
Lorenz Fries, der große mainfränkische Historiker des 16. Jahrhunderts, berichtet in seiner Bischofschronik von 1546, dass 1433 die Städte Ochsenfurt und Karlstadt die Aufnahme in ein Bündnis von Domkapitel und Stadt Würzburg wünschten. Ochsenfurt und Karlstadt waren Städte des Domkapitels, nicht des Bischofs. Die Angelegenheit bewertete er als so bedeutend, dass er zu dieser Szene durch den Hofmaler Martin Seger, der wohl aus einer in Würzburg ansässigen Künstlerfamilie stammte, eine Miniatur für diese Chronik anfertigen ließ. Seger hat schließlich dieses umfangreiche, von Johann Schetzler handgeschriebene historische Werk, das seit dem Jahr 2004 mit allen Zeichnungen in sechs Bänden gedruckt vorliegt, über seine Werkstattgehilfen mit 176 Farbbildern ausgestattet.

Die Abbildung zeigt auf der linken Seite drei in Chorgewänder gekleidet Mitglieder des Würzburger Domkapitels, zwei tragen Pelzkrägen. Es handelt sich um den Propst Johann von Grumbach und den Dekan Richard von Maßbach, die ersten Würdenträger des Gremiums. Im Hintergrund sitzen an der Rückwand drei weltlich gekleidete Personen ohne Kopfbedeckung, die Vertreter der Städte Würzburg, Karlstadt und Ochsenfurt, möglicherweise die Stadtschreiber oder Bürgermeister. In der Mitte des Raumes trägt eine mit umhängendem Schwert hervorgehobene weltliche Person, wohl ein Kanzleiangehöriger, den Vertragstext vor. Nur sehr wenige Personen außerhalb des Klerus vermochten im späten Mittelalter zu lesen und zu schreiben.
Um was ging es in diesem Bündnis? Ungelöst waren die hohen Schulden des Stiftes, die zu Beginn des 15. Jahrhunderts bei 2,5 Millionen Gulden lagen, dann die permanenten Kriegszüge und Fehden im Lande. Insbesondere die Städte hatten für neue Kredite zu bürgen. Bereits 1412 lieh sich Bischof Johann von Brunn vom pfälzischen Ritter Johann von Hirschhorn die enorme Summe von 15.000 Gulden. Ochsenfurt musste sich zusammen mit Würzburg, Karlstadt, Gerolzhofen und Iphofen verpflichten, diesen Kredit jährlich anteilig mit 1.000 Gulden aus den eigenen Steuereinnahmen zu tilgen. 1414 wurde bei der Erhebung des sogenannten 10. Pfennigs, einer Landsteuer, festgelegt, dass in Ochsenfurt, Frickenhausen und Karlstadt, das im 15. Jahrhundert an das Domkapitel verpfändet war, insgesamt 4.000 Gulden an Steuern gezahlt werden sollten. 1428 hatte sich Ochsenfurt an der Rückzahlung weiterer 50.000 Gulden zu beteiligen.
Gefährlich und tiefgreifend war insbesondere der Zwiespalt zwischen Bischof Johann und dem Domkapitel. Letzteres spaltete sich auf in einen mit dem Landesherrn solidarischen Teil und einer von Dekan Richard von Maßbach und dem Domherrn Friedrich Schoder angeführten Opposition. Letztere hofften, den Bischof Johann von Brunn über einen Stiftspfleger aus dem Amt bringen zu können. So legte man in diesem Vertrag Folgendes fest.
Domkapitel, Städte und Unterstützer sollten gemeinsam auf eigene Kosten eine Fehde, einen Feldzug gegen den Bischof vorbereiten und hierfür rüsten. Das Bündnis sollte für Adlige und weitere Städte offen stehen. Eingenommene Beute war nach der Anzahl der Personen und Pferde aufzuteilen. Feinde eines jeden einzelnen waren als Feinde aller zu behandeln. Alle Burgen, Städte und Dörfer sollten allen Partnern militärisch und für angemessene Verpflegung offen stehen. Separatfrieden wurde untersagt. Interne Streitigkeiten waren durch ein Schiedsgericht freundschaftlich zu regeln. Das Bündnis sollte zehn Jahre gelten. Seine Einhaltung wurde von den Domkapitularen sowie den Bürgermeistern und Räten aller drei Städte unter Gelöbnis versprochen und die Urkunde von allen Partnern mit ihren Siegeln bekräftigt.
Mit dieser Allianz gelang es, den Ausbruch offener Kämpfe zu verhindern und den Bischof im Heidingsfelder Vertrag vom 29. Juni 1433 für begrenzte Zeit zur Annahme eines Stiftspflegers, des Grafen Johann von Wertheim, Domdekan zu Köln und Domherr zu Würzburg, zu zwingen.
