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Würzburg
Ein Gefühl von Leichtigkeit
Auch für blinde Menschen war der 15-minütige Flug über Würzburg organisiert von der VdK ein unvergessliches Erlebnis. Foto: VdK
| Auch für blinde Menschen war der 15-minütige Flug über Würzburg organisiert von der VdK ein unvergessliches Erlebnis. Foto: VdK
Bearbeitet von Susanne Vankeirsbilck
 |  aktualisiert: 21.09.2018 02:14 Uhr

Frei, leicht, fast schwerelos, habe sie sich gefühlt, schwärmt Marie. „Und dabei ganz und gar sicher“, sagt die 22-Jährige, die an einer psychischen Krankheit leidet. Es war das erste Mal, dass Marie ein Flugzeug bestieg. Ermöglicht wurde ihr dieses Erlebnis vom Würzburger Kreisverband des VdK. Der organisierte zum 24. Mal einen Flugtag, zu dem alle Menschen mit Behinderung aus der Region eingeladen waren.

Marie erlebt nicht sehr oft das Gefühl von Freiheit. Ihre schwere Erkrankung hält die junge Frau fest im Griff. In einer Übergangseinrichtung der AWO versucht sie, sich zu stabilisieren, geht aus einer Pressemitteilung hervor. Der Tag auf dem Landeplatz des Flugsportclubs Würzburg am Schenkenturm sei für sie ein ausgesprochenes Highlight gewesen. Und nicht nur für sie. Mit ihr saß Dominik aus der AWO-Einrichtung in der Maschine. Auch er schwärmt von dem Erkundungsflug über Würzburg: „Das hat total im Bauch gekribbelt“, erzählte der 23-Jährige, als er nach der Landung aus der Maschine kletterte.

15 Minuten in der Luft über Würzburg

„Wir haben mit dieser Veranstaltung begonnen, als es noch nicht üblich war, im Urlaub nach Mallorca zu fliegen“, berichtet Hans-Peter Martin, ehemaliger Kreisgeschäftsführer des VdK. Mitte der 1980er Jahre wurde der erste Flugtag organisiert. Inzwischen findet er alle zwei Jahre im regelmäßigen Rhythmus statt. Menschen mit jeder Art von Handicap sind eingeladen, sich mit erfahrenen Piloten in die Lüfte zu schwingen – chronisch psychisch Kranke, Rollstuhlfahrer, Menschen mit geistiger Behinderung. Nicht zuletzt für blinde und stark sehbehinderte Menschen ist der 15-minütige Rundflug über Würzburg ein einmaliges Erlebnis.

So nahm Alexandra P. mit großer Begeisterung an der Veranstaltung des VdK teil. Die 45-Jährige, die in einer Außenwohngruppe des Blindeninstituts lebt, sieht nahezu nichts mehr. „Ich habe zwar noch einen Sehrest, aber den kann man nicht messen“, erzählte sie. Dafür hört Alexandra P. wie ein Luchs. „Das ist doch ein Band, das da flattert!“, rief sie ihrer Cousine zu, von der sie zum Flugtag begleitet wurde. Ganz richtig. Ein rotes Band trennte den Bereich derjenigen, die auf den nächsten Flug warteten, von jenem Feld, von dem aus die drei Motormaschinen und der Motorsegler starteten.

Unvergessliche Erlebnisse begleitet von Helfern

Schon einmal war Alexandra P. hier oben auf dem Flugplatz gewesen. Damals hatte sie einen Bekannten begleitet. Zu jener Zeit fehlte ihr noch die Courage, selbst in die Lüfte zu steigen und die Welt einmal von oben zu erleben. Heute jedoch traute sie es sich zu. Freiwillige Helfer des Flugsportclubs und des Roten Kreuzes ließen die blinde Frau zuerst einmal den Flieger befühlen. So also fasst sich ein Flügel an. Und hier geht’s ins Cockpit. Dort wartete schon Pilot Markus Sitzmann, der versprach, Alexandra, ihre Cousine und den dreijährigen Neffen Felix ein unvergessliches Erlebnis zu bescheren.

„Das gehört zu den schönsten Veranstaltungen, die wir haben“, erklärte Kreisgeschäftsführerin Christiane Straub am Ende eines ausgefüllten Tages, an dem viele Menschen etwas ganz Neues erlebt hatten. Den Flugtag zu organisieren, sei jedes Mal wieder eine aufregende und aufwändige Sache. Doch es lohne sich vor allem in puncto Inklusion. Denn auch, wenn es heute viel selbstverständlicher sei, als noch vor 30 Jahren, in den Ferien weit entfernte Ziele, etwa in der Karibik, mit dem Flieger anzusteuern, blieben Menschen mit Handicap hiervon doch oft ausgeschlossen. Nicht nur wegen der Behinderung an sich,sondern auch aus finanziellen Gründen.

Symbolischer Beitrag als Bezahlung

Um am Flugtag teilzunehmen, zahlten die Teilnehmer lediglich einen symbolischen Betrag. Finanziell gestemmt wurde das Angebot hauptsächlich von den beteiligten Organisationen: Dem Kreisverband des VdK, dem Flugsportclub und dem Würzburger Team des Bayerischen Roten Kreuzes. Rund 150 Helfer sorgten dafür, dass über 50 Menschen mit Handicap sicher in die Flieger kamen und sicher den Ausstieg schafften. Wobei der anspruchsvollste, aber auch schönste Part den Piloten zukam. Die nahmen nicht nur manche Angst, sondern erklärten auch genau, wie so eine Motormaschine funktioniert.

 
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