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WÜRZBURG
Ein Würzburger heißt wie das Schlachtschiff Scharnhorst, das vor 70 Jahren sank
Robert Menschick
 |  aktualisiert: 15.12.2015 11:44 Uhr

Er ist Touristikfachmann und Besitzer des Würzburger Reisebüros Holi-Tours. Sein Nachname ist Eberlein. Der Vorname des 69-Jährigen aber dürfte einmalig sein: Scharnhorst. Eine Sondergenehmigung war in seinem Geburtsjahr 1944 für die ungewöhnliche Namenswahl nötig gewesen. Sie wurde erteilt, weil Eberleins Vater auf dem deutschen Schlachtschiff „Scharnhorst“ gedient hatte und dort 1942 auch Eberleins Eltern getraut worden worden. Am zweiten Weihnachtsfeiertag des Jahres 1943, also vor genau 70 Jahren, ging das Kriegsschiff unter und riss 1930 Mann Besatzung mit in den Tod.

Vater Wilhelm Eberlein war 1920 in Würzburg geboren worden. Er wurde Binnenschiffer, ging später nach Hamburg und tat Dienst als Matrose auf Hochseedampfern. Den Kriegsausbruch im September 1939 erlebte Wilhelm Eberlein auf See. Nach der Rückkehr in die Heimat kam die Einberufung zur Kriegsmarine. Ursprünglich sollte der Würzburger auf ein U-Boot, doch gesundheitliche Eignungstest verliefen negativ. Man plante, ihn beim Angriff auf Englands Küste in Landungsbooten einzusetzen. Übungen mit diesen Booten scheiterten; England wurde über See nicht angegriffen.

Schließlich kam der Matrosengefreite Wilhelm Eberlein auf das Schlachtschiff „Scharnhorst“, das nach einem preußischen General der Befreiungskrieg benannt war. Im Lauf des Zweiten Weltkriegs wurde die „Scharnhorst“ – oft zusammen mit ihrem Schwesternschiff „Gneisenau“ – bei verschiedenen Unternehmungen eingesetzt, bei denen mehrere feindliche Schiffe versenkt wurden.

Wilhelm Eberlein war „Horcher“ zur U-Boot-Abwehr. Er sollte feindliche Torpedogeräusche ausfindig machen, so dass das Schiff schnelle Ausweichmanöver ausführen konnte. Bei Fliegerangriffen musste er hoch an Bord an ein Flakgeschütz. Am 22. März 1941 liefen „Gneisenau“ und „Scharnhorst“ im französischen Hafen Brest in der Normandie ein.

Trauung an Bord

Wilhelm Eberlein war mit der 1919 in Würzburg geborenen Emmy Steigenberger verlobt, die zunächst am Würzburger Fliegerhorst in einer Luftlage-Meldeeinheit kriegsdienstverpflichtet gewesen war und dann als Luftwaffen-Helferin nach Rouen in die Normandie kam. Am 15. Januar 1942 wurden Emmy Steigenberger und Wilhelm Eberlein auf der „Scharnhorst“ von Kapitän zur See Kurt Hoffmann, Kommandant des Schiffes von Oktober 1939 bis März 1942, getraut. Als Erinnerung erhielt das Brautpaar eine Zeichnung des Schiffes mit persönlicher Widmung des Kapitäns, der es später noch bis zum Admiral bringen sollte. Für die Erfassung von Kriegs- und Auslandstrauungen war damals das Standesamt Nr. 1-Berlin zuständig.

Wenig später ging es für Eberlein wieder in den Seekrieg. Nachdem die „Scharnhorst“ auf Seeminen gelaufen war und mehrere Tote zu beklagen hatte, musste das Schiff monatelang in die Werft. Im Dezember 1943 war die „Scharnhorst“ dann zum Unternehmen „Ostfront“ im Nordmeer unterwegs. Marinesoldat Wilhelm Eberlein nahm an dieser schicksalsträchtigen Fahrt nicht teil, er war zu einem Lehrgang an Land abkommandiert.

Die „Scharnhorst“ wurde am 26. Dezember 1943 im Nordmeer, etwa 160 Kilometer nördlich des Nordkaps, nach schwerem Kampf mit zwei britischen Kampfgruppen, bestehend aus einem Schlachtschiff, drei Leichten und einem Schweren Kreuzer und acht Zerstörern, unter der Führung des Schlachtschiffes „Duke of York“ versenkt. 1930 Mann der Besatzung fanden den Tod, darunter der Kommandant Kapitän Fritz Hintze sowie sämtliche Offiziere. 36 Mann wurden von den Briten gerettet. Emmy Eberlein dachte in Frankreich zunächst, auch ihr Mann sei unter den Opfern; erst später erfuhr sie, dass er überlebt hatte.

