Ob alle Menschen Brüder werden, wenigstens irgendwann, bleibt in Robert Menasses zweitem Europaroman "Die Erweiterung" dahingestellt. Für den ersten Roman dieser Gattung "Die Hauptstadt" erhielt der im positiven Sinne streitbare Autor 2017 den Deutschen Buchpreis, heißt es in einer Pressemitteilung der Bücherei im Bahnhof, der folgende Informationen entnommen sind.
Der Autor war zu einer Lesung gekommen und stellte sein Buch "Die Erweiterung" vor. Erschienen 2022, gehe das Werk nun gewissermaßen aufs Ganze. Wie kann ein vereintes Europa perspektivisch aussehen, welche Bedingungen sollen für die Mitgliedstaaten gelten, wer soll aufgenommen werden, wer vielleicht besser draußen bleiben? Laut Pressemitteilung drängende Fragen angesichts der von Klimawandel bis allgemeinem Rechtsruck krisenbehafteten Lage, denn Europa "macht" sich nicht von allein, seine Ausgestaltung liegt bei den Bürgern.
Buch vereint verschiedene Genres
Als Romancier hat Robert Menasse natürlich eine eigene, teils fantasievolle, aber gerade dadurch sehr prägnante Sicht auf die Dinge. Er legt den poetischen Finger in die Wunde nicht nur bürokratischer Auswüchse, sondern auch menschlicher Kleinheiten. Er hat viel zu sagen, ist angesichts der Komplexität des Themas erstaunlich flüssig geschrieben, und er vereinigt Elemente verschiedenster Genres: Krimi, Thriller, Liebesroman, Dystopie. Und vielleicht ein bisschen Fantasy.
Nach Veitshöchheim passte der Roman zudem besonders gut, denn die "Bücherei im Bahnhof" als Ort der Lesung liegt nur etwa vier Kilometer vom momentanen EU-Mittelpunkt entfernt, der sich seit dem Brexit am 1. Februar 2020 auf einem Acker im Ortsteil Gadheim befindet. Vor ausverkauftem Haus präsentierte sich Robert Menasse gewohnt souverän, publikumszugewandt und diskussionsfreudig.