Am Rand unseres Planetensystems steht, wenn man der astrologisch geprägten Deutung in Gustav Holts „Die Planeten“ glauben will, ein immer weiter verschwindender Frauenchor.
Die Aufführung dieses Werks durch die Vogtland Philharmonie unter Leitung von Matthias Beckert im großen Saal der Hochschule für Musik macht mit den Frauenstimmen des Monteverdichors dieses Ende zu einem bewegenden Moment. Der Chor singt vom Balkon und entfernt sich mit immer leiser werdenden wellenartigen Vocalisen hinaus – eine großartige Idee!
Das ganze Konzert, zu dem sich am heißen Spätnachmittag nicht berauschend viele Hörer im nur zu knapp zwei Dritteln gefüllten Saal eingefunden hatten, die aber begeistert waren und mit stehendem Beifall dankten, war eine großartige Idee. Es ist immer wieder erfreulich, dass Beckert mit seinem Chor selten gespielte, oft weithin unbekannte, aber sehr hörenswerte Werke zur Aufführung bringt.
Noch weniger bekannt – zumindest im deutschsprachigen Raum – als „die Planeten“ ist Ralph Vaughan Williams' aus einer Filmmusik entstandene Sinfonie Nr. 7 „Antarctica“, in der ebenfalls ein Frauenchor und ein Solosopran instrumental, also ohne Text, eingebunden sind. Allerdings hier nicht, um in die Weiten des Weltraums zu entführen, sondern um zusammen mit einer Windmaschine die endlose kalte Weite der Antarktis zu unterstreichen.
Die Sopranistin Anna Feith trifft nicht nur makellos die oft heiklen Einsätze, sondern kann auch mit Leuchtkraft überzeugen.
Beckert führt den riesigen Orchesterapparat zuverlässig, spürt den reizvollen, oft bedrohlichen Stimmungsbildern nach, malt die eisige Landschaft (Satz: Landscape) in mächtigen musikalischen Bildern, lässt die vorzüglichen Bläser auftrumpfen und reizt die Dynamik bis an ihre Grenzen aus, man sieht das Glitzern des Eises und fühlt am Ende tatsächlich die lebensfeindliche Kälte im Verlöschen des Klangs.
Bildhafte Musik
Im Gegensatz zu Ralph Vaughan Williams' oft komplizierten, spröden und trotzdem faszinierenden Harmonien ist Holsts Musik deutlich bildhafter. Beckert lässt im Mars, dem „Kriegsbringer“, die Vogtland Philharmonie unerbittlich marschieren, präsentiert die vorzüglichen Solisten (Horn, Geige, Cello) des Orchesters, freut sich beim Jupiter, dem „Bringer der Fröhlichkeit“, an der tänzerischen Leichtigkeit und der volksliedhaften Lebensfreude und steigt in die Düsternis der Saturnmusik (Bringer des Alters) mit ihren Glockeneffekten hinab.
Nach dem skurril-witzigen Uranus (der Magier), wo Beckert die Anklänge an den Zauberlehrling von Paul Dukas und Eulenspiegel von Richard Strauss humorvoll unterstreicht, endet der „Mystiker“ Neptun mit dem Frauenchor in der Weite des Universums und in der Unendlichkeit der Musik.