Dieser Theaterabend im Würzburger Theater Chambinzky erzwingt geradezu einen etwas anderen Textanfang. Denn es ist der Abend des Miro Nieselt. Es ist kaum vorstellbar, dass "Der Traum von der Freiheit" ohne diesen Schauspieler funktionieren könnte. Gekleidet ins Outfit eines 50er-Jahre-Existenzialisten, schwarzer Rollkragenpulli, schwarze Jeans, ist Nieselts Figur Andrew das Zentrum des Stücks, der Schauspieler selbst aber der absolute Dreh- und Angelpunkt der Inszenierung. Es ist faszinierend zu sehen, mit welcher Energie, mit welcher Hingabe, mit welcher Leidenschaft und mit welcher Intensität Miro Nieselt das Bühnengeschehen dominiert.
Mit selbstverständlicher Souveränität meistert er die komplexen Textkaskaden - klar, ist man versucht zu sagen. Aber das allein ist es nicht. Wie entfesselt spielt Nieselt mit dem ganzen Körper, Bewegungen, Gesten und Mimik bilden immer eine kongruente Einheit. Sein grimmiges Schweigen ist lauter als jeder Schrei, seine Blicke sind messerscharf, fast wirkt es, als könnten sie töten. Bravourös meistert er den Spagat zwischen aggressiven, lauten und gewalttätigen Momenten einerseits, den nachdenklichen, introvertierten und eloquent-intellektuellen Passagen andererseits.
Und er stürzt auch nicht ab: Weder vom realen Fenstersims, hoch oben im 4. Stock eines Bürohauses, wo der verbale und nonverbale Schlagabtausch mit seinem Kontrahenten, dem gestressten Manager Thomas, stattfindet; noch vom schmalen Grat zwischen Psychopathologie und Realitätssinn, auf dem sich der von ihm verkörperte Ethikaktivist Andrew bewegt.
Arg konstruiert
Mit seinem furiosen Spiel rettet Nieselt ein Stück, das zu viel will. "Der Traum von der Freiheit" ist nach den Worten seines Autors Carsten Steuwer, der bereits mehrfach für das Chambinzky gearbeitet und hier auch die Inszenierung übernommen hat, eine "spannende Mischung aus Psychodrama und satirischer Komödie". Doch beide Elemente wollen nicht so recht zueinander passen. Der Konflikt zwischen Andrew und Thomas (Richard Baudach) um den "ungeheuren Mangel an Philosophie, an Ethik in der Wirtschaft, in der Ökonomie, in der Geschäftsführung vieler Unternehmen", hätte der Überformung durch Traumwelten gar nicht bedurft.
Und auch wenn die eingestreuten, Traum-artigen Kurzsequenzen von Thomas mit Kollegin Sabine oder Psychologin Sabrina (beide Lara Herberich) durchaus komisch sind, wirkt die Verbindung zur dramatischen Handlung arg konstruiert. Hier wäre weniger mehr gewesen.
Bis zum 4. Mai im KuZu-Keller. Karten unter Tel.: (0931) 51212 oder www.chambinzky.com