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WÜRZBURG
Einheimische erkunden Würzburg
Das Fähnchen mit dem fränkischen Rechen in der Hand: Gästeführerin Judith Tewes berichtete am Weltgästeführertag in ihrer Führung „Hilfe, die Bayern kommen – Reformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts“. Foto: Patty Varasano
| Das Fähnchen mit dem fränkischen Rechen in der Hand: Gästeführerin Judith Tewes berichtete am Weltgästeführertag in ihrer Führung „Hilfe, die Bayern kommen – Reformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts“.
Joachim Fildhaut
 |  aktualisiert: 16.03.2017 03:28 Uhr

32 Themenspaziergänge bot der Verein Würzburger Gästeführer am Sonntag zwischen 11 und 16 Uhr an. Los ging's meist am Vierröhrenbrunnen, aber auch am Kloster Oberzell oder auf dem Hubland.

Insgesamt 880 Interessierte nahmen an diesen Fremdenführungen teil, die sich in erster Linie an Einheimische richteten und spezielle Aspekte heimischen Daseins behandelten. Allerdings: Auch die allgemeinen Schnupperführungen zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten hatten großes Publikum. Der Weltgästeführertag zur Eröffnung der Tourismus-Saison ist ein Ereignis, zu dem man offenbar gerne hingeht.

Als Attraktion gab es zum Beispiel eine historische Schauspielführung zu Tilman Riemenschneider und dem Bauernkrieg, den vier kostümierte Touristiker gestalteten. Mit ihrem Titel „Hilfe, die Bayern kommen“ hatte die Reichenbergerin Judith Tewes den provokantesten Stadtbummel auf dem Programm. Beim Sammeln ihrer Schar, die in der Startphase auf der Domstraße von 20 auf 30 Köpfe anwachsen sollte, schwenkte sie ein Fähnchen mit Frankenrechen: „Wenn ich über Bayern rede, muss ich mich daran festhalten.“

Trief dringender Querschnitt

Ein Scherz - das stellte sich bald heraus. Gästeführerin Tewes berichtete von den schnell wechselnden Herrschaftszeiten am Anfang des 19. Jahrhunderts: Fürstbischof, Bayern, Napoleon, Toskana am Main. Wer nur diese eine Führung wählte, bekam also einen recht tief dringenden Querschnitt durch die Würzburger Verhältnisse. An den Stationen vom Rathaus über den Paradeplatz und das Kloster Ebrach zum Gedenkstein für die Synagoge ließen sich stimmig Geschichten anknüpfen. Untertitel des Bayernbummels: „Reformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts“. Dabei nannte Tewes – zumindest bei der ersten ihrer zwei Führungen – kein einziges Mal den prominenten Verwaltungsreformator Maximilian von Montgelas.

Den Roten Faden durch die Zeit der großen Veränderungen stiftete vielmehr das Judentum. Seit Julius Echter aus der Stadt verbannt verkehrten die Juden nur zu Geschäften in Würzburg, weswegen in den Gassen um den Rathausplatz etliche koschere Garküchen zu ihrer Versorgung dampften.

Neu für die interessierten Mitgänger war diese Information: Die bayerischen Regionalregierung habe die – in den Stadtmauern jüngst wieder zugelassene – jüdische Gemeinde zum Bau einer Synagoge gedrängt. Die Neubürger israelischen Glaubens hatten nämlich viel Geld mitgebracht, und das ließ auf einen repräsentativen, modernen Tempelbau hoffen. Errichtet wurde die Synagoge schließlich im ägyptischen Stil. Sehen konnte man am Sonntag davon freilich nur eine Gedenktafel am heutigen Diözesanarchiv.

Führer mit Überzeugungskraft

Vieles musste – auch bei anderen historischen Führungen - ungezeigt bleiben. Viele ihrer Geschichten erzählten die Gästeführer ohne visuelle Beweisstücke. Sie tun es dennoch mit Überzeugungskraft.

Die Führungen waren kostenlos, gespendet wurden von den Besuchern insgesamt 2000 Euro für den Glockenmotor der Stephanskirche – die übrigens auch mit den Reformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts evangelisch wurde. Aber dahin ging wieder eine andere Führung.

 
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  • E. B.
    "... Die Neubürger israelischen Glaubens ..".

    Vielleicht kann man den "israelischen" Glauben noch zu einem israelitischen verändern...

    Ich hoffe, die Gästeführerin hat das nicht so gesagt.
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