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Würzburg
Ein Mozarttunnel für Grombühl
Vor zwei Jahren hatte die Würzburger Künstlerin Julia Breunig eine Vision. Diese wird nun wahr: die Fußgängerunterführung am Europastern wird bunt und klangvoll.
Das ist der Plan: 79 Takte der "Kleinen Nachtmusik" geleiten den Passanten heiter durch den Untergrund.
Foto: Joachim Fildhaut | Das ist der Plan: 79 Takte der "Kleinen Nachtmusik" geleiten den Passanten heiter durch den Untergrund.
Joachim Fildhaut
 |  aktualisiert: 05.11.2020 02:18 Uhr

Eine eher finstere Ecke unter dem Stadtteil Grombühl ist die Fußgängerunterführung am Europastern, die das Klinikviertel mit der Schweinfurter und der Grombühlstraße verbindet. Das war nicht immer so. Mitte der 1980er Jahre begleiteten den Passanten weiße Kacheln auf dem Weg zu Wertkauf und Co.

So und noch besser soll es wieder werden. Denn eben diese unterirdische Weggabelung suchte sich die Würzburger Künstlerin Julia Breunig für ihren Mozarttunnel aus. Im nächsten Jahr, wenn das Mozartfest sein 100-jähriges Jubiläum begeht, möchte Breunig die Fröhlichkeit der "Kleinen Nachtmusik" im Neonlicht der Unterführung sichtbar machen. Sie hat ein Verfahren entwickelt, bei dem sie jeder Note eine Farbfläche zuordnet. Das ergibt freilich nicht bei jedem Musikwerk ein schönes Bild: "Manche Stücke sehen als Farbschema einfach nur bunt aus, ohne dass einzelne Sequenzen hervortreten", sagt Julia Breunig. "Letztlich zeigt sich erst während der Umsetzung, ob wirklich ein interessantes Bild entsteht." Wolfgang Amadeus Mozarts berühmte Serenade begeistert sie jedoch sehr, jedenfalls in der übersichtlichen Fassung für Streichquartett. 79 Takte aus zwei Sätzen sollen ab Anfang 2021 die drei sanierten Wände der Y-Unterführung begleiten.

Finanzierung des Projektes steht

Mit dem Kultur- und dem Bauamt sind die bisherigen Fragen bereits geklärt. Ein ordentlicher Happen der Finanzierung steht ebenfalls. Julia Breunig ist "guten Mutes, dass das noch rechtzeitig klappt". Zunächst soll die Aktion "Jugend und Arbeit" die Wände abschleifen und weiß lackieren. Dann klebt die Künstlerin ihre vorbereiteten Mosaikfolien in die Gänge. Damit verwirklicht sie eine "Vision", wie sie vor gut zwei Jahren noch sinnierte: "Farbmusik als ein einziges langes Band in Form von bunten Wandfliesen entlang eines Gangs zur U-Bahn. Das würde so eine öde Location doch deutlich aufmuntern." Nun fand sie diese Location.

Der Werdegang der Künstlerin ist ungewöhnlich, passt aber gut zu ihrem derzeitigen Vorhaben. Von der Bauzeichnung kam sie zu einem Studium der Kartografie, zu dessen Grundlagen die fortgeschrittene Computergrafik gehört. Mit der lässt sich auch frei arbeiten. Breunig blickt zurück: "Schon im Studium war Darstellende Geometrie mein Lieblingsfach, ich habe am liebsten Karten mit viel Spielraum gestaltet." Und, noch einen Schritt freier: Info-Grafiken. Das Geometrische solcher Darstellungen ist ein naher Verwandter der Konkreten Kunst, wie sie im Würzburger Kulturspeicher hängt und wie Julia Breunig sie in ihrer kleinen Atelierwohnung in der Pleich malt. Das Riesenformat der Unterführung ist da eine schöne Abwechslung.

QR-Code führt Smartphone-Nutzer direkt zu einer "Nachtmusik"-Interpretation

Beim jüngsten Tag des offenen Ateliers stellte sie ihre Umsetzung den Besuchern vor und heimste viel Anerkennung ein. Auch darüber, dass gerade an dieser Stelle der Stadt etwas Schönes geschehen soll. Mit Würzburg beschäftigte sich Julia Breunig auch beruflich schon intensiv. Von ihr stammen die meisten Karten im "Atlas Würzburg".

Wer im Mozartfest-Jubiläumsjahr durch die Passage schlendert, muss sich die Musik nicht ausschließlich anschauen und denken. Man kann sie auch hören. Ein QR-Code führt Smartphone-Nutzer direkt zu einer "Nachtmusik"-Interpretation für Streichquartett im Internet. Die Ausführenden, das Mozart Quartett Salzburg, gaben bereits ihre Zustimmung fürs Verlinken in den Würzburger Fußgängertunnel. Was nicht nur großzügig ist, sondern auch technisch gut passt: Die Salzburger musizieren im Netz ohne Video, das von ihrer Musik ablenken würde. Und sie haben die einzelnen Serenadensätze als getrennte Dateien eingestellt, so dass die Passanten auch den zweiten Satz – er beginnt am Aufgang C – direkt anwählen können. Außer den österreichischen Musikern engagiert sich übrigens auch das Kammerorchester Grombühl für den Mozarttunnel.

 
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