Während eines Kriegsurlaubs trafen sich Wilhelm und Emmy Eberlein wieder. Am 4. September 1944 wurde in Würzburg ihr Sohn geboren. Wegen der Kriegstrauung auf dem Schiff „Scharnhorst“ und dem glücklichen Überleben des Untergangs erhielt der Vater die Sondererlaubnis, seinem Sohn den Vornamen Scharnhorst zu geben.

Wilhelm Eberlein kam später auf einem Minensuchboot nach Norwegen und geriet dort in Gefangenschaft. Die Engländer brachten ihn in ein Kriegsgefangenenlager nach Kiel, später zu den Amerikanern nach Bad Kreuznach. Eberlein meldete sich zu einem freiwilligen Arbeitseinsatz nach Frankreich, floh in einem Eisenbahntunnel und schlug sich zur Heimatstadt Würzburg durch. Dort arbeitete er zunächst für die US-Armee am Alten Hafen, später als Beamter der Deutschen Bundesbahn; er starb 1989.

Sein Sohn, der heute 69-jährige Touristikfachmann Scharnhorst Eberlein, ging nach dem Abitur als Zeitsoldat zur Bundeswehr und studierte Chemie. Die hohe See lockte auch ihn, so schrieb sein Vater seinen ehemaligen „Scharnhorst“-Kapitän an. Vize-Admiral a. D. Kurt Hoffmann, damals Leiter des Seeamtes Hamburg, besorgte dem jungen Würzburger Scharnhorst einen Semesterjob auf einem Frachter der Oldenburg-Portugiesischen Schifffahrtsgesellschaft. Mit der „MS Bilbao“ unternahm er 1968 eine dreimonatige Nordafrika- und Mittelmeerreise.

Als Emmy Eberlein ein Reisebüro übernahm, wechselte ihr Sohn das Studienfach. Als Betriebswirtschaftler ging er später zur Mutter „an Bord“, wurde Reiseleiter und gründete 1968 das Reisebüro „Holi-Tours“ in Würzburg.

Im Januar 1987 wurde Scharnhorst Eberleins Sohn Matthias Horst geboren. Der Würzburger Standesbeamte verweigerte den gewünschten Zweitnamen Scharnhorst und wollte auch den Vater rückwirkend zu einem einfachen Horst machen – das konnte die Familie doch abwenden.

Das Wrack der „Scharnhorst“ wurde übrigens im Jahr 2000 im Nordmeer gefunden. Laut Deutschem Marinebund gibt es noch einen 96-jährigen Überlebenden der Katastrophe des zweiten Weihnachtstages 1943.

Touristikfachmann Scharnhorst Eberlein.
| Touristikfachmann Scharnhorst Eberlein.
Trauung auf dem Kriegsschiff: Zur Erinnerung erhielten Wilhelm und Emmy Eberlein diese Zeichnung der „Scharnhorst“ mit folgender handschriftlichen Widmung des Kapitäns: „Dem matrosengefreiten Eberlein und Frau zur Erinnerung an ihre Kriegstrauung auf Schlachtschiff Scharnhorst in Brest am 18. Januar 1942. Kurt C. Hoffmann, Kapitän zur See und Kommandant.“
Foto: Privat | Trauung auf dem Kriegsschiff: Zur Erinnerung erhielten Wilhelm und Emmy Eberlein diese Zeichnung der „Scharnhorst“ mit folgender handschriftlichen Widmung des Kapitäns: „Dem matrosengefreiten ...
Marine-Obergefreiter Wilhelm Eberlein.
| Marine-Obergefreiter Wilhelm Eberlein.
 
