Mit Ehrungen, mediterran-fränkischem Büffet und gemeinsamen Erinnerungen feierte das Partnerschaftskomitee Kürnach das 30-jährige Bestehen der Freundschaft mit Aljezur. Nach dem Eintritt Portugals in die EU 1987 war Kürnach, nach Lohmar im Rhein-Sieg-Kreis, die zweite Kommune in Deutschland, die eine Partnerschaft mit einer portugiesischen Gemeinde einging, berichtete Gerhard Grieb. Gemeinsam mit den Vorstandskollegen Colette Herrmann, Sybille Pechmann und Matthias Demel hatte er am 10. Oktober zum Festabend eingeladen, auf den Tag genau 30 Jahre nach Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde.
Die Anregung, den Kontakt zu dem direkt an der Steilküste der Algarve gelegenen Ort zu suchen, hatte der mittlerweile verstorbene Kürnacher Rudolf Nägler gegeben, der berufliche Kontakte sowie ein Haus dort hatte.
Wahl-Kürnacherin und gebürtige Irin
Dass die 30-Jahrfeier im Alten Rathaus ohne portugiesische Freunde stattfand, hatte Gründe: In Aljezur fanden am 3. Oktober Kommunalwahlen statt. Das machte einen Abstecher des Rathauschefs ins 2675 Kilometer entfernte Kürnach unmöglich. Zudem waren die Kürnacher Freunde noch nie allzu fleißig, was Reisen nach Kürnach anging: 2007 hatte man hier die letzte Delegation begrüßt.
Privat - das zeigte die Talk-Runde mit langjährigen Aljezur-Fans - hatte es zuletzt 2015 eine neunköpfige Reisegruppe nach Unterfranken geschafft. Die Moderation der Erzählrunde übernahm Herrmann. Als Wahl-Kürnacherin und gebürtige Irin, so Bürgermeister Thomas Eberth, sei sie bestens geeignet, aus den Aljezur-Kennern interessante Details herauszukitzeln.
Die Geschichten der Gründungsmitglieder Friedrich Böwering, des stellvertretenden Bürgermeisters Edgar Kamm, der langjährigen Schriftführerin Maria König, des ehemaligen Vorsitzenden Karl-Ernst Fleckenstein sowie die spontanen Wortmeldungen von Armin Börger, Gustav Mantel und weiteren zeigten vor allem eines: Trotz der Herzlichkeit und riesigen Gastfreundschaft der Portugiesen sowie vielen sehr vergnüglichen gemeinsamen Erlebnissen ist es auch nach 30 Jahren noch keine wirklich große Liebe zwischen den beiden Partnern.
Zu unterschiedlich sind die Vorstellungen
Zu unterschiedlich, so vermuteten die Redner, seien die Vorstellungen. Während die Kürnacher von Beginn an, die Gäste privat unterbrachten, mussten sie selbst in der Algarve stets in einem Hotel weit außerhalb wohnen. „Kontakte zur Bevölkerung und der Aufbau von Freundschaften waren so nie möglich“, bedauerten sie. Kein Wunder, dass vor zehn Jahren das europäische Pflänzchen fast verdorrte. Erst das bewusste Einbeziehen der Sport- und Musikvereine hielt es aufrecht.
Auch diesen Sommer hatte man wieder überlegt: Weitermachen oder die Partnerschaft sang- und klanglos sterben lassen? Obwohl man sich mit viel Enthusiasmus für Ersteres und eine Familienreise nach Aljezur entschieden habe, so Hermann, sei es nicht geglückt, die erhofften Kontakte zu jungen Familien aufzubauen.
Es gibt keine Alternative zum europäischen Gedanken
Trotz alledem gebe es gerade heute zu Europa und dem gemeinsamen Weitertragen des europäischen Gedankens keine Alternative, so Eberth. Hoffnung gebe die feste Zusage aus Portugal, zum nächsten Dorffest anzureisen und das Beispiel von Barbara Lehmann: Als Mitglied im Jugendblasorchester hatte sie vor 25 Jahren über die Städtepartnerschaft drei Schwestern aus Aljezur kennengelernt.
Die Freundschaft hat bis heute gehalten. Man besuche sich regelmäßig, gehöre quasi zur Familie und kommuniziere jede Woche, erzählte die heutige Burggrumbacherin. Vielleicht, so folgerte Herrmann, könne ja doch noch gelingen, was der Gründergeneration versagt blieb.