
"Der Spieler" zählt nicht zu den Meisterwerken von Fjodor Michailowitsch Dostojweski. Gleichwohl besticht der binnen drei Wochen unter enormem Zeitdruck geschriebene und im Dezember 1866 erschienene, autobiographisch grundierte Kurzroman durch die dialogische Anlage und seine starken Charaktere. Das führte zu zahlreichen und immer wieder neuen Bearbeitungen des Stoffes für Film und Theater. In der Würzburger Theaterwerkstatt ist jetzt eine Bühnenfassung nach der frischen und flotten Übersetzung von Alexander Nitzberg zu sehen.
Bearbeiter und Regisseur Michael Wagner legt die im fiktiven Kurort Roulettenburg angesiedete Handlung als ebenso flotte und mit viel Pop-Musik unterlegte Nummern-Revue an, die vor allem die grotesken und irrwitzigen Züge betont. Bewusst verzichtet die Inszenierung auf einen realistischen Erzählansatz. Unterstrichen wird die zeitlose Allgemeingültigkeit durch klassisch-exzentrische Kostüme und das stark metaphorische Bühnenbild von Lisa Schopf und Markus Rakowsky.
Spielcasino-Welt des 19. Jahrhunderts
Wagner und sein konzentriert und ausdrucksstark spielendes Team holen die Spielcasino-Welt des spätbürgerlichen 19. Jahrhunderts in die spätkapitalistische Gegenwart des 21. Jahrhunderts. Damals wie heute dreht sich alles ums Geld und seine Beschaffung.
Alexej Iwanowitsch (Alexander Zamzow) ist jener "Spieler", der am Roulette-Tisch sein karges Hauslehrer-Salär aufbessern will, um sein Werben um Polina (Sophia Memmel) monetär zu unterfüttern. Polina ist die Stieftochter seines Arbeitgebers, eines verschuldeten Generals (Andreas Protte), und ihrerseits finanziell abhängig vom zwielichtigen Gläubiger ihres Vaters. Einzig eine in Kürze zu erwartende Erbschaft könnte die Misere beheben. Doch als die reiche Erbtante (Ursula Bertelmann) überraschend selbst am Spiel-Tisch auftaucht, um ihr Vermögen großzügig zu verzocken, platzt auch dieser Traum.
Es ist also ausschließlich das Geld, über das sich die Beziehungen definieren: wie ein Kreislauf illustrieren und bestimmen die verschiedenen Formen von Gelderwerb (durch Arbeit, Unterschlagung, Glücksspiel, Erbschaft oder käufliche Liebe) und Geldverlust das Gefühlsleben und Handeln der Personen. Ein Kreislauf, aus dem es für den Spieler Alexej kein Entkommen und keinen Ausweg gibt.
Erregung der Leidenschaften
Die Sucht nach dem Kick im Spiel, nach der Erregung der Leidenschaften durch den steten Wechsel von Gewinn und Verlust ist größer als das Glück der Erfüllung seiner Liebe zu Polina. So treibt es ihn am Ende, als er wieder einmal alles verspielt hat und auf dem Heimweg noch einen letzten Groschen in seiner Hosentasche findet, erneut ins Kasino. Verlassen, vereinsamt, seelisch zerstört: kein erfreulicher Blick auf einen Geld-gesteuerten Menschen.
Auf dem Spielplan bis 16. Juli, jeweils Mittwoch und Freitag bis Sonntag. Karten unter Tel.: (09319 59400 oder www.theater-werkstatt.com