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  • Dann lasst uns doch gleich den "Tag der Arbeit" abschaffen und vor allem Adolfs liebstes Kind, die Sommerzeit. Volkswagen sollte umbenannt werden und vor allem dem "Reichstag" gehört eine Namensänderung. Vorname Hermann halte ich für sehr bedenklich, Eva ist sehr grenzwertig und alle mit dem Namen Adolf sollten rückwirkend auf eigene Kosten in Malte umbenannt werden, wobei dieser Name eventuell zu nordisch sein könnte. Also, dann statt Malte in Christian. Huch, ein christlicher Name, das geht in Deutschland ja fast nicht mehr. Dann lasst uns doch Nummern statt Namen vergeben, das ist zwar nicht so persönlich, aber mit denen kommt dann auch ein Würzburger Standesbeamter besser zurecht, solange es sich nicht um die 18 oder 88 handelt. Der deutsche Michel lässt grüßen, vor allem der, der Namen wie Pumuckl, Bluna und Pepsi-Carola bereits zugelassen hat....
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  • Autob..n vergessen.
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  • rebnik
    Zitat von Robert Menschick
    Im Januar 1987 wurde Scharnhorst Eberleins Sohn Matthias Horst geboren. Der Würzburger Standesbeamte verweigerte den gewünschten Zweitnamen Scharnhorst und wollte auch den Vater rückwirkend zu einem einfachen Horst machen – das konnte die Familie doch abwenden
    Der "Würzburger Standesbeamte" hat das mal sehr richtig gemacht und Ihre Formulierung, Herr Menschick finde ich befremdend. "Das konnte die Familie doch abwenden", eine Sentez, die das Abwehren von Unheil nahelegt. Ist aber kein Unheil, wenn ein Standesbeamter die martialische Namensgebungstradition einer kriegsmaschinenbegeisterten Familie zu unterbrechen versucht. Ihre Formulierung ist absurd. Die Familie Eberlein hat offensichtlich noch keine Einsicht darin gefunden, dass sie sich hat verblenden lassen von einer Verbrecherbande, die es an die Spitze Deutschlands geschafft hatte und deren menschenverachtender Ideologie.
    traurig traurig traurig
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  • Auch Wahn ist eine Krankheit.

    Vergessen wir einfach alles was war und fangen NEU an..... grinsen
    Es gibt keine Sippenhaftung! Deshalb schlafe ich auch beschwerdefrei und zufrieden.

    Reis, Sack, China......ist mir völlig wurscht wie die Carl-Diem-Halle heißt oder wer in der Dr. Helmuth Zimmerer Strasse wohnt.
    Alles nur untergeordnete Themen, vernachlässigbar.....oder völlig unwichtig.

    Scharnhorst ist zumindest ein seltener Vorname, und allein schon deshalb schützenswert. Fällt doch unter Denkmalschutz.... grinsen
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  • kej0018@aol.com
    ... überhaupt kein Vorname. Eher der Ausdruck einer recht martialischen Geisteshaltung.
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  • kej0018@aol.com
    gesägt wird an des Zimmerers vermeintlich gutem Ruf. nicht, weil er damals ein "einfacher studiosi" war, sonder weil er in seiner Diss krass rassistische und ziemlich dunkelbraune Theorien von sich gab.

    Ob Herr Eberlein als Horst oder als Scharnhorst durch Leben gehen mag, ist mir völlig egal. Eine Dr-Hellmuth-Zimmerer-Strasse möchte ich mir hingegen nicht unbedingt auf die Visitenkarte drucken lassen müssen.
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  • reutjo
    jetzt bin ich blos drauf gespannt, ob die Würzburger Strassen mit den Namen "Gneisenau"- und "Scharnhorst"-strasse bald bei einen (noch) derzeitigen Stadtrat dermassen Anstoss erwecken, dass er fast nichts anderes zu tun hat, als WÜer Strassen, deren Namen irgendwie mit jener Zeit in Verbindung zu bringen sind, " umbenannt " werden sollen. An der "Dr. Helmuth Zimmerer Strasse" sägt er herum;
    obwohl der seinerzeit ein einfacher Studiosi war und kein Kriegsschiff !

    Sorry Herr ' Scharnhorst Eberlein ' sie können für Ihren Vornamen nichts !!
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  • rebnik
    Im Herbst vergangenen Jahres hatte ich einmal das zweifelhafte Vergnügen, neben einem Taxifahrer älteren Semesters mit, ja, wie man nun will, kuriosen oder eher indiskutablen Überzeugungen zu landen. Ich wollte vom Bahnhof zur S.Oliver Arena, ehedem Carl-Diem-Halle. Wir näherten uns und besagter Taxifahrer ließ einen grollenden Sermon vom Stapel, was das für ein Quatsch wäre, diese Halle nur wegen dem Diem umzubenennen, was des widder kost; dass sich da wieder welche wichtig machen wollen und das aa net alles underm Adolf so schlecht war. Da hat nämlich noch Ordnung g´herrscht, beim Adolf.

    Unglaublich sowas, offenbar sehe ich so aus, als könnte man mich mit solch geistigem Unflat erfreuen!? traurig

    Ich bin sicher, das Hoffähigsein solch verkommener Geistesirritationen wird begünstigt dadurch, dass man solche Schludereien zulässt und unsere öffentlichen Plätze nicht von der Benennung mit "Helden" der dunkelsten Epoche unserer Nation befreien will.
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  • Zitat von rebnik
    Unglaublich sowas, offenbar sehe ich so aus, als könnte man mich mit solch geistigem Unflat erfreuen!?


    Sehen Sie so aus?

    Eine Demokratie hat jede Meinung auszuhalten.
    Irgendwann leben wir alle hoffentlich in einer Demokratie. zwinkern
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