
Wenn Südafrika als wirtschaftliche Lokomotive für den halben afrikanischen Kontinent gesehen wird, dann ist dieser Ausnahmekünstler eine musikalische Lokomotive für ganz Afrika und darüber hinaus: Mit Jazz-Legende Hugh Masekela war für den ersten Abend des 28. Africa Festivals ein ganz Großer der Afrika- und der Weltmusik auf der Bühne im Zirkuszelt am Main angekündigt.
Der 77-jährige Trompeter, Pianist, Sänger und Komponist aus Südafrika hat lange angesungen gegen die Unmenschlichkeit des Apartheidsystems. Vielfach wurde er ausgezeichnet. Das Würzburger Festival verlieh ihm zur Eröffnung am Donnerstag den Award für sein Lebenswerk. Südafrika ist in diesem Jahr der zweite Länderschwerpunkt neben Kuba, dessen afrikanische Einflüsse noch aus der Zeit der millionenfachen Versklavung rühren.
Unter dem Beifall der geladenen Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kirche und Gesellschaft – darunter Landtagspräsidentin Barbara Stamm und der Berliner Verkehrsstaatssekretär Florian Pronold – würdigte Festival-Chef Stefan Oschmann den „Kämpfer für Frieden, Gerechtigkeit, Freiheit und Menschenrechte“. Hugh Masekela sei einer der größten Musiker, die Afrika hervorgebracht hat. Und über all seine Kämpfen sei er nicht verbittert geworden, habe sich seinen Charme und seinen Humor behalten.
Masekela, nach 2000 und 2008 zum dritten Mal als Musiker beim Festival, wurde von der bis dahin geheimen Auszeichnung überrascht. Entsprechend groß war seine Freude. Er lobte Würzburg als „einen der ersten Orte in Europa, an dem afrikanische Musik große Aufmerksamkeit gefunden hat“.
Es war am Donnerstag ein Festivalauftakt wie aus dem Bilderbuch: Sonnenschein, 22 Grad – gleich nach Öffnung des Geländes um 10 Uhr strömten die Besucher in die Basargassen, darunter viele Familien. Hochbetrieb schon mittags an den Essensständen, die Buden der Händler waren schnell von Menschentrauben umlagert, vor der offenen Bühne waren am Nachmittag die wenigen Schattenplätze heiß begehrt. Offenbar nutzten viele den schönen Feiertag für einen Festivalbummel: Es war ein guter Auftakttag, laut Veranstalterzählung kamen rund 12 000 Besucher bis zum frühen Abend.

Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt hob in seiner Begrüßung den verbindenden Charakter der Veranstaltung hervor: „Afrikaner, die in Deutschland leben, feiern hier das Zusammentreffen mit ihren Familien und Freunden aus Afrika und Deutschland.“ Der OB dankte den Organisatoren und allen Sponsoren – und begrüßte auch drei Vertreter aus Mwanza: Die tansanische Stadt und Würzburg feiern in diesem Jahr das 50-jährige Bestehen ihrer Städtepartnerschaft.
Eine persönliche Brücke zwischen Würzburg und Kuba schlug bei der Eröffnung der dortige deutsche Botschafter Thomas Neisinger (61). Der Vater von vier Kindern ist gebürtiger Würzburger, hier aufgewachsen und hat einen Teil seiner Studienzeit noch am Main verbracht. Seit September 2015 ist Neisinger in der Hauptstadt Havanna im Einsatz. Zum ersten Mal seit seinem Antritt kehrte er zurück in seine frühere Heimat.
Aus Kuba, sagte er, habe er auch etwas mitgebracht: riesige Nationalflaggen, die nach Initiative durch das Festival auf der Insel gefertigt wurden und die u.a. das Havana-Zelt dekorieren. Die Musik, so Neisinger, sei ein viel besserer Botschafter als die Diplomatie, weil sie „Menschen und Kulturen einfach und unkompliziert zusammenbringt“. In Kuba gehöre sie zum Alltag und zum Lebensgefühl der Menschen. Politisch blieb der Botschafter zurückhaltend, brachte aber seine Hoffnung auf eine weitere, auch kulturelle Öffnung Kubas zum Ausdruck. Hochrangige Besuche aus Deutschland wie zuletzt von Außenminister Steinmeier oder Wirtschaftsminister Gabriel seien hilfreich: „Steter Tropfen höhlt den Stein.“

An diese kulturellen Wurzeln erinnerte auch Luis Ernesto Morejón Rodriguez, der Erste Sekretär der kubanischen Botschaft in Deutschland. Afrikaner und ihre Nachkommen hätten für die Unabhängigkeit der Insel gekämpft. Dass die dortige Kulturpolitik noch immer ideologisch geprägt ist, wollte der Gast gar nicht verhehlen. Rodriguez unterstrich die „kulturellen Leistungen der sozialistischen Revolution“, die er selbst als „eines der größten kulturellen Ereignisse in der Geschichte Kubas und Amerikas bezeichnete“.