreiche. Die damals zweijährige Monique Hardy hat zwar keine direkte Erinnerung mehr an den "Tag der Befreiung", aber sie hegt keinen Groll gegen die Deutschen von heute. Ein englischer Soldat, der bei der Rheinarmee diente und nun als Dudelsackspieler eingesetzt war, brachte es auf den Punkt: "Es war das Regime, das wir bekämpften, nicht die Menschen und deshalb habe ich keine Vorbehalte gegen die Deutschen."
Nach 80 Jahren hat sich vieles verändert und zum Guten gewendet, das konnte auch Bürgermeister Harald Engbrecht erleben, der, wie seine Mitreisenden, immer freundlich und zuvorkommend behandelt wurde, bei seinem jetzigen Besuch und auch schon zuvor. Der Austausch mit den Menschen ist wichtig und tut der Verständigung gut, ist er überzeugt. Im kommenden Jahr besteht die Partnerschaft mit Colleville-Montgomery seit 30 Jahren. Dann will man gemeinsam, so der Plan, um den 6. Juni herum groß feiern.