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WÜRZBURG
Er mühsame Weg zum Job, oder: Silke hat es geschafft
Seit Januar unterstützt Barbara Stehmann ehemalige BBW-Absolventen.
Foto: Pat Christ | Seit Januar unterstützt Barbara Stehmann ehemalige BBW-Absolventen.
Pat Christ
Pat Christ
 |  aktualisiert: 02.04.2019 12:34 Uhr

Vielleicht hat Jürgen Krones in Kürze eine neue Arbeit. „Ich hoffe es so sehr“, sagt der Garten- und Landschaftsbauer. Seit Januar sucht der 41-Jährige nach einer neuen Stelle. Vergeblich bislang, dabei würde er so gerne was tun. Dass es so zäh ist mit der Jobsuche, obwohl doch der Arbeitsmarkt brummt, liegt an einer Beeinträchtigung: „Ich habe eine Lernschwäche“, erzählt Krones beim „Tag der Ehemaligen“ des Berufsbildungswerks der Caritas-Don Bosco gGmbH (BBW).

Mehr als 200 Männer und Frauen, die – teilweise vor vielen Jahren – eine Ausbildung im BBW in Würzburg absolviert haben, kamen jetzt zusammen – und manche konnten Erfolgsgeschichten erzählen: Wenn auch oft nach Anlaufschwierigkeiten, hatten sie es irgendwann geschafft, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Einige allerdings mussten zwischendurch mit Phasen der Arbeitslosigkeit kämpfen oder sind derzeit ohne Job.

Der Haken an der Sache

„Wenn sie ,BBW‘ lesen, legen manche Arbeitgeber unsere Bewerbung einfach weg“, bedauert Jürgen Krones. Manches Mal schon habe er sich regelrecht diskriminiert gefühlt. Vor kurzem habe er in Aschaffenburg einen Arbeitgeber gefunden, der ihn gern nehmen würde. Krones soll medizinischen Sauerstoff zu Patienten fahren, was ihm, sagt er, auch Spaß machen würde. Der Haken: „Ich habe gerade erfahren, dass ich einen Gefahrgutschein machen muss“, sagt Krones. 300 Euro wären da für nötig – aber wie finanzieren vom kargen Arbeitslosengeld?

Silke Nunn hat Glück gehabt. Die BBW-Absolventin aus Bad Mergentheim arbeitet als Hauswirtschaftstechnische Helferin in der Würzburger Uniklinik. Allerdings suchte sie nach der Ausbildung fast zwei Jahre lang nach einem Job. Es sei eine schreckliche Zeit gewesen, erzählte Nunn beim Ehemaligentreffen. Sie hätte nicht gewusst, ob es jemals mit einer Stelle klappen würde.

Wichtig: Von niemandem mehr abhängig sein

In der Uni-Klinik verteilt Nunn als „Modulassistentin“ nun medizinische Produkte, am Wochenende reinigt sie Intensivstationen. Von der Ausbildung im BBW habe sie aber nicht nur mit Blick auf den Job profitiert: „Ich habe gelernt, zu kochen, zu putzen und zu waschen. Seitdem ich das kann, bin ich von niemandem mehr abhängig.“

Claudia Jürgen ist ebenfalls Hauswirtschaftstechnische Helferin. Vor 15 Jahren fand die Aschaffenburgerin ihren Arbeitspatz: Die 38-Jährige, die Probleme hat, zu lesen, zu schreiben und sich Neues zu merken, ist in der Wäscherei des Klinikums Aschaffenburg tätig. „Werde ich jemals unterkommen?“, fragte auch sie sich anfangs. Ein Praktikum am Ende des dritten Lehrjahrs verstärkte ihr Sorgen: „Ich war im Hotel in einer Küche, wo erwartet wurde, dass man Rezepte auswendig kocht.“

Aktuell 400 Teilnehmer am BBW

Im Bildungszentrum der Caritas-Don Bosco gGmbH durchlaufen derzeit fast 400 Teilnehmer eine Bildungsmaßnahme. Die Einrichtung ist längst nicht mehr ausschließlich Anlaufstelle für Menschen mit Lernschwäche. Seit fünf Jahren, erzählt Pädagoge Thomas Maier, erhalten auch junge Menschen mit Autismus sowie seelisch kranke Jugendliche Unterstützung auf ihrem Bildungsweg.

Knapp 300 Teilnehmer zwischen 15 und 25 Jahren erlernen im BBW aktuell einen Beruf. 60 durchlaufen das Berufsvorbereitungsjahr (BVJ). Im Durchschnitt der vergangenen Jahre schaffen es 65 Prozent der Teilnehmer auf Anhieb, nach der Lehre in die Arbeitswelt zu wechseln. „Diese Quote würden wir gerne steigern“, sagt Thomas Maier.

Integrationsdienst unterstützt in den Betrieben

Für dieses Ziel setzt sich zum Beispiel Thomas Schneider vom Integrationsdienst ein: Die Mitarbeiter des Dienstes helfen Betrieben, die sich für einen BBW-Teilnehmer interessieren, den neuen Mitarbeiter einzugliedern. „Beispielsweise dadurch, dass wir den Teilnehmern Arbeitsabläufe verständlich erklären“, sagt Schneider.

Seit Januar ist Barbara Stehmann in einem neuen Projekt Ansprechpartnerin für alle Menschen, die irgendwann einmal im BBW gewesen sind. Sie hilft bei sämtlichen Problemen, die im Laufe des Lebens auftreten können. Angefangen von Schwierigkeiten in der Partnerschaft über Schulden bis hin zu Suchtproblemen. „Meine Aufgabe ist es nicht, direkt in Jobs zu vermitteln“, erklärt Stehmann. Vielmehr sollen persönliche Schwierigkeiten gelöst werden – sind sie doch oft der Grund dafür, dass es im Job problematisch wird oder der Verlust des Arbeitsplatzes droht.

Alternative Lehre

Für junge Menschen, die aufgrund einer Lernbeeinträchtigung keine reguläre Ausbildung beginnen können, gibt es nach Auskunft der Arbeitsagentur Würzburg zwei Möglichkeiten, eine Lehre zu durchlaufen. Die Betroffenen können sich zum einen in einem Berufsbildungswerk (BBW) ausbilden lassen. Die Caritas-Don Bosco gGmbH ist in Unterfranken das einzige BBW.

Außerdem gibt es die Möglichkeit, eine „kooperativen Ausbildung“ zu durchlaufen. Der Jugendliche absolviert dabei eine Lehre in einem Ausbildungsbetrieb der freien Wirtschaft, wird aber engmaschigen durch einen Bildungsträger betreut. Für die „kooperative Ausbildung“ stehen im Agenturbezirk Würzburg aktuell 50 Plätze zur Verfügung.

Für die Eingliederung aller Menschen mit Behinderung in Arbeit und Ausbildung kann die Würzburger Agentur derzeit pro Jahr 11,6 Millionen Euro ausgeben. Für die Ausbildungsvorbereitung und die Ausbildung im Berufsbildungswerk werden rund zwei Millionen Euro jährlich aufgewendet. PAT

Glücklich, dass sie im BBW einen Beruf lernen konnten (von links): Claudia Jürgen, Jürgen Krones und Silke Nunn.
Foto: Pat Christ | Glücklich, dass sie im BBW einen Beruf lernen konnten (von links): Claudia Jürgen, Jürgen Krones und Silke Nunn.
 
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