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WÜRZBURG
Ein Kirchenbau im Pakt mit dem Teufel?
Bearbeitet von Torsten Schleicher
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:22 Uhr

Dominant und stadtbildprägend: Die Doppeltürme und die 60 Meter hohe Kuppel der Kirche St. Johannes in Stift Haug, kurz Stift Haug, beeindrucken damals wie heute. Kein Wunder, dass sich rund um den Bau der Barockkirche eine teuflische Sage entspann.

Doch der Reihe nach: „Die heutige Kirche ist schon der dritte Bau“, erklärt Gästeführerin Claudia Jüngling. Die Geschichte des Gebäudes beginnt um das Jahr 997, als Bischof Heinrich I. eine Kapelle auf einer Anhöhe (houg, heute Haug, ist althochdeutsch für Hügel) bauen lässt. „Der Kirche wurde ein Kollegiatsstift hinzugefügt, der Standort war am heutigen Hauptbahnhof“, sagt Claudia Jüngling. Doch das ungeschützt vor den Toren der Stadt liegende Stift wird mehrfach geplündert, zuletzt während des Bauernkriegs.

Bürger wollten Marienkapelle als Ersatz nicht

Nahe der Stiftskirche entsteht eine Pfarrkirche Haug, während das romanische Gebäude im Dreißigjährigen Krieg teils abgerissen, später erneut aufgebaut und 1637 geweiht wird. Doch auch diese Gebäude sind kein Fall für die Ewigkeit: „Als die barocke Stadtbefestigung Mitte des 17. Jahrhunderts geplant wurde, standen die Kirchen im Weg“, so die Würzburgerin. Beide werden 1657 abgebrochen, der Hügel abgetragen. Fürstbischof Johann Philipp von Schönborn will keinen Neubau. Er verweist darauf, dass kein kompetenter Baumeister in Würzburg sei, und schlägt vor, die Marienkapelle am Markt als Stiftskirche zu benutzen. Die Bürger lehnen dies ab.

So kommt Antonio Petrini ins Spiel. Der italienische Baumeister, der in vielen deutschen Städten seine Spuren hinterließ, soll die Stiftskirche innerhalb von sechs Jahren wieder aufbauen. Es dauert allerdings etwas länger: 1670 legt der Fürstbischof den Grundstein, doch der Bau wird erst 1691 vollendet. Finanzielle Sorgen, eine komplizierte Kuppel und schwere Unwetter verzögern die Arbeiten. So entsteht die Legende, Petrini habe den Bau nur mithilfe des Teufels vollenden können. Der Geschichte nach verspricht der Baumeister eine Kirche, die dem Petersdom in Rom nachempfunden ist. Falls ihm das nicht gelinge, wolle er auf seinen Lohn verzichten.

Der Baumeister soll ohne Lohn geflüchtet sein

Die Kuppel wird zwar mithilfe des Teufels fertig. Als aber das Gerüst abgenommen wird, senkt sich der Bau. Petrini rennt ohne seinen Lohn panisch vor die Tür und springt auf ein dort wartendes, gesatteltes schwarzes Pferd. Dieses galoppiert zum Galgenberg, wo das letzte Stündlein Petrinis geschlagen haben soll: Als das Pferd oben war, „warf es den Baumeister ab und verwandelte sich in die Gestalt des Teufels, welcher alsbald dem Baumeister das Genick brach, ehe er Amen sagen konnte“, heißt es in der Sage.

Denn der Teufel hatte mit Petrini vereinbart, dass dieser ihm verfällt, wenn der Bau gelingt und er dennoch auf den Lohn verzichtet. In einer anderen Version der Geschichte will man die Standfestigkeit der Kirche testen und positioniert ein großes Geschütz unter dem Schlussstein. Petrini zieht sich auf den Galgenberg zurück. Ein Gehilfe soll ihm mit einem weißen Tuch winken, falls die Kuppel zusammenstürzt. Doch die Kanone kann keinen Schaden anrichten. Der Geselle rennt den Galgenberg hoch, vor Freude das weiße Tuch schwenkend. „Atemlos kam er auf der Höhe an – der Meister war verschwunden und keine Seele hat weiter von ihm gehört. Die Kirche aber ist bis zum heutigen Tage nicht bezahlt“, besagt diese alte Geschichte.

Die Die Doppeltürme und die hohe Kuppel von Stift Haug auf einem historischen Bild.
Foto: Private Sammlung Dürrnagel | Die Die Doppeltürme und die hohe Kuppel von Stift Haug auf einem historischen Bild.

Was auch immer man glauben mag, eines steht fest: „Antonio Petrini hatte große gestalterische Anteile an der Neubaukirche, dem Juliusspital und vielen anderen Gebäuden und starb am 8. April 1701 in hohem Alter“, sagt Claudia Jüngling. Für die Würzburger schuf er mit Stift Haug den ersten monumentalen Barockbau in Franken.

Text: Kirsten Schlüter

Was Würzburg prägte

Das neue Buch „Was Würzburg prägte“ enthält 52 Texte über Jahrestage aus der Würzburger Geschichte, also für jede Woche des Jahres einen Text. Das Buch der beiden Autorinnen Eva-Maria Bast und Kirsten Schlüter entstand in Zusammenarbeit mit der Main-Post. Wir werden in einer ganzjährigen Serie Texte aus dem Buch abdrucken.

Erschienen ist das Buch im Verlag Bast Medien GmbH, in dem auch die erfolgreichen „Würzburger Geheimnisse“ veröffentlicht wurden, die ebenfalls in Kooperation mit der Main-Post entstanden sind.

Erhältlich ist „Was Würzburg prägte – 52 große und kleine Begegnungen mit der Stadtgeschichte“ von Eva-Maria Bast und Kirsten Schlüter Überlingen 2017, ISBN: 978-3-946581-24-6 in den Main-Post-Geschäftsstellen (14.90 Euro).

„Als die barocke Stadtbefestigung Mitte des 17. Jahrhunderts geplant wurde, standen die Kirchen im Weg.“
Claudia Jüngling, Gästeführerin
 
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