Franzi hatte Glück. Todkrank und völlig kraftlos lag die kleine Katze am Wegesrand, als Martin Weid sie beim täglichen Spaziergang mit seinen Hunden fand. Kurzerhand nahm er sie mit nach Hause, auf den Gnadenhof in Gollachostheim.
Seit fünf Jahren wohnt Weid hier zusammen mit seiner Lebensgefährtin Susanne Pfeuffer – und knapp 100 Tieren. Genauer gesagt: Mit 23 Ziegen, sieben Hunden, fünf Schweinen, 19 Hühnern, 15 Kaninchen, elf Meerschweinchen und 14 Katzen. Eine von ihnen ist Franzi. Sie ist inzwischen wieder gesund. Nächste Woche wird sie an einen neuen Besitzer vermittelt.
„Das ist aber die Ausnahme“, sagt Susanne Pfeuffer, während sie Franzi den Nacken krault. „Normalerweise ist unser Hof die Endstation für die Tiere. Sie können hier bleiben bis sie sterben.“ Der Gnadenhof nimmt vor allem Tiere auf, die wegen Krankheit oder Misshandlung keinen neuen Besitzer mehr finden. Auch Nutztiere, die kurz davor sind, den Weg zum Schlachter anzutreten, landen hier. „Die Tierschützer sind bundesweit vernetzt und verteilen die Notfälle in ganz Deutschland“, erklärt die gebürtige Ochsenfurterin. „Wir bekommen aber auch Tiere aus dem Ausland.“ Hund Leni zum Beispiel kommt eigentlich aus Russland. Lange Zeit lebte sie auf der Straße, bis sie von einem Auto angefahren wurde.
Beinahe jede Woche erreicht den Gnadenhof eine neue Anfrage. „Leider müssen wir inzwischen den meisten absagen“, bedauert die Tierrechtlerin. „Wir sind sehr ausgelastet und können keine neue Tiere mehr aufnehmen.“ Sowohl finanziell als auch räumlich wird es langsam eng.
Pfeuffer und Weid arbeiten beide Vollzeit. Ihre Gehälter bilden den Grundstock für die laufenden Kosten. „Darüber hinaus sind wir natürlich stark auf Spenden angewiesen“, sagt Pfeuffer. Zwischen 1000 und 2000 Euro im Monat gehen allein an den Tierarzt. Dazu kommen Futter und Medikamente. „Die Spenden verwenden wir natürlich nur für die Tiere“, betonen die Tierfreunde. „Wir finanzieren damit nicht unseren Lebenstraum.“
Für diesen Lebenstraum opfert das Paar seine gesamte Freizeit. „Obwohl opfern das falsche Wort ist“, widerspricht Pfeuffer. „Wir leben so, wie wir leben wollen. Es ist unsere Idealvorstellung.“
Susanne Pfeuffer, Vorstandsmitglied von „Menschen für Tierrechte“
Urlaub hat das Paar seit fünf Jahren nicht gemacht. Luxus ist ihnen nicht sonderlich wichtig. Stattdessen klingelt bei ihnen jeden Morgen um fünf Uhr der Wecker, damit die Tiere versorgt werden können. Anschließend verlassen die beiden den Hof und gehen ihrer Arbeit nach. Martin Weid arbeitet als Werkzeugmacher und Konstrukteur. Susanne Pfeuffer ist als Projektleiterin für Hoteleinrichtungen tätig. „In der Mittagspause erledigen wir Dinge wie den täglichen Einkauf.“ Nach der Arbeit geht es sofort zurück auf den Hof. „Dann werden zum Beispiel die Ställe ausgemistet, die Hunde ausgeführt oder der Tierarzt kommt vorbei“, zählt Weid auf.
Die Arbeit zehrt Energie. Schlafmangel ist bei den Bewohnern des Gnadenhofs keine Seltenheit. „Aber es macht uns auch viel Freude“, sagt Pfeuffer. „Und auch die vielen kleinen Erfolgserlebnisse sind wichtig.“ Die Tierrechtlerin ist nebenbei auch im Vorstand des Bundesverbandes „Menschen für Tierrechte“ politisch aktiv – und hier lassen die Erfolge mitunter lange auf sich warten. „Das politische Engagement zermürbt einen, weil die Veränderungen so lange dauern“, berichtet sie. „Es hat zum Beispiel über zehn Jahre gedauert, bis der Tierschutz im Grundgesetz verankert war.“ Jetzt setzt sich der Verband unter anderem dafür ein, dass ein Verbandsklagerecht eingeführt wird. Damit könnten Tierschutzverbände sozusagen stellvertretend für die Tiere Klage einreichen, beispielsweise in den Bereichen Massentierhaltung oder Tierversuche. „So kann man das Leben von vielen 1000 Tieren verbessern“, hofft Pfeuffer.
Bis es so weit ist, steckt sie ihre Energie in den Gnadenhof. Erst im letzten Jahr wurde er mit dem Bayerischen Umweltpreis ausgezeichnet. Die Plakette hängt inzwischen an der Hoftür. „Es ist schön, wenn andere Menschen mitbekommen was wir machen“, findet Martin Weid. „Für uns war das eine gesellschaftliche Anerkennung.“
Auch in ihrem Dorf erhalten die beiden Hofbesitzer viel Unterstützung. Regelmäßig kommen Nachbarskinder vorbei, um zu helfen. Die umliegenden Bauern helfen mit Stroh und Heu aus. „Da haben wir wirklich Glück“, findet Pfeuffer. „Anderen Höfen werden da viel mehr Steine in den Weg gelegt.“
Glück hatten sie auch mit Chris Mc Roberts. Der gelernte Mediengestalter wohnt seit Anfang des Jahres mit auf dem Betrieb und hilft, wo er nur kann. „Ich habe meinen Job gekündigt, um mich ein Jahr im Bereich Tierschutz zu engagieren“, erklärt der 24-Jährige. Geld möchte er keines. „Das ist natürlich toll, so einen Helfer zu haben“, findet Pfeuffer. „Er nimmt uns viel ab.“ Dank ihm könnten sie morgens jetzt eine halbe Stunde länger schlafen, bemerkt Martin Weid und lacht. Der etwas andere Luxus.
Besucher sind auf dem Gnadenhof jederzeit willkommen. Bestimmte Öffnungszeiten gibt es keine. Termine können vereinbart werden unter Tel. (0 98 48) 96 94 18.
Unterstützung gesucht
Tierpatenschaften kann übernehmen, wer den Gnadenhof in Gollachostheim unterstützen möchte. Der Spender sucht sich sein Patentier selbst aus und bekommt eine Urkunde. Die Höhe der Unterstützung und die Laufzeit kann der Pate ebenfalls selbst festlegen.
Weitere Informationen zum Gnadenhof in Gollachostheim gibt es unter: www.tierschutz-grenzenlos.de.
Spendenkonto: Tierrechte Aktiv e.V, BLZ 742 601 10, Kontonummer 15 40 40.