Johann Wolfgang Goethe war noch keine 30 Jahre alt, als er den Briefroman "Die Leiden des jungen Werther" verfasste. Innerhalb kürzester Zeit war das Büchlein in aller Munde, ein Bestseller, der eine Selbstmordwelle unter jungen Menschen ausgelöst zu haben scheint.
In den Briefen, die Goethe einige Male überarbeitet hat, geht es um die unglückselige Liebe des jungen Werther, dessen Angebetete mit einem anderen Mann verlobt ist. Die Theaterwerkstatt hat die Geschichte nach Goethes Vorlage, in der sich junge Menschen gesellschaftlichen Konventionen widersetzen, in geschickte Dramaturgie umgesetzt (Bühnenfassung: Thomas Flach und Ingo Lechner) und auf die kleine Bühne des Kellertheaters gebracht.
Die ist mit weißen, an durchsichtigen Fäden befestigten Zetteln übersät. Es sind die Briefe, die Werthers Befindlichkeiten erklären. Vom Kennenlernen der reizenden Lotte. Von den Gefühlen, die der erste gemeinsame Tanz in Werther auslöst. Von den kleinen Neckereien, mit denen Lotte das Seelenleben von Werther aufwühlt.
Zitate aus den Briefen und Handlung fließen ineinander
Geschickt und bruchlos lässt Regisseurin Christina Katarina Strobel Zitate aus den Briefen und Handlung ineinander fließen. Beleuchtet vor allem die psychische Problematik der zeitlos aktuellen Dreiecksgeschichte. Dabei kann sie auf drei Protagonisten mit bemerkenswerter Textsicherheit zählen.
Der Zuschauer im gut besuchten Theater erlebt, wie Lotte den Rechtspraktikanten in der ländlichen Idylle inspiriert. Es sind Seelenzustände, melancholische Selbstbetrachtungen und der Blick auf Lotte, die Werther als Engel wahrnimmt, die ihm gleichzeitig den Verstand raubt. Immer öfter passt er die Momente ab, wenn Lottes Verlobter Albert nicht anwesend ist.
Miro Nieselt zeigt Werthers Entwicklung vom bewundernden Verehrer zum gebeutelten, jähzornigen, sich im Selbstmitleid wälzenden und von seinen Gefühlen überwältigten jungen Mann in all seinen Facetten. Mit blitzenden Augen, leidenschaftlichen Gesten, sinnlicher, brechender oder auch tobender Stimme verrennt er sich in einen Wahn, in dem ihm Suizid die einzige Lösung aus seinem Seelenchaos scheint.
Adeliyna Sagitova ist mit ihrer Rolle als Lotte eins
Adeliya Sagitova in der Rolle der Lotte ist nicht der bei Goethe mütterliche Typ. Sie ist eine unbefangene junge Frau, die einem kecken Flirt nicht abgeneigt ist, aber immer klarer erkennt, dass Werther krank sein muss. Dass es ihm an 1000 Kleinigkeiten fehlt gegenüber ihrem Albert, dessen Ordnung ihr Sicherheit gibt. Sie nimmt wahr, wie Werther immer unglücklicher und damit ungerechter wird. Adeliyna Sagitova ist so mit ihrer Rolle als Lotte eins, dass sie glaubhaft unbeschwert, aber auch starr vor Entsetzen zitternd, weinend und anrührend um den Freund trauern kann.
Nick Danilcenko gibt den Albert angemessen würdig, die Contenance wahrend, obwohl ihm Werthers Wahn immer klarer wird. Sein Unwohlsein gegenüber dem Freund zeigt sich vor allem in seinen Blicken, bis es sich in einem unkontrollierten Ausbruch ergießt.
Gespielt wird bis 11. April jeweils Mittwoch, Freitag, Samstag um 20 Uhr, Sonntag um 19 Uhr.