Für Passanten auf der Alten Mainbrücke in Ochsenfurt sind große Frachtschiffe – manchmal auch mit ungewöhnlicher Beladung – ein gewohnter Anblick. Deshalb mag es niemandem näher aufgefallen sein, dass am Montag ein Stück eidgenössischer Eisenbahngeschichte an der Stadt vorüber tuckerte. Von der Brücke ließ sich ein Blick auf die einst schmalste Schmalspurbahn der Schweiz erhaschen. In der Slowakei steht dem Zug ein zweiter Frühling bevor.
In der eisenbahnaffinen Schweiz hat die Waldenburgerbahn Kultstatus. Am 1. November 1880 setzte sich der erste Personenzug von Liestal südöstlich von Basel ins 13 Kilometer entfernte Waldenburg in Bewegung, auf einem Schienenpaar, dessen Spurweite gerade einmal 75 Zentimeter beträgt. Zunächst mit Dampfloks, seit 1953 mit elektrischen Triebwagen, transportierte das "Waldenburgerli" neben Passagieren auch Holz und Milch vom Waldenburgertal in die Baseler Vororte.
Schmalste Schmalspurbahn der Schweiz
Das Waldenburgerli wurde nicht nur zum festen Bestandteil des ohnehin dicht gestrickten schweizerischen Bahnnetzes, sondern zunehmend auch touristische Attraktion. Allerdings brachte die schmale Spur auch Sicherheitsprobleme mit sich, die immer wieder in Unfällen gipfelten.
Das endgültige Aus für das Waldenburgerli kam, weil die geringe Spurbreite nicht ans Basler Straßenbahnnetz anschlussfähig ist. Stattdessen wird jetzt ein neues Schienenpaar im Abstand von einem Meter verlegt. Am Ostermontag unternahm das Waldenburgerli seine letzte Fahrt. Im Dezember 2022 soll die neue Bahn auf der Meterspur ihren Betrieb aufnehmen.
Triebwagen und Waggons in die Slowakei verkauft
Für sieben Triebwagen und fünf Anhänger, gebaut in den 1980er und 1990er Jahren, geht das Leben allerdings weiter. Wie die Tageszeitung BZ (Basel) berichtete, wurden sie für 80 000 Franken, umgerechnet 73 000 Euro, in die Slowakei verkauft und sollen dort künftig auf der Schwarzgranbahn im mittelslowakischen Cierny Balog, zu deutsch Schwarzwasser, verkehren.
Am vergangenen Donnerstag wurden die Schienenfahrzeuge in Basel auf das niederländische Frachtschiffe Amere verladen. Über den Rhein, den Main, den Main-Donau-Kanal und die Donau führt der Weg nun nach Bratislava, wo die Amere und das Waldenburgerli in zwei Wochen erwartet werden.